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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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hinausgehst – nur irgendein Diener auf einem abendlichen Spaziergang.«
    »Ich bin immer nur ein Diener«, beklagte sich Alec scherzhaft, darum bemüht, trotz seines Flüsterns einen jämmerlichen Ton anzuschlagen.
    »Dein Benehmen verrät es«, konterte Seregil, legte ihm die Hände an den Hals und schüttelte ihn spielerisch. »Glück in den Schatten.«
    »Das hoffe ich.«
    Der Sprung auf den Boden war kurz, und Alec traf geräuschlos auf. Diese Seite des Hauses lag im rechten Winkel zur Straße und grenzte an offenes Gelände. Auf der Rückseite lag die Mauer des Viehhofes. In jeder Richtung musste er sich an Wachen vorbeischleichen. Von vorn konnte er Arbelus und Minál reden hören. Er wartete, bis sie sich wieder zurück Richtung Tür bewegten, ehe er rasch auf die grasbewachsene Straße huschte und sich in den Schatten verbarg.
    Als er vor Wochen Torsin verfolgt hatte, war das auf Grund einer impulsiven Entscheidung erfolgt, ein Zufallstreffer. Dieses mal hatte er eine Mission zu erfüllen, und es war, als sähe er seine Umgebung nun mit anderen Augen, als wäre sie überlagert von den Erinnerungen an ähnliche Unternehmungen in Rhíminee. Hier gab es keine Taschendiebe und Straßenräuber, denen er ausweichen, keine Stadtwache, der er aus dem Weg gehen musste. Keine Huren beiderlei Geschlechts boten sich ihm in den Schatten der Häuser an. Es gab keine Wahnsinnigen, keine Bettler, keine betrunkenen Soldaten, und den provisorischen Tavernen haftete nicht der verrufene Hauch der verräucherten Wirtshäuser Skalas an.
    Stattdessen lastete die fremdartige Stille, die in dieser Nacht über der Stadt lag, schwer auf ihm, und seine Vorstellungskraft beschwor Geister in jedem dunklen Hauseingang. Nie zuvor war ihm deutlicher bewusst gewesen, dass dies die Stadt der Toten war, in der sich die Lebenden nur dann und wann aufhielten. Wenngleich er seine Distanz wahren musste, empfand er es doch als Erleichterung, andere Lebewesen auf den Straßen zu sehen.
    Als er die Tupa der Haman passierte, war ihm unbehaglich zumute. Eine Bewegung in einer Nebenstraße erregte seine Aufmerksamkeit. Er ging weiter zum nächsten Gebäude, kauerte sich zusammen und blickte um die Ecke und zurück, wartete darauf, ob etwaige Verfolger sich selbst entlarven würden. Niemand zeigte sich. Nichts außer dem Ruf eines Vogels durchbrach die nächtliche Stille.
    Schließlich schüttelte er das hartnäckige Gefühl, beobachtet zu werden, ab und setzte seinen Weg fort, nunmehr im Laufschritt, um die verlorene Zeit aufzuholen. Es wäre nicht gut, wenn er zu spät einträfe, auch wenn er nicht einmal eingeladen war.
    Ulan í Sathils beeindruckendes Haus stand auf einer sanften Anhöhe oberhalb des Vhadäsoori. Laut Seregil, der in seiner Jugend dort gewesen war, gab es innerhalb der Mauern mehrere Innenhöfe ähnlich dem Anwesen in Gedre. Als er die imposanten, glatten Wände betrachtete, sehnte er sich erneut nach den Villen von Rhíminee mit ihren großen, gut gepflegten Bäumen und den nützlichen zierenden Vorsprüngen und Erkern. Wenn das Haus der Virésse überall so aussah, machte der Mangel an Angriffspunkten den an Wachen, Hunden und Schlössern mehr als wett. Zumindest gab es nur sehr wenige erreichbare Fensteröffnungen.
    Die meisten lagen in tiefer Dunkelheit. Die einzigen sichtbaren Lichter konzentrierten sich links des Haupteingangs. Alec streifte seine Sandalen ab und machte sich zum Spurt bereit, zuckte dann aber wieder zurück, als er hörte, wie sich Hufgetrappel näherte. Vier Reiter zügelten ihre Tiere und klopften an der Eingangstür. In dem Licht, das sich bald darauf über die Schwelle ergoss, erhaschte Alec einen kurzen Blick auf die Besucher. Von seiner Position aus konnte er ihre Gesichter nicht erkennen, aber er sah, dass sie die purpurfarbenen Sen’gais der Bry’kha trugen.
    Sieht aus, als wäre ich gerade rechtzeitig gekommen.
    Er wartete, bis die Tür wieder zu war, ehe er zu einem Fenster rechts von der Eingangstür lief, das, dunkel und unverschlossen, einen vielversprechenden Eindruck auf ihn machte. Alec zog sich über den Sims, kauerte sich zusammen und lauschte. Zufrieden stellte er fest, dass der Raum leer war, zog einen Lichtstein aus seiner Werkzeugrolle hervor und schirmte ihn mit der Handfläche ab. In seinem Licht erkannte er, dass er sich in einem völlig ungenutzten Zimmer befand. Er stopfte den Stein hinter seinen Gürtel und schlich hinaus auf einen unbeleuchteten Korridor. Seine nackten Füße

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