Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
Azarins. Erotische Wandteppiche und Statuen zierten den Raum, und anmutige Frauen in unterschiedlichsten Hauskleidern unterhielten ihre Gäste, strahlend und lieblich wie seltene Vögel.
Als sie ihre Umhänge und Schwerter einem Diener reichten, löste sich eine prunkvoll gekleidete Frau von einer Unterhaltung, eilte auf sie zu und umarmte Seregil. Ihre Haut, die das blaue Seidenkleid, das sie trug, nur spärlich verhüllte, wies einen olivfarbenen Schimmer auf, den Alec noch nie zuvor gesehen hatte. Schwarze Ringellocken wallten gleich einem funkelnden Wasserfall bis zu den Hüften hinab.
»Wo hast du dich denn die ganze Zeit herumgetrieben, du Gauner?« rief sie hocherfreut.
»An Tausenden Orten, Eirual, Geliebte, aber keiner war so angenehm wie dieser«, erwiderte Seregil und küßte lüstern ihren Hals.
Sie lachte, dann stieß sie ihn weg und zog scheinbar vorwurfsvoll die Augenbrauen hoch. »Ich kenne diesen Duft. Du warst schon bei Azarin. Was bist du doch grausam; kommst zu mir, nachdem dein Feuer bereits erloschen ist.«
»Erloschen? Mein Feuer?« Seregil zog sie wieder an sich. »Und wann, o Wunderschöne, hättest du das je erlebt?«
»Ich würde dich gerne auf die Probe stellen – oben.«
»Diese Herausforderung nehme ich mit Freuden an, Teuerste, aber erst müssen wir eine Gefährtin für meinen jungen Freund finden.«
Alec sah sich während des ganzen Wortwechsels mit großen Augen im Raum um. Dabei pochte sein Herz auf eine Weise, die selbst sein altes, in dalnischen Traditionen verwurzeltes Ich nicht verleugnen konnte.
»Ich glaube, er hat bereits jemanden gefunden«, meinte Eirual und lächelte belustigt.
Schüchtern deutete Alec mit dem Kopf auf eine schlanke, blauäugige, brünette Frau in einem burgunderfarbenen Seidenkleid. »Sie ist sehr hübsch.«
»Myrhichia?« Eirual warf Seregil einen schelmischen Blick zu, als sie die Frau herüberrief. »Dein Freund hat einen ausgezeichneten Geschmack.«
»Bislang hat er mich noch nie enttäuscht«, bestätigte Seregil und zwinkerte Alec zu.
Anmutig schritt Myrhichia auf sie zu; sie strahlte einen betörenden Duft und etwas Geheimnisvolles aus. Die Frau war älter, als Alec angenommen hatte, älter als er, aber das spielte keine Rolle – sie hatte etwas Vertrautes an sich, etwas, das ihn auf den ihm angebotenen Wein verzichten und ihr unverzüglich hinauf in ihre Kammer folgen ließ.
Erst als sie sich umwandte und ihn über die Schulter hinweg ansprach, wurde ihm bewußt, wie sehr sie Seregil ähnelte, genauer gesagt Seregil in Gestalt der Lady Gwethelyn, die er an Bord der Pfeil verkörpert hatte. Alec empfand dies als beunruhigende Erkenntnis und bemühte sich, die Vorstellung aus seinem Kopf zu verbannen, als er Myrhichias Kammer betrat. Während Alec sich umsah, spürte er, wie sinnliche Vorfreude den letzten Rest Beklommenheit vertrieb.
Im Kamin knisterte ein heimeliges Feuer, dessen Flammen den kleinen, eleganten Raum in ein sanftes Licht tauchten. Das Bett erwies sich als hoch und mit gemusterten Vorhängen versehen. Vor dem Kamin stapelten sich riesige Kissen, außerdem standen dort ein paar seltsam geformte Stühle. In einer im Schatten liegenden Ecke lugte hinter einer bemalten Trennwand ein aufwendig gefertigtes Waschgestell hervor.
Myrhichia verharrte ernst in der Mitte des Zimmers und überließ ihm die Wahl, womit er beginnen wollte. »Gefällt es dir?« fragte sie und legte neckisch den Kopf schief.
»Ja«, flüsterte er. Er schloß die Tür, ging auf sie zu und löste die juwelenbesetzten Nadeln, die ihr Haar zusammenhielten. Dunkle, nach Sandelholz duftende Locken rieselten über ihre Schultern.
Während er bei seiner Begegnung mit Ylinestra von Anfang an keinerlei Einfluß auf das Geschehen gehabt hatte, schien diese Frau damit zufrieden, ihn den Ablauf bestimmen zu lassen. Zunächst berührte er ihr Gesicht und ihr Haar, dann drückte er zögernd die Lippen auf die ihren. Ihre Hände legten sich auf sein Gesicht, wanderten über seine Schultern und glitten langsam tiefer.
Die Verschlüsse ihres Kleides stellten keine Herausforderung für Alecs geschickte und geübte Finger dar; bald bildeten Myrhichias und seine Kleider zu ihren Füßen einen Haufen.
»Soll ich eine Lampe anzünden?« flüsterte sie, als er sie begierig in die Arme schloß.
Er schüttelte den Kopf und preßte den Leib gegen die weichen Rundungen ihrer Brüste, ihres Bauches und ihrer Hüften und ließ sich von dem wohligen Gefühl ihrer Wärme
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