Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond
Rhaish í Arlisandin dabei aus den Augen zu lassen. Die Miene des alten Mannes gab nichts preis.
Alec hielt das Armband hoch. »Das Armband gehört Klia. Angefertigt wurde es von Amali ä Yassara von den Akhendi. Doch der Talisman an dem Armband ist vertauscht worden. Ich weiß es, denn dieser Talisman gehörte mir. Emiels Gewalt hat sich gegen mich gerichtet, kurz nach unserer Ankunft in Sarikali. Die Männer, die an jenem Tag bei ihm waren, können das bestätigen, ebenso wie Nyal í Nhekai, Kheeta í Branín und Beka Cavish.«
»Das ist absurd!«, protestierte Elos í Orian. »Amali wüsste, wenn jemand ihre Arbeit manipuliert hätte.«
»Nyal hat meinen Talisman Amali ä Yassara übergeben, um ihn wieder herrichten zu lassen. Von da an sah ich ihn nicht wieder, bis ich nach unserer Abreise aus Sarikali Klias Armband genauer betrachtet habe.«
»Gewiss hätte Amali die Veränderung bemerkt«, fügte Seregil hinzu. »Wir glauben, dass sie geschwiegen hat, weil sie es war, die den Talisman vertauscht hat, um die Haman zu entehren und so von der Abstimmung fernzuhalten.«
Alle Augen richteten sich auf den Khirnari der Akhendi und den leeren Platz seiner Gemahlin an seiner Seite.
»Ich bestreite diese Vorwürfe«, sagte Rhaish in gleichmütigem Ton. »Meine Gemahlin ist krank. Vielleicht hat sie einen Fehler begangen. Sie selbst hat angeboten, den Talisman einer genaueren Prüfung zu unterziehen, doch der Verbannte hatte ihn bereits mitgenommen. Vielleicht hat er die Talismane aus dem gleichen Grund vertauscht: um die Haman in Misskredit zu bringen.«
»Oh Illior«, stöhnte Alec leise. Noch ehe einer von ihnen Atem holen konnte, um das Wort zu ergreifen, erklang bereits die Stimme der Khirnari der Khatme.
»Wenn das der Fall wäre, warum sollte er dann jetzt darum bemüht sein, die Anklage gegen Emiel zu widerlegen?«, schnappte sie. »Und warum sollte er gerade die Akhendi beschuldigen, die doch das Anliegen Skalas unterstützen?« Sie wandte sich an Alec. »Wisst Ihr mehr über diese Sache?«
»Ich … ich denke schon, Khirnari«, stotterte er. »Ich glaube gesehen zu haben, wie Amali den Tausch am Morgen der Jagd vorgenommen hat. Später, als ich das Armband gefunden und zurückgebracht habe, hat Rhaish í Arlisandin darauf bestanden, es von Amali untersuchen zu lassen, obwohl er oder jeder andere Akhendi das ebenso gut hätte tun können. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir dabei jedoch nichts gedacht, schließlich hat sie das Armband hergestellt.«
»Haltet Ihr die Behauptung aufrecht, nichts davon zu wissen?«, fragte Brythir Rhaish.
»Absolut nichts«, entgegnete jener.
»Das mag zu diesem Zeitpunkt gestimmt haben«, sagte Seregil. »Möglicherweise hat sie Euch nicht verraten, dass sie den Talisman hat. Vermutlich hättet Ihr Euch denken können, wie sie an ihn gekommen ist, und damit wäret Ihr nicht einverstanden gewesen.«
Zornesröte stieg dem Khirnari der Akhendi ins Gesicht. »Was soll das bedeuten?«
»Dass ihr ihrem ehemaligen Liebhaber als eifersüchtiger Gemahl bekannt seid und die fortdauernde Freundschaft der beiden missbilligt. Also habt Ihr nicht gewusst, was sie getan hat, bis es zu spät war, so wenig wie sie gewusst hat, was Ihr getan habt, denn anderenfalls hätte sie sich nicht eingemischt, nicht wahr? Offensichtlich habt Ihr einander missverstanden.«
»Erklärt Euch«, befahl Brythir streng.
»Ich kann nur Vermutungen anstellen, Ehrwürdiger«, sagte Seregil. »Nachdem Torsin tot war und Klia erkrankt, wusste ich zunächst nicht, wie ich den Schuldigen finden sollte. Derartige Verbrechen sind hierzulande überaus selten, aber, wie Ihr wisst, habe ich den größten Teil meines Lebens in Skala verbracht, wo Mord beinahe alltäglich ist. Ich hatte genug Zeit, die Methoden der Ehrlosigkeit zu erkunden. Ich wusste dieses Wissen auch durchaus zu nutzen, wenn auch nicht in der Weise, die mir hier viele unterstellen. Ich bin kein Mörder, aber ich weiß, wie Mörder, Verräter und Attentäter denken.
Ich hatte nicht damit gerechnet, hier auf eine solche Person zu treffen, schon gar nicht in Sarikali. Meine Kindheitserinnerungen haben mich lange geblendet. Stets überlegte ich nur, wer davon profitieren würde, sollte Klia versagen. Ich vergaß, daran zu denken, wer am meisten zu verlieren hat.«
»Ihr behauptet also, ein Akhendi ist der Mörder?«
»Ja, Khirnari. Als Alec und ich Sarikali in Begleitung von Beka Cavish verlassen haben, haben wir unsere Spuren sorgfältig verwischt.
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