Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
Vom Netzwerk:
der Gegend, ich hab ein paar
Fragen.»
    «Nur zu. Meinen von der Dorfbevölkerung gerne als wirr bezeichneten
Geist gibt es bei Morden gratis. Schiess los. Der Herr lauscht voller Spannung
und ist ganz Ohr. Hier sieh.»
    Er zeigte ihr sein grosses rechtes Ohr. Tatsächlich verstand er es,
aus allem eine Komödie zu machen.
    «Ich fange mal mit zwei Dingen an», sagte Sabina. «Erstens, was
weisst du über den Mithraskult? Ist dir jemand bekannt, der sich damit
auskennt? Zweitens, was weisst du über die Felszeichnungen von Carschenna?»
    «Ha, das sind drei Fragen, nicht zwei, meine Liebe», sagte Fridolin.
«Aber da die geschätzte Polizistin den weiten Weg bergan gemacht hat, will ich
mich nicht zieren. Also: Über den Mithraskult weiss ich schon ein bisschen was.
Da müsstest du bitte genauer werden.»
    «Ich werde darauf zurückkommen.»
    «Über Carschenna weiss ich auch einiges, bin schliesslich selber als
kleiner Bub mit meinem Vater da rumgerutscht, als die Felsen freigelegt wurden.
Sie haben damals Abgüsse davon gemacht. War eine Scheissplackerei.
Tausenddreihundert Arbeitsstunden haben sie in diese Felsen gesteckt. Und am
Ende haben die Steine ihr Geheimnis doch nicht preisgegeben.»
    «Was meinst du damit?»
    «Es gibt keine gesicherte Theorie, wofür die Felszeichnungen gedient
haben. Ein prähistorischer Kultplatz. Wahrscheinlich aus der Bronzezeit. Aber
was die Symbole bedeuten, welche Götter hier verehrt wurden – das alles
liegt im Dunkeln.»
    «Und du, was meinst du?», fragte Sabina.
    «Ich meine, dass die ganze Gegend hier ein riesiges Kraftfeld ist.
Deswegen gibt es auf diesem Streifen zwischen Thusis und Splügen so viele
Kultplätze. Aber wie sind die Frauen eigentlich ermordet worden? Und wo?»
    «Sie lagen nackt auf einem Felsen von Carschenna. Ausgeblutet,
ziemlich übel zugerichtet. Wir haben sie seit Wochen gesucht. Du liest keine
Zeitung, oder?»
    «Nein», sagte Fridolin und verlor seine gottgegebene Fröhlichkeit.
«Also die Leute hier mögen ja manchmal sture Böcke sein, aber umbringen tun sie
sich eigentlich nicht. Und schon gar nicht ihre Frauen. Wurden sie
vergewaltigt?»
    «Das weiss man noch nicht. Sie waren im Genitalbereich verletzt.
Aber eher durch Schnitte.»
    «Durch Schnitte?»
    «Ja, meine Theorie ist, dass es sich um Ritualmorde handelt. Alles
weist auf den Mithraskult hin.»
    «Wie kommst du denn darauf?»
    «Wir haben beim Verschwinden der Opfer Wortbotschaften gefunden. In
Stein graviert. Ich konnte entschlüsseln, dass es sich bei sieben der Wörter um
die sieben Initiationsstufen des Mithraskults handelt.»
    «Rabe, Perser, Sonnenläufer?»
    «Ja, genau die.»
    «Und du fragst mich, was ich über Mithras weiss, bist ja selber eine
Expertin.»
    «Das Internet weiss viel.»
    «Ach, sieh an, die Dame hat Kommissar Google ermitteln lassen?»
    «Man muss Google nur richtig nutzen, dann ist es nicht schlecht.»
    «Um Gottes willen», sagte Fridolin, «Google ist gut und schlecht
zugleich, gschlecht sozusagen. Apropos Geschlecht: Der Mithraskult war nur für
Männer offen, nie für Frauen. Das war der Grund, warum er sich nie ernsthaft
gegen das Christentum durchsetzen konnte.»
    Keine Frauen hinter dieser Tür , dachte
Sabina unwillkürlich.
    «Ist dir irgendetwas über einen heutigen Mithraskult bekannt?»
    «Du meinst, ob es den noch gibt?»
    Sie nickte.
    «Früher haben sich manchmal ein paar Leute auf den Felsen von
Carschenna getroffen, um ein Feuer zu machen und ein bisschen esoterischen
Unfug zu treiben. Aber meines Wissens hatte das nie etwas mit Mithras zu tun.
Und die hätten auch niemals jemanden umgebracht. Das waren mehr so Hippies.»
    «Wie du?»
    «Ich war da tatsächlich auch mal dabei und habe ein fulminantes
amouröses Abenteuer unter dem Sternenhimmel erlebt, ja. By
the way : Was macht die Liebe?»
    «Ach, mal hier was, mal da was. Nichts Festes. Ich liebe die
Freiheit», sagte Sabina.
    «Mit Libertas macht Lieben Spass.» Fridolin lachte. «Aber noch mal
ernsthaft. Der Mithraskult war friedlich. Das war ein Lichtgott. Da waren die
Christen brutaler, die ihn niedergemacht haben. Da unten in der Höhle haben sie
einen gepfählt, der sich nicht zu ihrer Religion bekehren lassen wollte. Und
dann haben sie die ganze Höhle zugeschüttet. Im Namen des Vaters und des Sohnes
und des Heiligen Geistes, amen. Kennst du die Mithrashöhle?»
    «Ja, ich war vorhin da.»
    «Nicht mehr viel zu sehen, hm?»
    «Nein.»
    «Komm doch mal rein. Ich muss dir was

Weitere Kostenlose Bücher