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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Gedre per Erlass als Handelshafen geschlossen worden ist. Virésse ist von Bôkthersa im Landesinneren weit entfernt; da ist es viel einfacher, von Gedre aus ›Fischen‹ zu gehen. Mein Onkel, Akaien í Solun, hat meine Schwestern und mich manchmal mitgenommen. In Nächten wie dieser sind wir mit Fischerbooten ausgelaufen und haben unser Handelsgut unter den Netzen versteckt, bis wir skalanische Schiffe getroffen haben.«
    »Hattest du mir nicht erzählt, er sei ein Waffenschmied?«
    »Das ist er, aber, wie er selbst zu sagen pflegte: ›Miese Gesetze bringen gute Gauner hervor.‹«
    »Dann bist du gar nicht das einzige Mitglied deiner Familie, das einen Hang zu nächtlichen Ausflügen pflegt.«
    Seregil lächelte.
    »Ich schätze nicht, obwohl Schmuggel in dieser Gegend praktisch ein ehrbares Gewerbe ist. Gedre war früher einmal ein blühender Handelshafen, aber als der Iia’sidra die Grenzen geschlossen hat, wurde es still um die Stadt. Seither dörrt sie langsam vor sich hin – gemeinsam mit Akhendi, der Fai’thast auf der anderen Seite des Gebirges. Jahrhundertelang stellten die nördlichen Handelsstraßen ihre Lebensadern dar. Für sie bedeutet Klias Mission eine große Hoffnung.«
    Und für dich, Talí, dachte Alec, während er ein stummes Gebet um den gemeinsamen Erfolg zu den Vieren schickte.

 
8
Gedre
     
     
    Am nächsten Morgen sah Seregil zu, wie die Hafenstadt Gedre sich gleich einem vertrauten Traum, geboren aus Erinnerung, aus den dünnen Nebelschwaden schälte. Die weißen Kuppeln schimmerten im hellen Licht des Morgens. Hinter ihnen erhoben sich in tiefem, grüngesprenkeltem Braun die Hügel am Fuß der zerklüfteten Ashek-Berge – der Mauer von Aurënen, Heimat der Drachen. Vermutlich war er der einzige, dem die Ruinen oberhalb der Stadt auffielen, die sich wie getrockneter Schaum bei Ebbe über das Land verteilten.
    Landwinde trugen den Geruch des Ortes über die See: zartes junges Gras, Kochgerüche, sonnenerwärmte Steine und Weihrauch aus dem Tempel.
    Wenn er die Augen schloss, erblickte er andere Morgendämmerungen, frühe Stunden, zu denen er mit einer Skiff, beladen mit fremden Gütern, in diesen Hafen gerudert war. Beinahe konnte er die mächtige Hand seines Onkels auf seiner Schulter fühlen, das Salz, den Rauch und den Schweiß auf der Haut des Mannes riechen. Es war Akaien í Solun gewesen, dem er jenes Lob verdankte, das ihm im Hause seines eigenen Vaters immer verwehrt geblieben war. Du bist ein guter Feilscher, Seregil. Ich hätte nie gedacht, dass du dem Händler einen so hohen Preis für meine Schwerter abringen würdest, oder Gut navigiert, mein Junge. Seit unserer letzten Reise hast du die Sterne lesen gelernt.
    Sein Vater war nicht mehr da, ebenso wenig wie seine Heimat. Schweigend betastete er die Beule, die der Ring Corruths, den er unter dem dunkelgrauen Mantel trug, in dem Stoff hinterließ. Nur er und Alec wussten, dass er dort war. Alle anderen sahen lediglich das Wappen mit Flamme und Halbmond, das seinen Rang in Klias Gefolge kennzeichnete. Für den Augenblick sollten sie nicht mehr sehen, sie, diese Fremden, die einst sein Volk gewesen waren.
    Er wusste, dass die anderen ihn beobachteten, und hielt sein Gesicht unverwandt auf die Küste gerichtet. Die Brise kühlte das Brennen hinter seinen Augen, während er die Boote beobachtete, die von der Küste ablegten, um sie zu empfangen.
     
    Alecs Herz schlug schneller, als er den kleinen Booten zusah, die unter farbenprächtigen Dreieckssegeln über die Wogen hüpften, um die Zyria und ihre verbliebene Eskorte willkommen zu heißen.
    Er beugte sich über die Reling und winkte den halbnackten Seeleuten zu. Sie trugen nur eine Art kurzen Kilt um die schmalen Hüften gewickelt, gleich, welcher Altersgruppe oder welchem Geschlecht sie angehörten. Während sie neben den größeren Schiffen längsseits steuerten und der Wind ihre langen dunklen Haare aufwirbelte, winkten sie lachend den Neuankömmlingen zu.
    Etliche unter Bekas Reitern stießen anerkennende Pfiffe aus.
    »Beim strahlenden Licht«, murmelte Thero mit aufgerissenen Augen, als er einem geschmeidigen, sonnengebräunten Mädchen salutierte. Sie erwiderte die Geste, und eine duftende, purpurrote Blüte erschien aus dem Nichts hinter dem linken Ohr des jungen Zauberers. Einige ihrer Kameraden folgten ihrem Beispiel, und weitere Blumen materialisierten sich, um die skalanischen Besucher zu schmücken oder einfach in einem duftenden Regen auf sie

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