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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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scheinen.«
    Adzriel ergriff die Schale Auras und füllte sie am Ufer mit Wasser. Graziös anzusehen mit ihrer weißen Tunika und ihren Juwelen, hob sie die Schale zum Himmel empor, ehe sie sie erst Klia, dann Lord Torsin und Thero und schließlich auch Seregil darbot.
    Seregils Finger berührten die seiner Schwester, als er die Schale entgegennahm und an seine Lippen führte. Als er jedoch trank traf sein Blick auf die Augen Nazien í Haris von den Haman, des Großvaters jenes Mannes, den er getötet hatte. Hier fand er kein Willkommen.
     
    Alec saß auf dem Rücken seines Pferdes und lauschte, als Nyal leise die Namen der verschiedenen Khirnari nannte; alle elf trugen zu diesem Anlass weiße Kleider und Sen’gais, was es unmöglich machte, einen Clan vom anderen zu unterscheiden.
    Doch da war ein Gesicht, das Alec auch ohne nähere Erläuterung einordnen konnte. Er war Adzriel einmal begegnet, kurz vor Ausbruch des Krieges, und er sah mit gespannter Aufregung zu, wie sie ihrem Bruder die halbmondförmige Schale reichte. Was mussten die beiden fühlen, so fragte er sich, nun, da sie sich endlich so nahe waren und doch so viel Distanz wahren mussten?
    Andere gaben sich weniger zurückhaltend. Etliche Aurënfaie wechselten böse Blicke, als Seregil trank; einige wenige unter den Älteren lächelten. Unter Letzteren befand sich auch der erste wahrhaft alte Aurënfaie, den Alec bisher gesehen hatte. Der alte Mann war dünn, beinahe schon ausgemergelt, seine Augen lagen über dicken Tränensäcken tief in ihren Höhlen, und er bewegte sich mit der Vorsicht gebrechlicher Menschen.
    »Das ist Brythir í Nien von den Silmai«, erzählte ihm Nyal. »Er ist vierhundertundsiebzig. Das ist sogar für uns ein außergewöhnlich hohes Alter.«
    Alec, der noch immer mit dem Durcheinander seiner eigenen Herkunft kämpfte, empfand die Aussicht auf ein so langes Leben als vage beängstigend.
    Als er seine Aufmerksamkeit den Umstehenden zuwandte, erkannte er die Sen’gais verschiedener hochrangiger Clans ebenso wie die einiger weniger bedeutsamer. Viele trugen schlichte Tuniken, doch andere hatten sich in feierliche Roben und lange Mäntel aus fließenden Stoffen gehüllt. Die Sen’gai unterschieden sich nicht nur in der Farbe, sondern auch im Stil. Einige bestanden aus schlichten Streifen locker gewobener Stoffe; andere waren aus Seide und mit kleinen Quasten oder Metallornamenten verziert. Jeder Clan hatte seine eigene Art sie zu binden entwickelt, manche lagen in einfachen Bahnen eng am Kopf an, andere türmten sich zu kunstvollen Gebilden auf.
    Einigermaßen erfreut stellte er fest, dass auch einige das bescheidene Dunkelgrün des Bôkthersa-Clans trugen. Einer von ihnen, ein junger Mann mit einer irgendwie unpassenden Strähne weißen Haares, sah plötzlich in seine Richtung, so, als hätte er seinen Blick gespürt. Einen Augenblick betrachtete er Alec mit freundlichem Interesse, ehe er sich flüsternd an ein älteres Paar wandte. Der Mann hatte ein langes, nichtssagendes Gesicht. Die Frau hatte dunkle Augen und dünne, ernst wirkende Lippen, die aber ein warmes Lächeln zeigten, als sie zu Alec hinüberblickte. Auch sie trug Tätowierungen im Gesicht, wenngleich nicht so aufwendige wie die Khatme; nur zwei horizontale Linien unter jedem Auge. Grüßend nickte sie ihm zu. Alec erwiderte den Gruß, ehe er, von plötzlicher Befangenheit ergriffen, die Augen abwandte. Wie es schien, ahnten sie bereits, wer er war.
    »Diese Frau, die Euch gerade gegrüßt hat, ist Seregils dritte Schwester«, murmelte Nyal neben ihm.
    »Mydri ä Illia?«, fragte Alec überrascht. Sie hatte wenig Ähnlichkeit mit Adzriel und Seregil. »Was bedeuten die Tätowierungen auf ihrem Gesicht?«
    »Sie hat die Gabe des Heilens.«
    »Was ist mit den anderen. Kennt Ihr die auch?«
    »Den jungen Mann kenne ich nicht, aber ich glaube der ältere ist Adzriels Gemahl, Säaban í Irais.«
    »Gemahl?« Alec sah erneut zu den Bôkthersa, dann wieder zu Nyal.
    Nyal zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Habt Ihr das nicht gewusst?«
    »Ich glaube nicht, dass Seregil etwas davon weiß«, antwortete Alec. Er zögerte einen Augenblick, dann fragte er: »Sind auch Chyptaulos hier?«
    »Oh, nein. Thet’sag wurde nach Ilars Flucht zwischen ihnen und den Bôkthersa nie beigelegt. Das böse Blut zwischen den Clans ist noch immer sehr bitter. Außerdem würde die Anwesenheit der Chyptaulos hier als Beleidigung gegen Klias Geschlecht angesehen werden.«
    »Lord Torsin

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