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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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jungen Ya’shel, der sich seiner eigenen Attraktivität nicht im mindesten bewusst war. Alec war ein guter Zuhörer, konnte sich voll auf die jeweilige Person konzentrieren, mit der er gerade sprach, und ihr so das Gefühl geben, interessanter und wichtiger als alle anderen zu sein. Dabei war es völlig egal, ob es sich bei der Person um irgendeinen hergelaufenen Trunkenbold in einer Taverne oder einen hochwohlgeborenen Lord handelte. Alec besaß ganz einfach das passende Feingefühl.
    Der Stolz wich einem wollüstigen Verlangen, das ihn daran erinnerte, dass sie seit ihrer Ankunft in Gedre kaum etwas anderes getan hatten, als gemeinsam einzuschlafen, und dass auch die zwei vorangegangenen Wochen schon ziemlich mager gewesen waren. In diesem Augenblick sah Alec ihn an und lächelte. Seregil verbarg sein eigenes Grinsen hinter seinem Weinkelch. Plötzlich war er dankbar für den langen skalanischen Mantel. In der Öffentlichkeit konnte ein Talímenios einen in vertrackte Situationen bringen.
    Die Stimmung unter den Gästen erfuhr eine subtile Veränderung, als die Haman eintrafen. Seregil hielt sich im Hintergrund und sah zu, wie Klia Nazien í Hari und sein Gefolge begrüßte. Erstaunlicherweise grüßte auch er sie herzlich, schüttelte ihr die Hand und überreichte ihr einen Ring von seinem eigenen Finger. Sie tat es ihm gleich, und beide waren unter Brythirs wohlwollenden Blicken sogleich in ein Gespräch vertieft.
    »Was hältst du davon?«, fragte Alec leise hinter ihm.
    »Interessant. Vielleicht ermutigend. Immerhin bin ich es, den die Haman hassen, nicht Skala. Warum gehst du nicht hinüber und lauschst ein bisschen?«
     
    »Ah, da seid Ihr ja!«, rief Klia mit einem Lächeln, als Alec sich zu ihnen gesellte. »Khirnari, ich nehme an, Ihr hattet noch nicht das Vergnügen, meinem Gefolgsmann, Alec í Amasa vorgestellt zu werden?«
    »Wie geht es Euch, geehrter Herr?«, erkundigte sich Alec mit einer Verbeugung.
    »Ich habe von ihm gehört«, entgegnete Nazien, nun plötzlich kühl. Offensichtlich wusste der Mann, wer er war, und verabscheute ihn schon aus Prinzip. Der Haman tat ihn mit einem einzigen eisigen Blick ab, als existiere er gar nicht. Weitaus erstaunlicher aber war, dass Klia diese Kränkung scheinbar gar nicht wahrgenommen hatte.
    Alec trat einen Schritt zurück. Er fühlte sich, als wäre ihm sämtliche Luft gewaltsam aus den Lungen gesaugt worden. Nur seine Ausbildung als Wächter veranlasste ihn, sich noch weiter in Klias Nähe aufzuhalten und zu lauschen, obgleich ihn seine Instinkte zu einem schnellen Rückzug aufforderten.
    Also zögerte er, studierte die Gesichter der Haman unter ihren gelb-schwarzen Sen’gais, während er vorgab, einem anderen unverfänglichen Gespräch zu lauschen. Einschließlich Nazien waren zwölf Haman anwesend – sechs Männer, sechs Frauen, von denen die meisten enge Verwandte mit den gleichen dunklen, scharfen Augen wie der Khirnari selbst waren. Größtenteils behandelten sie Alec, als wäre er gar nicht da, nur ein breitschultriger Mann mit einem Drachenbissmal am Kinn bedachte ihn mit einem herausfordernden Blick.
    Gerade wollte Alec sich davonmachen, als Nazien etwas über das Edikt sagte.
    »Es ist eine komplizierte Angelegenheit«, sagte der Khirnari zu Klia. »Ihr müsst wissen, dass weit mehr dahinter steckt als Corruths Verschwinden. Die Auswanderung der Hâzadriëlfaie war seinerzeit noch sehr frisch in der Erinnerung unseres Volkes – ein schrecklicher Verlust.«
    Alec schob sich unauffällig ein wenig näher heran; nun wurde es also doch noch interessant.
    »Später, als der Handel mit den Drei Ländern sich ausdehnte, mussten wir zusehen, wie immer mehr Faie in den Ländern des Nordens verschwanden und ihr Blut mit dem der Tír vermengten«, fuhr Nazien fort. »Viele aus unserem Clan wandten sich Euren Leuten zu und verloren die Bindung an ihr eigenes Volk.«
    »Dann meint Ihr, ein Faie gehört nach Aurënen und an keinen anderen Ort?«, fragte Klia.
    »Diese Gesinnung ist weit verbreitet«, antwortete Nazien. »Das mag für einen Tírfaie schwer zu verstehen sein, denn Ihr findet Euresgleichen, wo auch immer Ihr hingeht. Wir sind anders, eine einzigartige Rasse in einem einzigen Land. Wir haben eine lange Lebensspanne, das ist wahr, aber, wie Aura in seiner großen Weisheit gegeben hat, wir wachsen auch nur langsam heran. Ich will nicht sagen, unser Leben wäre heiliger für uns als das der Tír für Euch, aber unsere Haltung gegenüber Krieg und

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