SchattenGrab
lassen“,sagte Toni, „wenigstens für eine Übergangszeit solltest du mein Angebot annehmen.“
„Mal sehen, ich bin momentan kein angenehmer Gesprächspartner. Ich möchte nicht lästig fallen“, wandte Verena ein.
„Hör mal, du bist meine Schwester!“, schimpfte Toni. „Vergiss das nicht. Du hast mir schon immer sehr am Herzen gelegen. So sehr, dass ich dichmanchmal vor dir selbst schützen möchte. Meinst du, du könntest die Psychopharmaka langsam absetzen?“
„Jetzt noch nicht, ich bin zu sehr unter Strom“, erklärte Verena. „Es ist alles zu viel für mich.“
„Die Mittel betäuben dich aber nur“, erklärte Toni, „du wirst später trotzdem alles verarbeiten müssen. Ein Lichtblick könnte dir helfen.“
„Wo sollte denn der herkommen?“, fragte Verena.
„Ich habe da so eine Idee“, sagte Toni und schmunzelte, „aber ich würde dich gerne erst später einweihen.“
„Du machst es sehr spannend“, sagte Verena.
„Lass dich überraschen! Und nun ab ins Bett. Mein Wecker klingelt um sechs. Da ist die Nacht zu Ende.“
Mit diesen Worten stand sie vom Sofa auf, streichelte ihrer Schwester über die Wange und ging nach oben.
Thorsten
Es war ihm klar, dass er eine lange Nacht vor sich hatte. Trotzdem fuhr Thorsten nochmals zu Justus und klingelte.
Eine junge Dame, die er nicht kannte, öffnete. Auf seinen fragenden Blick hin erklärte sie: „Bin ich Pflegemädchen von altes Dame. Kommen Sie!“
„Hauptkommissar Thorsten Büthe, sehr angenehm. Sind Dr. Görlitz oder seine Mutter zu Hause?“
„Nur Mutter, aber junger Herr kommen gleich wieder“, sagte Olga.
„Dann hätte ich gerne Frau Görlitz gesprochen.“
„Ja, bitte, kommen Sie!“
Marianne saß im Wohnzimmer und hielt ihre Engelspuppe im Arm. Sie schien ins Nichts zu starren. „Guten Abend, Frau Görlitz“, sagte Thorsten behutsam, „ich habe hier ein Foto, das ich Ihnen gerne zeigen möchte. Wir wissen nicht, wer das Kind auf dem Bild ist. Vielleicht können Sie uns helfen.“ Er zog das Foto aus seiner Tasche.
„Das ist meine Marie. Ist sie nicht wunderschön? Ich habe gar kein Bild von ihr. Kann ich das haben?“, fragte die alte Frau.
„Momentan brauchen wir es noch, aber dann bekommen Sie es. Das verspreche ich“, sagte Thorsten Büthe. „Ihre Marie, wer ist das?“
Sie summte.
„Jemand aus Ihrer Familie?“, fragte der Kommissar.
Aber Frau Görlitz schien ganz in ihre Gedanken versunken zu sein.
„Wann darf ich nach Hause zu Marie?“, fragte sie ganz plötzlich und unvermittelt.
„Bald, aber ich denke, Marie liegt in Ihrem Arm?“ sagte Thorsten Büthe.
„Auch, mein Junge“, flüsterte sie und begann wieder zu summen.
In diesem Moment kam Justus durch die Tür.
„Du schon wieder?“, fragte er nicht sonderlich erfreut.
„Ja, ich habe hier ein Foto“, erklärte Thorsten ohne große Umschweife. „Ich möchte wissen, ob du das Kind kennst. Es ist möglicherweise eine Tante oder Cousine von dir. Vielleicht sagt dir das Bild etwas.“
„Dann zeig es mir mal.“
Thorsten holte das Foto wieder aus seiner Tasche.
„Sieht aus wie Sophie!“, sagte er. „Sie ist es aber nicht.“
„Das fand ich auch, nur wer ist das Mädchen?“
„Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Von wann ist das Bild denn?“
„Wir vermuten, aus den sechziger Jahren.“
„Dann müsste sie ungefähr so alt sein wie ich, vielleicht etwas älter. Meine einzige Cousine hat aber rote Haare. Die kann es nicht sein.“
„Deine Mutter hat gesagt, es sei Marie, aber du hast mir ja bestätigt, dass du keine Schwester hattest, die so hieß.“
„Ich hatte überhaupt keine Schwester, ich habe nur einen Bruder. Das weißt du doch. Ihre Mutter hieß Marie, aber ob die so ausgesehen hat wie Sophie, weiß ich nicht.“
„Das Mädchen auf dem Bild kann auf keinen Fall deine Großmutter sein.“
„Da gebe ich dir recht“, sagte Justus. „Das passt zeitlich nicht.“
„Schade“, bedauerte Thorsten, „ich hatte so gehofft, dass ihr mir helfen könnt. Na, dann will ich mal wieder. Ich habe noch zu tun.“
„Heute noch?“, fragte Justus. „Es ist doch schon Abend.“
„Egal, das wird eine schlaflose Nacht, aber sei’s drum. Ich wünsche wenigstens dir eine gute. Du hast ja jetzt eine Entlastung im Haus.“ Er nickte Olga zu.
„Ja, danke, bis bald“, sagte Justus zum Abschied, während er Thorsten zur Tür brachte.
Er hatte auch noch etwas zu klären. Zwar hatte er das Kind auf dem Foto nicht erkannt, aber
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