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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Bettlergewänder hervor.
    »Gehst du heute abend aus?« fragte Alec und lehnte sich an den Türstock, während sich Seregil umzog.
    »Ich möchte mich mit ein paar Dieben und Nachtschattengewächsen unterhalten. Höchst unwahrscheinlich, daß ich sie bei Tageslicht finde. Vermutlich komme ich erst zurück, wenn du schon weg bist, also leg dich ruhig schlafen und brich in aller Frühe auf. Aber bevor ich losziehe, möchte ich noch einmal hören, was du Micum erzählen wirst. Heute war ein furchtbar hektischer Tag. Ich will sichergehen, daß du auch alles richtig behalten hast.«
    Alec gab bestmöglich wieder, was Seregil ihm über die Prophezeiung und über Träume im allgemeinen gesagt hatte. Seregil brachte ein oder zwei Berichtigungen an, dann nickte er zufrieden.
    »Genau. Ich habe zwar keine Ahnung, was Micum von alldem halten wird, aber zumindest weiß er dann, was uns bevorsteht.« Er setzte den alten Filzhut auf, schritt an Alec vorbei und begann, sich mit Asche aus dem Kamin zu beschmieren.
    »Ich komme zurück, sobald ich mit ihm gesprochen habe. Bis zum Einbruch der Dunkelheit könnte ich wieder hier sein«, schlug Alec vor.
    »Brauchst du nicht. Bleib über Nacht und komm morgen bei Tageslicht.«
    Alec öffnete den Mund, um abermals zu widersprechen, aber Seregil gebot ihm mit erhobener Hand Einhalt. »Ich meine es ernst, Alec. Wenn wir wirklich in Gefahr schweben, dann sollten wir so vorsichtig wie möglich sein. Ich will nicht, daß du bei Nacht und Nebel an irgend einem abgeschiedenen Winkel von jemandem geschnappt wirst.«
    Alec, der immer noch unglücklich an der Tür lungerte, starrte mit gerunzelter Stirn auf seine Stiefel hinab. In Wahrheit gefiel auch ihm der Gedanke plötzlich nicht mehr, Seregil hier allein zu lassen, obwohl er schlau genug war, dies nicht laut auszusprechen.
    Seregil schien es trotzdem zu erraten. Er schmierte sich einen Rußfleck über ein Auge, dann kam er herüber und legte die Hand auf Alecs Schultern. »Ich komme schon zurecht. Und ich schließe dich auch bei nichts aus.«
    Trotz des Rußflecks, des wirren Haares und des lächerlichen alten Hutes, der die Züge seines Freundes halb verbarg, erkannte Alec deutlich die inbrünstige Aufrichtigkeit in Seregils Stimme.
    »Ich weiß«, seufzte er. »Du hast da ein Tüpfelchen übersehen.« Alec griff in den Kamin und schmierte Asche über eine winzige Stelle sauberer Haut unmittelbar unter Seregils rechtem Wangenknochen. Das unter dem Hut hervorlugende Auge seines Freundes weitete sich merklich. Zum wiederholten Male regten sich fremdartige Gefühle, und Alec spürte, wie er errötete.
    Eine Weile schaute Seregil ihm fest in die Augen, dann räusperte er sich heiser. »Danke. Wir wollen doch nicht, daß ich durch verräterische Anzeichen von Reinlichkeit auffliege, oder? Bevor ich losziehe, husche ich noch schnell durch den Misthaufen im Stall, nur um sicher zu gehen, daß ich den richtigen Duft verströme. Paß auf dich auf.«
    »Du auch.« Als Seregil zur Tür hinaus verschwand, durchzuckte den Jungen abermals Unbehagen. »Glück in den Schatten, Seregil!« rief er ihm nach.
    Mit einem schiefen Grinsen im Gesicht drehte Seregil sich noch einmal um. »Dir auch.«
    Als Alec allein war, machte er sich daran, sein kleines Bündel für die Reise zu packen. Doch schon bald ertappte er sich dabei, ständig dieselben paar Dinge ein- und wieder auszupacken, während er über die beunruhigenden Ereignisse des Tages und dieses eigenartige Unbehagen in Zusammenhang mit Seregils Aufbruch nachgrübelte.
     
    In jener Nacht kehrte Alecs Alptraum wieder, doch diesmal ging er weiter.
    Als er sich endlich umdreht, um nach seinem Verfolger Ausschau zu halten, bröckeln mächtige Steinklumpen aus der Wand neben ihm und poltern mit hohlem Krachen zu Boden. Krampfhaft umklammert er den Pfeil ohne Spitze, zwingt sich, auf die Öffnung in der Mauer zuzuschreiten und hindurchzusehen. Dahinter erkennt er nur Dunkelheit, aber er hört ein neues Geräusch – ein Geräusch, so gewöhnlich und gleichzeitig so unerklärlich grauenerregend wie der Anblick eines einfachen Pfeilschaftes.
    Es ist das dumpfe Grollen der See, die an ein felsiges Ufer tost.

 
29
Vorboten
     
     
    Lange vor Sonnenaufgang schlug Alec die Augen auf. Da er sich zu aufgeregt zum Weiterschlafen fühlte, zog er sich rasch an und ging hinunter in den Stall, um Patch zu satteln.
    Ein feuchtkalter, grauer Nebel hing über der Stadt und kündigte einen trüben Tag an, dennoch bereiteten

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