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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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als er mit zusammengekniffenen Augen zu dem gemalten Gesicht emporschaute; es war zwar nicht besonders kunstvoll gearbeitet, doch die Ähnlichkeit zu Seregil war für jeden offensichtlich, der ihn als mycenischen Adeligen an Bord der Pfeil erlebt hatte. Seregil, der ebenfalls hinaufstarrte, stieß einen wüsten Fluch aus.
    Alec verkniff sich einen Lachanfall und fragte unschuldig: »Hat sie auch einen Namen?«
    »Oh, aye, der Käpt’n nennt sie Lady Gwethelyn.«
    »Paßt zu ihr«, meinte Alec, immer noch bemüht, Haltung zu bewahren.
    »Bezaubernd«, murmelte Seregil.
    Sie erklommen eine Jacobsleiter und begrüßten Rhal, der sie bereits an Deck erwartete. Nach einem kurzen Rundgang führte er sie unter Deck nach achtern zu seiner Kammer. Obwohl man sie keineswegs prunkvoll nennen konnte, war sie doch weit besser als die enge Unterkunft, in die er sie an Bord der Pfeil eingeladen hatte.
    »Ich hoffe, Eure Galionsfigur bringt Euch Glück«, meinte Seregil trocken und setzte sich auf einen Stuhl.
    »Aye, und das werden wir zweifellos bald brauchen«, erwiderte Rhal, während er Wein für sie einschenkte. »Das Wetter beruhigt sich dieses Jahr früh. Da der alte Hochkönig nun tot ist, gibt es wenig, was die Plenimaraner noch zurückhält. Natürlich ist sein Sohn Estmar noch nicht Hochkönig. Gemäß plenimaranischem Brauch gilt es, einen offiziellen Trauermonat abzuwarten, bevor er gekrönt werden kann. Dadurch sollten wir noch ein paar Wochen gewinnen.«
    Stirnrunzelnd schüttelte Seregil den Kopf. »Darauf würde ich mich nicht verlassen. Gerüchten zufolge wurden plenimaranische Kundschafter schon ziemlich weit im Westen, am Folcwine gesehen.«
    Alec erinnerte sich noch daran, wie sie diese besorgniserregende Neuigkeit erfahren hatten. Auch die mobilen Einheiten der Reiterei der Königin kundschafteten in dieser Gegend, aber sie hatten seit Wochen nichts mehr von Beka gehört.
    »Nun, was auch immer geschehen mag, die Lady und ihre Besatzung sind bereit«, versicherte ihnen Rhal im Brustton der Überzeugung. »Mühelos wie ein Schwan ist sie von Macar heraufgesegelt, und wie Ihr gesehen habt, sind wir mit Enterhaken, Katapulten und Feuerkörben ausgestattet. Unter der Besatzung sind zwanzig Bogenschützen, und zehn weitere werden eigens angeheuert, wenn wir auf Beutezug gehen.«
    »Beeindruckend. Wann geht Ihr in See?«
    Rhal strich sich über den dunklen Bart. »Sobald wir den königlichen Freibrief haben.«
    »Das einzige, was Freibeuter von Piraten unterscheidet«, ergänzte Seregil für Alec.
    »Das und der Anteil an der Beute, der in das königliche Säckel wandert«, fügte Rhal hinzu. »Ich glaube, bis der Krieg richtig ausbricht, werden wir uns mit Küstenhandel über Wasser halten, Waren oder Soldaten befördern, all so was. Die Besatzung muß raus aufs Meer. Angeblich rührt sich ja rings um das Innere Meer und die Meerenge schon einiges – jede Menge plenimaranischer Handelsschiffe, die Vorräte und Gold nach Nanta hinaufbringen. Und natürlich stehe ich jederzeit bereit, um mich an unsere Vereinbarung zu halten, obwohl ich keine Ahnung habe, wie Ihr mich finden wollt, wenn Ihr mich braucht.«
    »Daran haben wir gedacht«, sagte Alec und warf ihm ein silbernes Medaillon zu. »Es ist verzaubert. Hängt es einfach irgendwo auf, dann kann ein Freund von uns jederzeit feststellen, wo Ihr seid.«
    Rhal betrachtete das Illior-Symbol, das auf die Scheibe geprägt war. »Fühlt sich an, als würde es Glück bringen, und davon brauchen wir soviel wir kriegen können.«
    »Dann wünschen wir Euch genau das«, sagte Seregil und erhob sich zum Gehen. »Ich hoffe, der Bauch Eures Schiffes ist binnen kürzester Zeit so voll wie der Eurer Galionsfigur.«
    Verlegen kratzte sich Rhal am Kopf. »Oh, es ist Euch aufgefallen, wie? War ’ne hübsche Frau, diese Gwethelyn. Wenn ich so zurückdenke an die Nacht, in der ich Euch ertappt habe, weiß ich eigentlich nicht mehr, ob ich eher wütend oder enttäuscht war. Aber letzten Endes schätze ich, es hat mir Glück gebracht, Euch über den Weg zu laufen, und darum die Galionsfigur. Die Grüne Lady ist ein feines Schiff und wird uns alle stolz machen.«
     
    Da sie schon entsprechend gekleidet waren, schoben Alec und Seregil einen kurzen Aufenthalt zum Abendessen in der Radstraße ein, dann schlichen sie nach Einbruch der Dunkelheit zurück in die Herberge zum Jungen Hahn. Sobald sie dort angekommen waren, ging Seregil schnurstracks in sein Zimmer und kramte seine zerlumpten

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