Schattengott
einmal an und bat ihn, sie auf dem
Polizeikommando zu vertreten. Sie wollte sich mit den drei Männern treffen, zu
deren ritueller Gruppe die Opfer gehört hatten.
Sie verabredeten sich am Hotel Roflaschlucht. Sabina kannte den
Wirt und liess ein kleines Hinterzimmer reservieren. Bruno Buchli, David
Battaglia und Maurus Müller waren entsetzt, als sie ihnen erzählte, was
passiert war. Die jungen Männer hatten mehrere Wochen unter Polizeischutz
gestanden, Anfang Mai war er aufgehoben worden. Dass sie als weitere Opfer auserkoren
waren, schien unwahrscheinlich, vor allem unter Berücksichtigung der neuen
Erkenntnisse. Die Nacktheit der Frauen, der aufgeschnittene Unterleib. Das
alles deutete auf einen Sexualmord ritueller Prägung hin. Dennoch bat Sabina
die Männer, ihre Augen und Ohren offen zu halten und auf sich aufzupassen. Die
Frage, ob jemals der Gott Mithras bei ihren Feiern eine Rolle gespielt habe,
verneinten die drei. Nach wie vor hatten auch sie keine Idee, warum man
Katharina Jakobs, Iris Grenz und Maria Melchior aus dem Leben gerissen und so
grausam ermordet hatte.
Zum Abschied wünschte ihnen Sabina alles Gute und bat sie darum,
sich jederzeit zu melden, wenn ihnen etwas einfiele. Als sie zum Auto ging,
bildeten die Männer auf dem Parkplatz einen Kreis, um-armten sich und weinten.
Am Abend fuhr Sabina nach Chur und tauschte sich mit Heini und
Beeli über sämtliche Ermittlungsdetails aus. Sie ging auf die sieben Weihegrade
des Mithraskults ein und stellte die These auf, dass noch vier weitere Morde
geplant waren. Aufgrund der Worthinweise Spital und Zauberberg nahmen sie mit dem Regionalposten in Davos
Kontakt auf. Zwischenzeitlich war auch der Fundort der Leichen
erkennungsdienstlich erfasst worden, Beeli erwartete Ergebnisse schon am
nächsten Tag. Hinweise aus der Bevölkerung dagegen gab es noch keine. Die Täter
schienen im Schutz der Dunkelheit agiert zu haben.
5
Sabina schlief nicht gut. Im Schatten der Nacht holten die
Gedanken an die Morde sie ein. Sie stand vor der Eisentür im Keller und konnte
sie nicht öffnen. Das labyrinthische Symbol zog sie an, sog sie ein. Sie lief
durch einen langen dunklen Tunnel. Lief jemandem hinterher. Einem schwarz
gekleideten Mann. Malfazi? Sie hatte ihn fast eingeholt. Dann verschwand er
hinter der Tür. Wieder das Symbol. Wieder der Mann. Die Bilder wiederholten
sich wie eine Endlosschleife.
Schweissgebadet wachte sie auf. Sie zog sich an und machte Kaffee.
Noch vor sieben war sie auf dem Polizeikommando in Chur. Sie polterte in Heinis
Büro, ohne vorher anzuklopfen.
«Huarazfotz», fluchte der Kollege und wischte sich den Kaffee von
der Hand. «Hast du mich erschreckt, Mann. Frau. Klopf halt bitte an.»
«’tschuldigung», sagte sie. «Aber mir brennt der Arsch.»
«Drei Tote. Klar. Das geht uns allen so.»
«Nein, das meine ich nicht.»
«Wie, das meinst du nicht?»
«Es geht noch um was anderes. Hast du Zeit?»
«Ja, wenn man mich in Ruhe meinen Kaffee trinken lässt und mir nicht
die Tür ins Kreuz haut, dann hab ich Zeit. Gewiss.»
Sabina schloss die Tür, nahm sich einen Stuhl und setzte sich ihm
gegenüber.
«Du weisst ja, dass ich am Mittwochabend in Zürich war.»
«Ja, in dem Hotel, wegen der Faxe. Und?»
«Bitte beruhig dich und hör einfach zu. Ich muss dir das alles
erzählen, bevor Malfazi kommt.»
«Der kommt heute nicht.»
«Wie, der kommt heute nicht?»
«Der hat sich doch freigenommen. Also falls er seine Mobilbox
abhört, kommt er bestimmt. Aber eigentlich hat er das ganze lange Wochenende
frei. Wieso, was ist denn?»
«Ich war, wie gesagt, in Zürich. Und weil es spät war, hab ich mir
ein Hotel genommen. Auf dem Zürichberg. Und da hab ich eine interessante
Entdeckung gemacht.»
Heini liess sich in seinen Stuhl zurückfallen. Sabina erzählte ihm
von der schwarzen Feier in der Villa, von dem Keller und der Eisentür mit dem
Symbol darauf. Von Malfazi, der einer der Gäste gewesen war. Vom möglichen
Zusammenhang des Symbols mit den Felszeichnungen von Carschenna. Sie erwähnte
auch die Tatsache, dass sowohl der Mithraskult als auch die Gesellschaft hinter
jener Tür für Frauen verboten waren.
«Du meinst doch nicht ernsthaft, Malfazi könnte hinter diesen Morden
stecken?»
«Klar ist, dass in diesem Keller etwas vorgefallen sein muss, was
geheim war. Und: nicht für Frauen!»
«Hast du irgendwelche Beweise für diese These?»
«Nur das, was meine Augen gesehen haben. Und das, was ich mir dazu
denke.»
«Das
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