Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
die Richtung und sah, wie eine Frau mit zerfurchtem Gesicht sein Pferd fortzerrte.
»Ich habe Gold«, erwiderte Alec und verdrängte den dumpfen Schmerz, der seinen linken Arm hinabkroch, als er damit die Börse vom Gürtel löste und sie schüttelte, auf daß die Münzen darin klimperten. »Das könnt ihr gerne haben, aber ich brauche das Pferd.«
»Haste gehört, was uns der feine junge Pinkel anbietet, Liebste?« rief der Bandit schadenfroh. »Er will sein’ Gaul zurückkaufen!«
Die Frau zuckte teilnahmslos mit den Schultern und schwieg.
»Dann gib uns den Beutel, und wir besiegeln den Handel mit einem Handschlag«, sagte der Bandit und näherte sich vorsichtig.
Alec senkte das Schwert und streckte dem Mann die Börse entgegen, so als ließe er sich übertölpeln. Wie erwartet, schlug der Bandit sogleich nach ihm. Alec sprang zurück, wehrte den Schlag ab und brachte seinerseits einen schwungvollen Hieb an, der die Vorderseite des Wamses seines Gegners und einen Teil der Haut darunter aufschlitzte.
»Bei Bilairys Fett, der kleine Bastard hat mich erwischt!« knurrte der Bandit überrascht. »Willst wohl die Zähne zeigen, du Welpe, was? Die werd’ ich dir gleich ausreißen!« Damit umfaßte er den Knüppel mit beiden Händen, stürzte auf Alec los und zielte neuerlich auf den Kopf des Jungen.
Der Bandit erwies sich als kräftig. Als Alec den Schlag mit einer beidhändigen Parade abfing, spürte er einen gräßlichen Schmerz durch beide Arme zucken. Er drückte den Mann von sich weg und ließ sich rücklings auf den umgekippten Baum zudrängen. Regen strömte ihm in die Augen, während er Hieb um Hieb abwehrte und hoffte, seinen Angreifer in den Glauben zu versetzen, er sei ein Grünschnabel im Umgang mit dem Schwert.
Immer noch wich er zurück und spürte plötzlich Zweige im Nacken. Es war an der Zeit, seinen einzigen Trumpf auszuspielen.
Er senkte das Schwert und drehte sich ein wenig, so als wollte er flüchten. Wie Alec gehofft hatte, schlug sein Gegner nach ihm und traf statt dessen die nachgiebigen Äste des Schierlings. Der eigene Schwung brachte den Banditen aus dem Gleichgewicht und ins Wanken.
Alec wirbelte herum und versetzte ihm einen mächtigen Hieb auf die Schulter. Die Klinge prallte vom Knochen ab und sauste von der Schulter bis zum Ellenbogen durch das Fleisch, so daß eine langer, blutender Schnitt zurückblieb.
Alec hatte erwartet, der Schlag würde dem Mann den Wind aus den Segeln nehmen, was jedoch nicht zutraf. Der Bandit heulte vor Schmerz auf, ließ den Knüppel fallen, packte Alec, schlang den heilen Arm um den Hals des Jungen, zog ihn zu Boden und würgte ihn.
Rohes, aufgeschlitztes Fleisch berührte Alecs Gesicht, und das heiße Blut, das aus der Wunde pulsierte, spritzte ihm in Mund und Augen. Auf so engem Raum war das Schwert nutzlos. Er ließ es fallen und zerrte an dem Arm um seine Kehle, doch der Mann ließ nicht locker und drückte ihn zu Boden, während er seine Hand um die Luftröhre des Jungen schloß.
Allein der Blutverlust müßte ihn doch schwächen, dachte Alec verzweifelt, als die Welt vor seinen Augen immer dunkler wurde. Durch einen roten Schleier sah er in dem wilden, kalkweißen Antlitz über sich eine ungebrochene, blinde Entschlossenheit, die sich auf die Hand übertrug, die seine Kehle zudrückte; womöglich überlebte der Mann gerade lange genug, um ihn zuerst zu töten.
Alec ließ den Arm des Banditen los und tastete statt dessen nach dem zierlichen Dolch mit dem schwarzen Griff, der in seinem rechten Stiefel steckte. Seine Finger fanden den runden Knauf, schlossen sich darum und zogen ihn heraus. Dann schloß er die Hand um das Messer und rammte es mit letzter Kraft in den Hals seines Gegners. Noch mehr Blut sprudelte hervor und ergoß sich dampfend über sein Gesicht, während die Welt rings um ihn verschwamm.
Der Klang in der Ferne verschwindender Hufe holte ihn gleich darauf zurück ins Bewußtsein. Nach dem Geräusch zu urteilen, hatte die Frau beschlossen, das Pferd sei Beute genug und hatte sich damit aus dem Staub gemacht, sobald ihr Gefährte zu Boden ging. Alec stieß den toten Mann von sich und setzte sich auf, doch es war zu spät. Sie war bereits außer Sicht.
Naß bis auf die Haut, völlig zerschunden und schlammverschmierter als je zuvor quälte sich Alec auf die Beine, stellte jedoch fest, daß diese noch nicht bereit waren, ihn zu tragen. Taumelnd schlurfte er von dem Leichnam weg, stützte sich auf den Baumstrunk und wartete,
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