SchattenGrab
Sie?“
„Ehrlich gesagt nicht“, gab Marga zu, „sie hätte es vorher mit Ihnen besprechen müssen. So hat sie Sie hintergangen und betrogen. Und Ihr Vater ebenfalls. Ich wäre richtig wütend geworden. Das hätte Konsequenzen für meine Ehe gehabt. Meinen Vater hätte ich nicht mehr ertragen können.“
„Ich denke, du hast die Not deiner Frau erkannt“, beruhigte Thorsten seinen Freund. Es war unübersehbar, dass Justus’ Blutdruck gestiegen war. In ihm schien es zu brodeln.
„So ist es“, bestätigte er. „Wer nicht in dieser Situation war, kann nicht einschätzen, wie zerstörerisch es ist, wenn eine Ehe kinderlos bleibt, obwohl sich das Paar dringlich Nachwuchs wünscht. Verena hat es gut gemeint. Sie wollte mich in dem Glauben lassen, das Kind selbst gezeugt zu haben.“
„Sie reden sich das selbst schön, Herr Görlitz“, bohrte Marga weiter, „wie sollen sie denn beide auf die Idee gekommen sein?“
„Mein Vater wusste um meine verzweifelte Lage. Ich hatte mit ihm gesprochen.“
„Dann hat er es deiner Frau angeboten, deine Gene durch seine zu ersetzen, damit es in der Familie blieb?“, fragte Justus.
„Das ist möglich“, stimmte Justus zu.
„Sie werden sich aber trotzdem ausgezogen haben müssen und werden zum Vögeln ins Bett gestiegen sein. Und ich wette, bestimmt mehr als einmal“, hielt Marga dagegen. „Vielleicht hat es ihnen sogar Spaß gemacht!“
Justus sog die Luft ein, er verschränkte die Arme.
„Was erlauben Sie sich?“
„Könnte es denn sein“, fragte Thorsten vorsichtig, „dass die beiden ein richtiges Verhältnis hatten?“
„Auf keinen Fall!“, protestierte Justus. „Sie mochten sich, aber mehr auch nicht. Verena liebte mich!“
„Ist das jetzt nicht mehr so? Sie sprechen in der Vergangenheitsform?“, fragte Marga.
„Was geht Sie das an?“
„Oh, es geht uns schon etwas an“, erklärte Thorsten. „Wie steht es um eure Ehe seitdem?“
„Es hat sich dadurch nichts verändert, wenn du das meinst. Wir haben erst seit Kurzem Probleme. Eigentlich erst, seit Sophie weg ist.“
„Vielleicht kamen sie da erst ans Tageslicht?“, vermutete Marga. „Hat sich Ihre Beziehung zu Ihrer Tochter verändert, als Sie wussten, dass es Ihre Schwester ist und nicht Ihr Kind?“
„Überhaupt nicht. Wie kommen Sie darauf?“
„Das wäre doch verständlich“, sagte Marga. „Ich stelle es mir schon schwierig vor, mit der Tatsache leben zu müssen, ein behindertes Kind zu haben, und wenn ich dann noch erfahre, dass jemand anderes dafür verantwortlich ist … Das würde alles in meinem Leben verändern.“
Justus schwieg. Dann lächelte er. Er schien sich wieder gefangen zu haben.
„Sie kennen mich eben nicht. Ich bin nicht so“, erklärte er, „ich habe Verständnis für die Nöte anderer Menschen. Das bringt schon mein Beruf mit sich. Fragen Sie meinen Freund Thorsten. Er wird es Ihnen bestätigen.“
„Justus, damit eins klar ist, ich bin als Vermittler hier. Wir müssen unsere Freundschaft hierbei außer Acht lassen. Es zählen nur die Tatsachen. Sonst müsste ich den Fall abgeben.“
„Ja, schon gut“, stimmte Justus zu.
„Ich könnte es verstehen, wenn Sie Ihren Vater umgebracht hätten. Vielleicht haben Sie es ja doch erst jetzt erfahren, dass Sophie nicht Ihr Kind ist?“, provozierte Marga.
„Da muss ich Sie enttäuschen“, entgegnete Justus, „Ihre Kollegen haben mich schon überprüft. Ich war an dem Tag, als mein Vater umkam, hier in Hannover in der Klinik und habe gearbeitet.“
„Ja, das stimmt“, sagte Thorsten, „bitte halte dich zur Verfügung, falls wir in den nächsten Tagen noch weitere Fragen haben.“
„Eine hätte ich jetzt noch“, warf Marga ein, „Sie wissen nicht zufällig doch, wo Ihre Tochter ist? Oder soll ich Halbschwester sagen?“
Er warf ihr einen bösen Blick zu.
„Hierauf habe ich schon mehrfach eine Antwort gegeben“, sagte Justus ärgerlich. „Nein, ich weiß es nicht, denn wenn ich es wüsste, hätte ich sie schon längst wieder bei mir.“
„Obwohl sie ein Kuckuckskind ist?“, bohrte Marga.
„Ja, denn ich liebe sie wie mein eigenes, auch wenn Sie das nicht verstehen können und selbst meine Frau das anzweifelt.“
Diesen letzten Zusatz nahmen Thorsten Büthe und Marga Blume in Gedanken mit, als sie sich verabschiedeten. Der Fallanalytiker hatte Wolf Hetzer gebeten, Verena zu befragen. Er war gespannt, was für Informationen von dieser Seite kommen würden.
Verena
Als Thorsten das
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