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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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und von dort ohne unvorhergesehene Zwischenfälle die Treppe der Dienerschaft zu erreichen. Als sie dort am Fußende angekommen waren, klopfte Seregil Alec anerkennend auf die Schulter, dann wies er ihm den Weg zur Küche.
    Alec hatte sie fast erreicht, als eine hochgewachsene Gestalt, die dort im Schatten verborgen stand, ihn am Kragen packte. Seregil griff zum Dolch. Alec fuhr instinktiv zurück, und der Mann lachte. Als Seregil Alec zu Hilfe kommen wollte, hörte er den Mann sprechen und erkannte, daß er einer der Seeleute sein mußte, die Alec am Morgen getroffen hatte.
    »He, du singst recht anständig«, meinte der Mann. Er schien freundlich, aber noch immer hielt er Alec gepackt. »Magst du nicht ein wenig für mich singen?«
    »Ich muß jetzt wieder hineingehen.« Alec trat zurück, soweit er konnte, und zog die Harfensaiten aus seinem Hemd und zeigte sie dem Mann. »Mein Meister wartet darauf. Ich bekomme Ärger, wenn ich sie ihm nicht bald bringe.«
    »Ärger?« Der Mann betrachtete die Saiten. »Sollst keinen Ärger haben, Junge von Cavish. Geh und sing für den fetten Bürgermeister und meinen Herrn!« Er ließ Alec los und schickte ihn mit einem lauten Klaps auf den Hintern weg.
    Seregil stieß einen lautlosen Seufzer der Erleichterung aus, dann drückte er sich in den Schatten, um aus Richtung der Toiletten wiederaufzutauchen.
     
    Erst spät nach Mitternacht kehrten sie in die Drei Fische zurück. Trotzdem bestand Seregil darauf, daß alles für einen frühen Aufbruch am Morgen hergerichtet wurde.
    »Du hast deine Sache heute abend gut gemacht«, sagte er, als er den Riemen an seinem Bündel festzog. »Es war clever von dir, das Fenster nicht zu vergessen.«
    Alec freute sich über das Lob und betrachtete seine neue Ausrüstung. Meister Radly hatte einen Bogenschutz aus Öltuch und einen verschließbaren Köcher dazugegeben, und Alec hatte sich noch einige Pfeile, Leinenschnur und Wachs für die Bogensehne und einige Päckchen roter und weißer Federn ausgesucht.
    Seregil wollte soeben noch etwas sagen, als plötzlich jemand die Treppe hochgepoltert kam. Micum Cavish platzte ins Zimmer. Schwer atmend keuchte er. »Ich weiß nicht, wie du es diesmal geschafft hast, Seregil, aber ein Haufen plenimaranischer Seeleute sind jetzt auf dem Weg hierher!«
    Irgendwo unten hörte man eine Tür knallen, dann ertönte das Dröhnen schwerer Stiefel.
    »Pack deine Sachen, Alec!« wies Seregil an und stieß die Fensterläden auf.
    Einen Augenblick später platzten Tildus und ein Dutzend plenimaranischer Seeleute ins Zimmer, das dunkel und leer war.

 
6
Alec verdient sich seinen Bogen
     
     
    Sie stürzten zehn Meter tief aus dem Fenster in den See, dessen Wasser so kalt war, daß es ihnen den Atem verschlug.
    Keuchend und mit den Armen schlagend, versuchte Alec seine Ausrüstung nicht zu verlieren und mit dem Kopf oben zu bleiben.
    Eine starke Hand packte sein Handgelenk. Micum zog ihn zu einem Vorsprung in den schleimigen Pfählen, auf denen die Schänke erbaut war, und sie hielten sich daran fest.
    »Still!« flüsterte Seregil.
    Sie schwammen so lange, bis sie in flaches Wasser kamen, und krochen auf eine schmale Schlammbank. Dort warteten sie geduckt, während über ihnen aus dem Fenster die Geräusche einer stürmischen Suche drangen.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß man euch beide in diesem Gasthaus wieder mit offenen Armen empfangen wird«, flüsterte Micum durch seine klappernden Zähne.
    Es war eine schrecklich kalte Wache und gefährlich obendrein. Einige der Seeleute kamen auch ans Wasser unter dem Gebäude, und die drei Frierenden mußten wieder ins Nasse zurück, bis die Suchenden fort waren. Über eine Stunde war vergangen, ehe Micum es für sicher genug hielt, die Schlammbank zu verlassen.
    Sie waren ein trauriger Haufen, als sie aus dem Schatten des Gasthauses stolperten. Die lehmverschmierte Kleidung und das Haar boten einen skurrilen Anblick, als sie, so rasch ihre tauben Füße sie trugen, in Richtung Marktplatz stolperten.
    Micum führte sie zum Tempel des Astellus, der auf dem Platz neben der Zunfthalle der Fischer stand. Es war ein einfaches, fensterloses Bauwerk, nur in die gewaltigen Doppeltore waren kunstvoll Boote und Unterwasserwesen geschnitzt. Der Sturz darüber zeigte die Welle – das stilisierte Symbol Astellus’, des Reisenden. Dem Brauch gemäß waren die Tore des Tempels stets unverschlossen, und sie gelangten unbehelligt ins Innere.
    Alec war schon oft an diesem Tempel

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