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Schattengrund

Schattengrund

Titel: Schattengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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über ihr an der Decke hing. Er schaukelte sacht und berührte die anderen, die neben ihm hingen. Die Bewegung setzte sich wie sanfte Wellen fort. Nico hatte das Gefühl, kopfüber auf den Grund eines Sees zu blicken.
    »Das ist verrückt«, flüsterte sie. »Völlig verrückt.«
    Leon nahm einen hoch und betrachtete ihn genauer. »Eine Besenbinderwerkstatt. Hat deine Tante die gemacht?«
    »Ich erinnere mich nicht. Ich habe diesen Raum auch noch nie gesehen. Ich wusste gar nicht, dass es ihn gibt.«
    »Die sind richtig, richtig gut. Ich glaube, wenn du die verkaufst, bekommst du ein Vermögen dafür.«
    Nico runzelte die Stirn. »Für alte Besen? Die sind doch schon ganz kaputt durch die Feuchtigkeit.«
    Leon untersuchte sein Exemplar und stellte es mit einem Seufzer zurück. »Stimmt. Da ist Schimmel drin. Schade. Ich dachte schon, wir hätten einen Schatz entdeckt.«
    »Na ja.« Nico ging zurück zur Tür. Leon musste nicht unbedingt merken, wie schwer es ihr ums Herz war. Alles, was Kiana hinterlassen hatte, war kaputt. Das Haus, die Besen, sogar die Kinderbilder in dem alten Buch.
    Leon folgte ihr. Am Fuß der Kellertreppe fanden sie eine kleine Eisentür – komplett verrostet.
    »Also wer die aufkriegt, tut dir noch einen Gefallen damit«, sagte Leon, nachdem er Schloss und Scharniere untersucht hatte. »Damit wäre unser Rundgang beendet. Was ist mit dem Dach? Ist das sicher? Sind die Fenster verschlossen?«
    »Ja«, antwortete Nico unwillig. »Wer bitte soll denn wie aufs Dach kommen?«
    »Vielleicht hast du es nicht bemerkt, aber hinter dem vertrockneten Efeu neben dem Holzstapel liegt eine Leiter. Wahrscheinlich für den Schornsteinfeger. Eine Einladung für jeden, der einsteigen will.« Leon wollte die Kellertreppe hochgehen, aber Nico stellte sich ihm in den Weg.
    »Was soll das?«
    »Was?«
    »Dieses Sicherheitsgetue. Okay, hier ist jemand herumgeschlichen und wollte mir Angst einjagen. Aber das war es auch schon. Wenn jemand hätte einbrechen wollen, dann hätte er das doch längst getan. Schattengrund stand über ein halbes Jahr leer.«
    Leon nickte, als sei ihm soeben genau die gleiche Eingebung gekommen. »Stimmt! Ist doch logisch. Warum kümmere ich mich auch darum, wenn kleine Mädchen allein in alten Häusern schlafen?«
    »Kleine Mädchen?«, schnaubte Nico.
    »Hast du dir eigentlich mal überlegt, wo du jetzt wärst, wenn ich dich nicht aufgesammelt hätte?«
    »Ähm …«
    »Also. Lass mich doch einfach machen. Die Nacht wird verdammt kalt. Hast du genug Decken?«
    »Ja.« Nico versuchte, den Ärger hinunterzuschlucken. Aber das war nicht so einfach angesichts seiner ständigen Besserwisserei. »Schlimmstenfalls kann ich mir noch die aus Kianas Zimmer holen.«
    »Okay.« Er steckte die Hände in die Hosentaschen und grinste sie an. »Hunger?«
    »Ja?«
    »Na dann los.«

Dreizehn
    Es stellte sich heraus, dass Leon auch noch an zwei Kilo Spaghetti und mehrere Tuben Tomatenmark gedacht hatte. Außerdem kannte er sich mit Küchenherden aus und entdeckte, dass sich hinter der antik anmutenden Ofenklappe ein moderner Elektroherd versteckte. In der Speisekammer fand er eine nur unwesentlich angerostete Doppelherdplatte mit Stecker.
    Wenig später sprudelte das Nudelwasser und in einem kleinen Topf köchelte die Tomatensoße vor sich hin. Die Wasserleitungen waren mittlerweile auch in der Küche aufgetaut. Nicos Befürchtung, sich im Schnee wälzen zu müssen, statt sich unter eine heiße Dusche zu stellen, löste sich in Luft auf, denn Leon hatte sogar den Boiler entdeckt und eingeschaltet. Das Grummeln im Bauch, wenn sie an die Art dachte, mit der er ihr ständig unter die Nase rieb, dass sie von nichts eine Ahnung hatte, verschwand für den Augenblick.
    Als endlich ein gewaltiger Berg Nudeln vor ihr stand, hätte die Laune nicht besser sein können. Sie stießen an mit einer Mischung aus Wasser und Holundersirup, den Nico im Regal über der Spüle entdeckt hatte.
    »Und?«, fragte Leon, während er die Spaghetti um die Gabel wickelte. »Was wird das jetzt hier?«
    Nico starrte ihn mit vollem Mund fragend an.
    »Wirst du hierher ziehen?«
    Sie verschluckte sich und hustete. Mit hochrotem Kopf trank sie den halben Becher aus, bevor sie, nach Luft japsend, antworten konnte. »In diesen Ort herzlicher Gastfreundschaft und warmer Worte? Ins Tal der offenen Türen und roten Teppiche? Nie im Leben.«
    »Warum bist du dann hier?«
    »Kiana hat mir das Haus vererbt. Meine Eltern haben das Erbe

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