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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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führen.«
    »Wo ist er jetzt?« wollte Alec wissen.
    »Myn? Mal sehen. Ranil, wo steckt Myn denn heute?«
    »Ist mit dem Vogt nach Greywall rüber«, erwiderte Ranil. »Das liegt ungefähr fünf Meilen östlich von hier.«
    Ein weiterer zeitaufwendiger Umweg. »Ranil, ist dieser Hügelpfad weit von hier entfernt?« fragte Alec.
    »Nein, Ihr kennt ihn sogar, Herr. Reitet zurück hinunter zum Bach am Fuße des Hügels, und schon seht Ihr ihn rechterhand auf dem diesseitigen Ufer verlaufen.«
    »Du meinst den Pfad, der zu dem Tümpel hinaufführt, in dem die Otter leben?« rief Alec erleichtert aus. Dorthin war er schon einmal mit Beka ausgeritten.
    »Aye, das ist er«, bestätigte Arna. »Aber dahinter ist es ein recht rauher Pfad, zumindest habe ich das gehört.«
    »Daran bin ich gewöhnt«, beruhigte Alec sie und stieg ab. »Trotzdem borge ich mir ein Pferd und lasse mein Bündel hier. Vor Einbruch der Dunkelheit komme ich zurück, um Patch abzuholen.«
     
    Er ist unter Wasser. Als er emporschaut, sieht er die Oberfläche unmittelbar über sich schimmern, einen wabernden, silbrigen Spiegel, der kein Bild zurückwirft. Jenseits der Oberfläche bewegt sich etwas Dunkles, gleich einem Mann, der sich vor dem Himmel abzeichnet …
    Erschrockenen grunzend, streckte sich Seregil, als ihn irgend etwas grob zwischen die Schulterblätter stieß.
    »Ich hab’ euch doch gesagt, daß er lebt!« hörte er eine Frau sagen.
    Zwei Blaumäntel auf Pferden musterten ihn; ihre Helme funkelten im Licht der frühen Morgensonne. Ein dritter Soldat stand mit einem Knüppel in beiden Händen über ihm.
    »Komm schon, du da. Auf die Beine«, knurrte der Mann mit dem Knüppel; er sah aus, als wäre er durchaus geneigt, einem Bettler aus Spaß an der Freud’ einen weiteren saftigen Hieb zu verpassen.
    »Des Schöpfers Gnade und Segen mit dir«, jammerte Seregil.
    »Behalt deinen Segen, du damischer Schmutzfink.«
    Seregil zog die dreckigen Lumpen enger um sich und mühte sich steif auf die Beine. Dabei fragte er sich, wie, um alles in der Welt, er inmitten des Rotlichtviertels des östlichen Stadtteils hatte eindösen können.
    Er hatte eine nahegelegene Kneipe beobachtet, in der Hoffnung, sich einen bestimmten Spitzel zu angeln, der sich dort des öfteren betrank. Mittlerweile war der schmuddelige Laden geschlossen, sein Mann längst über alle Berge.
    Der Blaumantel packte Seregil grob am Arm und führte ihn an den Pferden vorbei zu einem Karren mit hohen Seitenwänden. »Rauf da, und zwar hurtig.«
    Als Seregil über die Ladeklappe kletterte, sah er, daß sich darin bereits ein Dutzend verdrossener Bettler und Dirnen drängte.
    Angewidert von sich selbst, hielt Seregil sich an der harten Bank fest, als der Karren rumpelnd losfuhr. Irgend etwas beschäftigte ihn im Hinterkopf, ein Traum, den er gehabt hatte, als die Blaumäntel ihn weckten. Doch er war verschwunden. Es war ohnehin an der Zeit, sich um die gegenwärtige Lage zu kümmern.
    »Ich hab’ doch nichts getan«, erhob er quengelnd Einspruch und drückte das Kinn auf die Brust. »Gar nix hab’ ich getan. Was is’ denn in die gefahren, daß sie so mit einem armen Krüppel umspringen?«
    »Hast du es denn nicht gehört?« fragte ein zerlumptes Mädchen in weinerlichem Tonfall. »Es heißt, der Krieg sei ausgebrochen. Für uns gilt das Bettlergesetz!«
    Stumm starrte Seregil sie an, während ihm die Ironie der Lage bewußt wurde. Gemäß dem uralten, vor einer Ewigkeit erlassenen Bettlergesetz wurden alle Stadtstreicher, Bettler und Verbrecher entweder zum Dienst in der Armee gezwungen oder aus der Stadt geworfen, auf daß sie sich allein durchschlugen. Im Falle einer Belagerung würden keine kostbaren Vorräte für Schmarotzer der Gesellschaft verschwendet.
    Als Seregil seine unglücklichen Leidensgenossen betrachtete – die den Tränen nahe Dirne, zwei Diebe, deren Gesichter ihm bekannt erschienen, ein einarmiger Hüne, der säuerlich nach Erbrochenem stank und ein halbverhungerter Junge –, mußte er an sich halten, um angesichts der denkbar ungünstigen Wahl seiner Verkleidung nicht in schallendes Gelächter auszubrechen.
    Wenn ich bei diesem Haufen bleibe, darf ich mich bald nur mit einer Pike bewaffnet gegen einen Angriff der plenimaranischen Reiterei verteidigen, dachte er erbittert. Also bei dem, was ich bisher geleistet habe, hätte ich mir ebensogut einen vergnüglichen Ritt mit Alec nach Watermead gönnen können.
     
    Alec sah keine Otter, als er an dem Tümpel

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