Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
Gerüchte?«
»Sie drehen sich hauptsächlich um die Torläufer. Einige tauchen plötzlich völlig unvermutet auf, dann tauchen sie tot oder gar nicht mehr auf.«
Alec tauschte einen kurzen Blick mit Seregil und dachte daran, was ihnen die Frau in der Kloake erzählt hatte.
»Madrin, Dinstil, die Dünne Lily, der Wandernde Ki – alle auf die eine oder andere Weise im letzten Monat gestorben«, fuhr Tym fort. »Tarl sucht jetzt schon eine Woche nach Farin, dem Fisch.«
»Ich dachte, Farin wäre ein Einbrecher?« Seregil kehrte an den Tisch zurück. Alec blieb unmittelbar hinter ihm stehen.
»Ist er auch, trotzdem scheint es merkwürdig, daß er verschwunden ist. Er und Tarl sind seit Jahren zusammen.«
»Sonst noch jemand?«
»Virella vielleicht, sie ist ebenfalls eine Torläuferin, aber bei ihr weiß man nie so genau. Und diese junge Einbrecherin, Shady – man hat sie im Hafen draußen vor den Molen auf dem Wasser treibend gefunden. So manch einer rätselt sogar über die Katze von Rhíminee, aber bei der weiß man auch nie.«
Seregil ließ die Münzen in der Faust klimpern. »Und wer soll für all diese Morde verantwortlich sein?«
Zum ersten Mal wirkte Tym bedrückt. »Keine Ahnung. Niemand weiß es, und das ist sehr eigenartig. Die Halsabschneider behaupten, von ihnen wäre es niemand. Die Leute werden allmählich unruhig. Man weiß kaum noch, ob man einen Auftrag annehmen soll oder nicht.«
»Ich hätte einen Auftrag, sofern du interessiert bist«, erwiderte Seregil und schob die Silbermünzen verlockend dicht vor Tym hin.
Gierig starrte der Dieb auf den Stapel. »Das wäre doch keine Laufarbeit, oder?«
»Nein, nur ein Schnüffelauftrag. Hier in der Nähe ist ein Haus, das ich beobachten lassen möchte. Sobald jemand hineingeht, den du kennst – Einbrecher, Torläufer, Schnüffler, ganz egal –, will ich darüber Bescheid wissen. Oder über sonstige Gestalten, die deiner Meinung nach nicht in die Gegend passen. Ist das klar?«
»Einbrecher und Torläufer?« Abermals verengte Tym die Augen zu Schlitzen. »Hat das etwas mit den Morden zu tun?«
»Vielleicht hat er Angst«, meinte Alec gelassen und ergriff zum ersten Mal das Wort.
Tym sprang torkelnd auf die Beine und griff zum Messer. »Vielleicht sollte ich mich um deine hübsche Fresse kümmern?«
»Hinsetzen!« herrschte Seregil ihn an.
Alec versteifte sich, rührte sich jedoch nicht von der Stelle.
Mißmutig gehorchte Tym.
»Also«, fuhr Seregil mit ruhiger Stimme fort, »willst du den Auftrag oder nicht?«
»Ja, ich will ihn«, knurrte Tym. »Aber das kostet.«
»Nenn deinen Preis.«
»Zwei Mark die Woche.«
»Abgemacht.« Seregil spuckte sich in die Hand und schüttelte die des Diebes. Als Tym die seine zurückziehen wollte, umklammerte Seregil sie fest.
»Du bist mir noch nie in den Rücken gefallen. Das wäre eine denkbar schlechte Gelegenheit, damit anzufangen.« Seregil lächelte zwar, doch dadurch wirkte der drohende Tonfall nur um so einschüchternder. Sogar Tyms anmaßendes Grinsen ließ er aus dem Gesicht des Diebes verschwinden. »Sollte dir jemand über den Weg laufen und dir mehr bieten, damit du in seine Dienste trittst, lächelst du, nimmst das Geld an und kommst schnurstracks zu mir.«
»Sicher, mach ich«, stammelte Tym und zuckte zusammen. »Ich bin dir noch nie in den Rücken gefallen und werd’s auch nie tun.«
»Natürlich nicht.« Endlich ließ Seregil los, aber die Abdrücke seiner langen Finger verharrten noch eine Weile in Form von weißen, blutlosen Streifen auf dem Handrücken des Diebes. »Es geht um das Mietshaus mit dem rot-weiß gestreiften Fenstersturz in der Segelmacherstraße. Kennst du es?«
Tym nickte kurz und beugte und streckte die Hand. »Ja, ich kenne es.«
»Du kannst sofort anfangen. Halt mich auf die übliche Weise auf dem laufenden.«
Ungläubig schüttelte Alec den Kopf, als Tym die Treppe hinab verschwand. »Vertraust du diesem Kerl wirklich?«
»In gewisser Weise. Man muß ihm nur gelegentlich in Erinnerung rufen, wie er sich zu benehmen hat.« Unbeschwert trommelte Seregil mit den Fingern auf den Tisch. »Auf seine Art vertraut mir Tym. Er vertraut darauf, daß ich ihn bezahle. Er vertraut darauf, daß ich kein doppeltes Spiel mit ihm treibe, und er weiß haargenau, daß ich ihn bis ans Ende der Welt jage und ihm die Kehle aufschlitze, wenn er mich übers Ohr haut. Trotzdem solltest du dich bei ihm vorsehen. Das eben war alles andere als eine leere Drohung.«
»Ich wollte ihn
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