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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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begrüßte sie an der Spitze einer Gruppe, die vermutlich ihren ganzen Clan darstellte, und führte sie zu Fuß hinaus auf das offene Land jenseits der Stadtgrenzen. Der blau-gelbe Sen’gai des Clans bestand aus verdrehten Seidenbändern, in die rote Schnüre eingeflochten waren, und die Khirnari trug über ihrer engen Tunika einen wallenden Seidenumhang.
    Die Khaladi waren größer und muskulöser als die meisten anderen Faie, die Alec bisher gesehen hatte. Viele von ihnen trugen reifartige Tätowierungen um Hand- und Fußgelenke. Sie lächelten gern und behandelten ihre Gäste mit einer Mischung aus Respekt und familiärer Wärme, die ihm rasch ein Gefühl der Behaglichkeit vermittelte.
    Auf der Ebene jenseits der Stadtgrenzen war ein kreisförmiges Gebiet von etwa hundert Metern Durchmesser mit mächtigen, bunten Teppichen bedeckt und von festlichen Feuern begrenzt worden. Statt der üblichen Sofas waren niedrige Tische und stapelweise Kissen am Rand der Teppiche vorbereitet worden. Mallia ä Tama und ihre Familie bedienten ihre Gäste persönlich, wuschen ihnen über Schalen die Hände als Symbol für die herkömmlichen Bäder, boten Wein und getrocknete, mit Honig überzogene Früchte an. Musiker trafen mit Blas- und Saiteninstrumenten mit langen Hälsen ein, die keinerlei Ähnlichkeit mit allen anderen Instrumenten hatten, die Alec je gesehen hatte. Statt die Saiten zu zupfen, bearbeiteten sie sie mit einem kurzen Bogen, und die Melodien klangen klagend und süß zugleich.
    Als die Sonne tiefer sank und das Festmahl fortschritt, kam es Alec vor, als sei er in ihrer Fai’thast im Gebirge. Unter anderen Umständen hätte er gewiss gern die ganze Nacht in ihrer Gesellschaft verbracht.
    Stattdessen gab er auf Seregil Acht, der immer wieder in Schweigen verfiel und dann und wann den Lauf des Mondes beobachtete.
    Fürchtest du unser nächtliches Vorhaben so sehr? Angesichts seiner eigenen erwartungsfrohen Haltung fühlte Alec sich fast ein wenig schuldig.
    Als sich das Bankett dem Ende zuneigte, erhoben sich dreißig oder noch mehr Khaladi, streiften ihre Tuniken ab und entkleideten sich bis auf ihre kurzen, engen Lederhosen. Ihre leicht geölte Haut schimmerte im Feuerschein wie Seide.
    »Nun bekommen wir was zu sehen!«, raunte ihm Seregil zu, und zum ersten Mal an diesem Abend machte er einen fröhlichen Eindruck.
    »Wir sind gute Tänzer, die besten in ganz Aurënen«, erzählte die Khirnari Klia. »Denn im Tanz zelebrieren wir die Zyklen der Einheit, die die Basis unserer Welt bilden – die Einheit unseres Volkes mit Aura, die Einheit von Himmel und Erde, die Einheit, die uns alle miteinander verbindet. Vielleicht werdet Ihr die Magie des Tanzes spüren, doch Ihr müsst Euch nicht fürchten. Es ist nur das Khi der Tänzer, das sich mit dem ihrer Zuschauer vereint.«
    Die Musiker stimmten eine düstere Weise an, als die Tänzer ihre Plätze einnahmen. Paarweise hoben und balancierten sie einander mit geschmeidiger Anmut. Ohne das geringste Zittern verdrehten sich ihre Körper in Stellungen, die sowohl überaus diszipliniert als auch hochgradig erotisch wirkten, wenn sie sich aufrichteten, niedersanken, sich im Rhythmus der Musik krümmten und bogen.
    Gänzlich hingerissen fühlte Alec das Khi, von dem die Khirnari gesprochen hatte; mit jedem Tanz umfingen ihn andere Energien, zogen ihn in das Geschehen hinein, obwohl er sich nicht von seinem Sitz rührte.
    Manche Tänze wurden nur von einem Geschlecht, von Männern oder Frauen dargeboten, doch die meisten bezogen beide ein. Eine der bewegendsten Vorstellungen jedoch war der Paartanz der Kinder.
    Klia saß reglos da, eine Hand ganz unbewusst an die Lippen gepresst. Auf Theros schmalem Gesicht zeigte sich ein Ausdruck tiefer Bewunderung, der seinen sonst so harten Zügen beinahe Schönheit verlieh. Hinter ihnen konnte Alec in der Ehrengarde Beka erkennen – und die Tränen, die in ihren Augen schimmerten. Nyal stand neben ihr und beobachtete sie, wie sie die Tänzer beobachtete.
    Ein männliches Paar zog Alecs Aufmerksamkeit Tanz um Tanz immer wieder auf sich. Nicht allein ihre Geschicklichkeit bewegte ihn, sondern ebenso die Art, wie sie einander mit Blicken zu umfangen schienen, vertrauensvoll und sicher arbeiteten sie in perfektem Einklang. In seinem Hals bildete sich ein Kloß, als er sie während eines besonders sinnlichen Tanzes betrachtete; ohne, dass ihm irgendjemand davon hätte erzählen müssen, wusste er, dass sie Talímenios waren und dass sie

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