SchattenGrab
deinen Freund Thorsten ruhig an und stelle auf laut.“
Peter nickte, er hatte den Mund voll.
Wolf wählte die Nummer und erwischte Thorsten noch im Auto.
„Grüß dich, Thorsten, wir sind gerade von Verena Görlitz zurück und wollten uns kurz mit dir abstimmen. Ich gebe dir ein kurzes Fazit.“
„Wunderbar, Wolf, was habt ihr herausgefunden?“
„Verena Görlitz hat behauptet, dass ihr Mann nichts davon gewusst hat, dass er nicht der Vater ist.“
„Das ist ja interessant, denn Justus hat uns erzählt, Friedhelm Görlitz hätte es ihm kurz nach der Geburt von Sophie gestanden, dass er ihr Vater ist. Wohl aus schlechtem Gewissen, weil er seiner Schwiegertochter ein behindertes Kind gemacht hat.“
„Da stellt sich mir die Frage, ob einer von beiden lügt”, schlussfolgerte Wolf, „und falls ja, wer?“
„Friedhelm Görlitz können wir leider nicht mehr fragen“, bedauerte Thorsten.
„Verena Görlitz hat noch betont, dass sie mit der Behinderung ihrer Tochter kein Problem hatte. Im Gegenteil, sie sagte, sie habe sich von keinem anderen Menschen je so geliebt gefühlt“, sagte Wolf. „Allerdings habe Justus nach ihren Angaben Probleme gehabt das Kind zu mögen, nachdem er wusste, dass sie nicht gesund ist.“
„Das hat er uns gegenüber ganz anders dargestellt. Er hat gesagt, dass er sie trotz ihrer Behinderung wie ein eigenes Kind geliebt hat. Aber er hat auch erwähnt, dass Verena das angezweifelt hat.“
Thorsten warf Marga einen Blick zu, bevor er weitersprach. „Ich hatte unsere Psychologin bei dem Gespräch dabei. Sie ist der Meinung, dass Justus bei unserer Unterhaltung sehr unter Druck stand und möglicherweise nicht immer die Wahrheit gesagt hat. Aber das ist nur eine Vermutung.“
Wolf grübelte einen kurzen Moment und sagte: „Ich denke aber doch, dass er es eher hätte verschweigen wollen, selbst wenn das stimmt, dass er davon wusste. Als er zugegeben hat, Kenntnis von Friedhelms Vaterschaft zu haben, hat er sich selbst in ein schlechtes Licht gerückt und uns damit auch ein Motiv zugespielt.“
„Stimmt“, bestätigte Thorsten, „und zwar für beide Fälle. Für den Tod seines Vaters und das Verschwinden von Sophie.“
„Aber er ist doch nicht blöd“, wandte Wolf ein, „wir haben es mit einem studierten Mann zu tun.“
„Vielleicht ist er sich sehr sicher, weil sein Alibi nicht angreifbar ist?“, vermutete Thorsten.
„Keine Ahnung“, sagte Wolf, „ich verstehe das nicht. Es gab keinen Grund, das zuzugeben.“
„Dann lasst uns alle weiter darüber nachdenken. Wir hören uns wieder“, beendete Thorsten das Gespräch und Wolf legte auf.
„Ich muss nachdenken“, sagte er zu Peter und Detlef, „lasst ihr mich einen Moment allein?“
Als sie den Raum verlassen hatten, lüftete er die Mantaplatte samt Männerschweiß aus seinem Büro hinaus und atmete auf. Der Gestank war unerträglich gewesen. Er stand am Fenster und streckte sich. Wegen des Straßenlärms überhörte er das „Pling“ der ankommenden E-Mail.
Die Wand
Thorsten hatte Marga abgesetzt und fuhr direkt zur Villa von Friedhelm und Marianne Görlitz. Die Kollegen begrüßten ihn an der Tür und wiesen ihm den Weg in den Keller. Hier hatten Ingo und sein Team bereits einen Teil der Wand geöffnet. Sie gingen sehr vorsichtig vor, weil sie nicht wussten, was sich dahinter befand. Die Wand selbst sah so aus wie die anderen im Keller. Gemauert und weiß gekalkt.
Ein Raum im Raum, dachte Thorsten, wie ein Safe, aber noch unzugänglicher und für die Ewigkeit vor allen Augen versteckt. Wenn nicht ein pfiffiger Beamter mit wachem Verstand den Umstand entdeckt hätte.
Inzwischen war das Loch so groß, dass sich Ingo hindurchzwängen konnte. Er verschaffte sich einenkurzen Überblick.
„Thorsten kommst du mal, ich möchte dich gerne dabeihaben?“ Ingos Stimme klang etwas dumpf. „Gebtihm einen weißen Overall und Überschuhe!“, bat er seine Kollegen.
Etwas widerwillig stieg Thorsten Büthe in die Papierkluft – er fand sie schrecklich – und kroch durch den Spalt in der Mauer.
„Hier findest du alles, was du gesucht hast!“, freute sich Ingo, „guck mal hier. Tagebücher von neunzehnhundertsechzig bis siebenundsechzig. Alles feinsäuberlich in Friedhelms Schrift. Aber da ist noch mehr!“
„Mein Gott, wer soll denn das alles lesen?“, fragte Thorsten. „Damit sind wir doch Wochen beschäftigt. Ich muss die Tagebücher im Team aufteilen. Was hast du noch?“
„Alte Fotos zum Beispiel.
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