Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond
»Nun bleibt die Forderung der Haman nach Teth’sag gegen Seregil, den Verbannten. Er hat Teth’sag sowohl gegenüber den Haman als auch gegenüber dem Iia’sidra gebrochen, als er sich nicht an die Bedingungen für seine Rückkehr gehalten hat.«
»Ist es denn ein Eidbruch, wenn er den Anweisungen der Personen folgt, in deren Diensten er nun steht?«, fragte Iriel ä Kasrai.
»Er ist ein Aurënfaie und unterliegt unseren Gesetzen«, beharrte Galmyn í Nemius.
»Aber er wurde verbannt und dient jetzt Skala«, berichtigte Ulan í Sathil. »Sollte er aus diesem Grund nicht ebenso von unseren Gesetzen ausgeschlossen sein wie von der wohltuenden Gegenwart seines eigenen Volkes? Wie kann er nach den gleichen Gesetzesmaßstäben beurteilt werden, wenn ihm nicht erlaubt ist, wie einer von uns zu leben und zu handeln?«
Seregil bedachte den Virésse mit einem abschätzigen Blick. Er wusste nur zu gut, dass sich dicht unter der Oberfläche dieser unerwarteten Unterstützung reiner Eigennutz verbarg.
»Haben die Bedingungen, denen die Skalaner und auch er selbst zugestimmt haben, denn gar kein Gewicht?«, konterte Lhaär ä Iriel. »Wenn das der Fall ist, dann können die Skalaner sich doch einfach nehmen, was sie wollen, gleich, was wir dazu zu sagen haben. Ihr schlagt einen gefährlichen Weg ein, Ulan. Die Bedingungen wurden ausgearbeitet und akzeptiert. Die Skalaner und der Verbannte werden sich damit abfinden müssen.«
»Den Skalanern ist Unrecht geschehen!«, mahnte Adzriel.
Brythir hob die Hände, um die Versammlung zur Ordnung zu rufen. »Auch diese Angelegenheit muss sorgfältig erwogen werden. Wir brauchen Zeit, die Sache zu überdenken. Nazien í Hari, haltet Ihr die Forderung nach Teth’sag gegen diesen Mann, Seregil von Rhíminee, aufrecht?«
»Das muss ich um der Ehre willen, Khirnari«, erwiderte Nazien. »Er hat Teth’sag gebrochen. Seine Khirnari muss erneut die Verantwortung für ihn übernehmen.«
Alecs Knöchel liefen weiß an, so krampfhaft hatte er die Hände zu Fäusten geballt. »Dieser undankbare Sohn eines …«
»Ruhig, Alec«, bat Seregil. »Er hat keine andere Wahl.«
Adzriel stand auf und verbeugte sich. »Tief bekümmert akzeptiere ich die Rechtmäßigkeit Eurer Forderung, Khirnari. Um der Ehre meines Clans willen bitte ich Euch, ihn meiner Aufsicht zu unterstellen, bis ein Urteil gefällt worden ist.«
»Nun gut«, sagte Brythir. »Wir werden morgen früh wieder zusammentreffen und die Debatte fortführen. Rhaish í Arlisandin, Ihr werdet Amali ä Yassara zu uns bringen. Korathan í Malteus, Euch bleibt bis zum nächsten Halbmond Zeit, Eure Anschuldigungen zu beweisen.«
Klia regte sich und winkte Korathan zu sich.
Er lauschte kurz, ehe er fragte: »Was wird aus der Abstimmung?«
»Das muss warten, bis die anderen Dinge erledigt sind«, antwortete Brythir.
»Verdammt!«, zischte Alec leise.
Die Glocke schlug noch einmal, um das Ende der Sitzung zu verkünden, und die Versammlung löste sich langsam auf. Seregil beugte sich zu Alec hinüber, als wolle er ihn besänftigen und flüsterte: »Bitte darum, bei mir bleiben zu dürfen. Mach eine richtige Szene.«
Alec starrte ihn verwundert an. »Was? Ich kann nicht …«
»Tu es einfach.«
»Komm mit, Seregil«, sagte Adzriel.
»Lasst mich auch mitgehen!«, platzte Alec heraus und ergriff Seregils Arm. Schamesröte stieg ihm ins Gesicht, als Beka und Thero sich umwandten und ihn anstarrten, dennoch klammerte er sich verbissen an Seregil.
Adzriel tätschelte seinen Arm, um ihn zu trösten. »Es tut mir leid, mein Lieber, aber das ist nicht möglich.«
»Es war mein Fehler, Talí«, sagte Seregil mit demütigem Blick, während er seinen Arm gewaltsam aus Alecs Griff befreite. »Nun komm, benimm dich. Du bringst nur Schande über uns.«
»Ich kann das nicht ertragen«, stöhnte Alec und barg das Gesicht in Händen. »Nach allem, was wir durchgemacht haben, um hierher zurückzukommen!«
»Zügelt Euch, Junge. Ihr bietet einen kläglichen Anblick«, grollte Korathan angewidert.
Seregil musste seine ganze Kraft zusammennehmen, um seiner Schwester in die Augen zu sehen, ohne sich etwas anmerken zu lassen. »Es tut mir leid, Adzriel. Er ist noch so jung. Vielleicht könnte ich die Nacht in meinem alten Zimmer verbringen, dann können wir einander wenigstens durch das Fenster sehen.«
»Das Zimmer ist so gut wie jedes andere«, stimmte sie zu, offensichtlich entsetzt über Alecs Benehmen.
»Na also«, murmelte Seregil, als er
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