Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
ihren Rang nie viel gegeben hatte, lümmelte mit den anderen herum und beteiligte sich an den Geschichten über den Krieg.
    »Ich nehme an, ihr beide verschwendet keinen Gedanken daran, der berittenen Garde beizutreten?«, fragte sie mit einem scharfen Blick auf Alec und Seregil, als sie gemeinsam mit Thero und Braknil im Schatten des Segels herumlungerten. »Männer mit euren Fähigkeiten sind dieser Tage Mangelware. Ich könnte euch gut gebrauchen.«
    »Ich hätte nie erwartet, dass dieser Krieg so lange dauert«, sagte Alec.
    »Es hat sich etwas verändert, seit der neue Hochkönig an der Macht ist«, erwiderte Klia kopfschüttelnd. »Sein Vater hat sich an die Verträge gehalten.«
    »Dieser Bursche zehrt von den Geschichten über vergangene Größe«, murmelte Braknil am Mundstück seiner Pfeife vorbei.
    »Die er zweifellos von seinem Onkel Mardus gehört hat«, stimmte Seregil zu. »Aber schließlich musste es ja so kommen.«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte Thero.
    Er zuckte die Schultern. »Auf Krieg folgt Frieden, auf Frieden folgt Krieg. Die Totenbeschwörung wurde verboten, nur um sich im Verborgenen weiterzuentwickeln, bis sie schließlich wie ein Geschwür wieder an die Oberfläche trat. Manche Dinge währen ewig, wie der Strom der Gezeiten.«
    »Dann glaubst du nicht, dass wir je einen dauerhaften Frieden erreichen werden?«
    »Das ist eine Frage des Blickwinkels. Dieser Krieg wird enden, und vielleicht wird der nachfolgende Frieden Klias Leben überdauern. Vielleicht sogar das ihrer Kinder. Aber Zauberer und Aurënfaie leben lange genug, zu wissen, dass es früher oder später wieder von vorn losgehen wird – immer das gleiche alte Ziehen und Zerren von Gier, Not, Macht und Stolz.«
    »Wie ein großes Rad, das sich ewig dreht, oder wie das stete Ab- und Zunehmen des Mondes«, sinnierte Braknil. »Ganz egal, wie die Dinge heute stehen mögen, die Veränderung ist unausweichlich, zum Guten oder zum Schlechten. Als ich noch ein junger Bursche und neu im Regiment war, hat mein alter Feldwebel uns immer gefragt, ob wir lieber in einer kurzen Zeit des Friedens oder einer langen Zeit des Krieges leben würden.«
    »Was hast du geantwortet?«, fragte Seregil.
    »Nun, soweit ich mich erinnere, wollte ich immer mehr Möglichkeiten zur Auswahl haben. Der Flamme sei gedankt, denn ich denke, die habe ich bekommen. Aber was Ihr gesagt habt, ist richtig. Ihr und diese beiden jungen Burschen werdet mehr Drehungen des Rades zu sehen bekommen als irgendein anderer von uns. Wenn Ihr eines Tages in den Spiegel schaut und genauso viele graue Haare entdeckt, wie ich sie trage, dann trinkt ein Bier auf meine staubigen Gebeine. Werdet Ihr das tun?«
    »Manchmal vergesse sogar ich diesen Punkt«, murmelte Klia, und Alec sah, wie sie erst Seregils, dann sein Gesicht mit einem Ausdruck in den Augen studierte, der weder von Trauer noch von Neid kündete. »Ich täte gut daran, mich dieser Tatsache zu erinnern, wenn wir erst in Aurënen sind, nicht wahr? Soweit ich es verstanden habe, sind Verhandlungen mit Eurem Volk eine echte Herausforderung.«
    Seregil lachte leise in sich hinein. »Nun, ihre Vorstellung von Eile weicht ganz bestimmt von der Euren ab.«
     
    Alec spazierte auf Deck hin und her, als am dritten Nachmittag der Ausguck rief: »Plenimaranische Schiffe Südost, Kapitän!«
    Seregil war gemeinsam mit Klia und Kapitän Farren auf den Aufbauten auf dem Achterdeck, und Alec beeilte sich, zu ihnen zu stoßen. Jeder suchte mit den Blicken den Horizont ab. Die Augen mit der Hand vor der Sonne geschützt, blinzelte Alec über das Wasser und entdeckte schließlich in der gleißenden Helligkeit des Spätnachmittags einen bedrohlichen Schatten.
    »Ich sehe sie«, sagte Kapitän Farren. »Aber noch sind sie zu weit weg, um festzustellen, ob sie uns entdeckt haben.«
    »Sind es tatsächlich Plenimaraner?«, fragte Thero, der sich zu ihnen an die Reling gesellt hatte.
    »Zeit, dass Ihr Euch Euren Lebensunterhalt verdient«, verlangte Klia. »Könnt Ihr dafür sorgen, dass sie uns nicht sehen können.«
    Thero überlegte einen Augenblick, ehe er einen losen Faden aus seinem Ärmel zupfte und in die Höhe hielt. Alec wusste, was er tat: Er prüfte die Windrichtung.
    Zufrieden streckte Thero dann beide Hände in Richtung des feindlichen Schiffes aus und intonierte mit hoher, leiser Stimme einen Singsang. Dann zog er einen Stab aus poliertem Kristall aus dem Stoff seines Mantels hervor und schleuderte ihn zu dem fernen Schiff.

Weitere Kostenlose Bücher