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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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war so weiß wie Milch, abgesehen von einer Wunde an ihrer rechten Schläfe.
    »Oh Dalna, lass sie am Leben sein«, murmelte er, als er den Puls an ihrem Hals suchte.
    »Sie lebt«, belehrte ihn Mercalle mit klappernden Zähnen. »Aber sie braucht einen Heiler, und zwar schnell.«
    Die anderen Reiter sahen nicht viel besser aus. Ileah weinte leise, das Gesicht zu einer Maske des Kummers verzogen. Zu beiden Seiten an sie gedrängt, hockten Zir und Marten auf den Bodenplanken, frierend, aber sonst offenbar unversehrt.
    »Ihr Bruder«, erklärte Zir und legte einen Arm um Ileah. »Er war schon tot, bevor die Bastarde uns gerammt haben. Wie geht es der Rittmeisterin?« Besorgt sah er zu Beka hinüber.
    Über Bekas reglosen Körper gebeugt, blickte Seregil nicht einmal auf, als er antwortete: »Es ist zu früh, etwas Genaues zu sagen.«
     
    An Bord der Zyria trugen sie Beka in eine der kleinen Kabinen unter Deck. Stöhnen und Schreie erklangen aus dem Frachtraum, in dem die Verwundeten untergebracht worden waren. Der Gestank von Blut und Benshâl-Feuer hing drückend in der schalen Luft.
    Während Alec sich eilends auf die Suche nach dem Schiffsdrysier begab, befreite Seregil Beka von ihren nassen Kleidern. Das hatte er bereits getan, als sie noch ein Kind gewesen war, aber nun war sie kein Kind mehr. Zur Abwechslung begrüßte er nun Alecs Abwesenheit. Über die eigene Verlegenheit verblüfft, beeilte er sich, so sehr er nur konnte, und wickelte sie in ihre Decke ein. Nicht allein der Anblick ihres unbekleideten Körpers hatte ihm Unbehagen bereitet, sondern vor allem die vielen Kampfesnarben, die ihren von Sommersprossen übersäten Leib verunstalteten.
    So etwas hatte ihn nie zuvor so berührt, nicht einmal, wenn es sich um Alec handelte. Nun, da er neben Beka am Boden saß, stützte er sein Kinn in die Hände und kämpfte nichtsdestotrotz gegen das Gefühl der Schuld und der Trauer an. Nach Micum war er der Erste gewesen, der Beka nach ihrer Geburt in den Armen gehalten hatte; er hatte sie auf seinen Schultern getragen, hatte ihr Spielzeugschwerter und -pferde geschnitzt, sie gelehrt zu reiten und unfair zu kämpfen.
    Und ihr geholfen, das Offizierspatent zu bekommen, das sie vernarbt, blutend und bewusstlos auf dieses Schiff geführt hat, dachte er missmutig. Dem Licht sei Dank, dass ich nie eigene Kinder haben werde.
    Endlich traf der Drysier ein. Alec folgte ihm mit einem Kübel dampfend heißen Wassers direkt auf dem Fuße.
    »Sie hat etwas abgekriegt, als das feindliche Schiff ihren Segler gerammt hat«, sagte er, als der Heiler sich an die Arbeit begab.
    »Ja, ja, Alec hat mir schon alles erzählt«, sagte Lieus ungeduldig, während er das Blut von der Platzwunde abwischte. »Sie hat einen schlimmen Schlag erhalten, schön. Aber Dank dem Schöpfer ist die Wunde nicht tief. Sie wird in einer Weile mit Kopfschmerzen aufwachen und sich vermutlich ziemlich schlecht fühlen. Trotzdem kann ich jetzt nichts weiter tun, als die Wunde reinigen, sie warmhalten und schlafen lassen. Ihr zwei verschwindet. Ihr seid mir nur im Weg.« Mit dem Daumen deutete er auf Seregil. »Um Eure Schulter kümmere ich mich später. Pfeil, richtig?«
    »Das ist nichts.«
    Der Drysier gab ein Grunzen von sich und warf Alec ein kleines Gefäß zu. »Wascht seine Wunde aus und tupft sie damit ab, bis sie verschorft. Ich habe schon ähnliche Verletzungen gesehen, die eine Woche später einen Wundbrand ausgelöst haben. Ihr wollt doch nicht Euren Arm verlieren, richtig, Mylord?«
     
    Zurück an Deck trafen sie Klia, die voll und ganz damit beschäftigt war, sich einen Überblick über ihre Lage zu verschaffen. Die Wolf war mit dem zweiten plenimaranischen Schiff fertig und lag nun längsseits vertäut.
    »Du hast doch gehört, was er gesagt hat«, erklärte Alec, wobei er den ruppigen Ton des Drysiers nachahmte. »Lass mich mal sehen, was der Pfeil mit dir angestellt hat.«
    Die Schnittwunden von den Eisenringen waren noch feucht, der ganze Bereich blau und geschwollen.
    Nun, da die Aufregung des Kampfes vorüber war, stellte Seregil erstaunt fest, wie heftig die Verletzung schmerzte. Alec half ihm, das Kettenhemd abzulegen, und versorgte die Wunde. Seine Berührung war so sacht und sicher wie die eines Heilers.
    Eben jene Hände hatten erst vor kurzer Zeit eine Bogensehne gespannt, wie Seregil sich mit einem weiteren Stich schmerzhaften Schuldgefühls in Erinnerung rief. Bevor sie einander kennen gelernt hatten, hatte Alec noch nie einen

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