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Schattengrund

Schattengrund

Titel: Schattengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Namen unserer Tochter auszuschlagen.«
    »In meinem Namen?«
    »Nico, es ist das Beste. Glaub es mir.«
    »Nein! Das glaube ich eben nicht!«
    Von Zanner schlug den Kalender zu. Einen Moment lang sah er so aus, als ob er etwas sagen wollte, dann ließ er es bleiben.
    Fassungslos musste Nico mit ansehen, wie ihr Vater seine Aktenmappe öffnete und zwei aufgesetzte Schreiben herauszog. Beide legte er vor dem Notar auf den Tisch. Nico fehlten die Worte. Ihr eigener Vater war bereits mit der fertigen Ablehnung hereingekommen. Hätte sie nicht schon ihr klägliches Erbe zu verkraften gehabt, die Enttäuschung wäre kaum zu toppen gewesen.
    »Unser Widerspruch. Mit Datum und Unterschrift. Wenn Sie eine Ausfertigung für unsere Akten bitte quittieren und zurückgeben würden? Dann können wir es sofort beim Nachlassgericht einreichen.«
    »Sie haben sich über die Tragweite dieser Entscheidung informiert?«
    »Selbstverständlich.«
    »Die Widerspruchsfrist ist gesetzlich definiert als …«
    »Wir wissen, was wir tun. Bitte halten Sie uns nicht weiter auf.«
    »Dad?«
    Theo Wagner legte die Blätter vor von Zanner auf den Tisch. »Es tut mir leid.«
    »Das kannst du nicht tun.«
    Er drehte sich zu ihr um und machte eine unbeholfene Bewegung, als ob er sie in den Arm nehmen wollte. Nico stand auf und stolperte einen Schritt zurück. »Bitte glaube mir. Wir haben unsere Gründe.«
    »Welche Gründe? Erklär sie mir!«
    »Alles, was von Kiana kam, hat Unglück gebracht.«
    Stefanie sah zu Boden. Der Notar schraubte seinen Füllfederhalter auf und sah nachdenklich auf die Feder. Die Standuhr tickte. Eine Windbö heulte um die Ecke und rüttelte an den Fensterläden. Wieder fuhr ein Luftzug durch den Raum. Es war ein schlecht isolierter Altbau, da konnte das vorkommen. Und trotzdem hatte Nico das Gefühl, jemand stünde direkt hinter ihr.
    »Das stimmt doch gar nicht«, sagte sie leise.
    Stefanie trat neben sie. »Doch. Es ist besser so. Bitte glaube uns einfach.«
    »Aber …«
    »Kein Aber. Nein. Das ist unser letztes Wort.«
    Von Zanner unterschrieb und reichte ein Blatt an Nicos Vater zurück. Vielleicht täuschte sie sich, aber in den Augen hinter den funkelnden Brillengläsern glaubte sie, plötzlich so etwas wie Mitgefühl zu entdecken. Mit ihr?
    Sie verließen die Kanzlei in eisigem Schweigen. Auch den ganzen Weg zurück sagte Nico kein einziges Wort. Es war, als hätte sich eine dunkle Wand zwischen sie und ihre Eltern geschoben und keiner fand die Tür, um hindurchzugehen. Sie verstand ihre Eltern nicht. Aber was noch schlimmer war: Ihr Nein war endgültig, und sie erklärten noch nicht einmal, warum.

Zwei
    In der Nacht wälzte sich Nico auf der vergeblichen Suche nach Schlaf in ihrem Bett herum. Sie war immer noch aufgewühlt von dem, was am Vormittag geschehen war. Jeden Satz, jede Szene war sie im Geist noch einmal durchgegangen, und nach wie vor konnte sie sich keinen Reim darauf machen, warum ihre Eltern so strikt gegen diese Erbschaft waren.
    Ihren Vater hatten sie am Reisebüro abgesetzt, danach war ihre Mutter mit ihr nach Hause gefahren. Nico hatte sich in ihrem Zimmer verbarrikadiert und gehofft, dass irgendwann jemand nach ihr sehen und ihr eine vernünftige Erklärung geben würde – vergeblich.
    Am Abend hatte sie noch einmal versucht, das Gespräch auf Kiana zu bringen. Ihr Vater, genervt von dem Thema und der Stornierung einer großen Reisegruppe, hatte sich ins Arbeitszimmer zurückgezogen und wollte nicht mehr gestört werden. Stefanie hatte wiederholt, was sie schon beim Notar gesagt hatte: Das Haus sei alt und Kiana in den letzten Jahren ihres Lebens nicht ganz richtig im Kopf gewesen.
    »Warum hatten wir denn so gar keinen Kontakt mehr zu ihr?«
    Stefanie zuckte mit den Schultern. »Sie hat wie ein Einsiedler gelebt und Siebenlehen kaum noch verlassen.«
    »Dann hätten wir sie doch mal besuchen können.«
    »Nico. Das passiert auch in den besten Familien. Man verliert den Kontakt zueinander und eines Tages ist es zu spät.«
    »Tut es dir wenigstens leid?«
    Stefanie, die gerade einen Stapel Teller aus der Geschirrspülmaschine geholt und ihn Nico weitergereicht hatte, wandte sich ab.
    »Ja. Natürlich. Aber wir hatten es auch nicht leicht. Das Reisebüro hat von Anfang an schrecklich viel Arbeit gemacht. Und im Moment sieht es noch nicht einmal danach aus, als ob sie sich gelohnt hätte.«
    »Dann verstehe ich euch erst recht nicht.«
    »Wir hatten einen Streit.« Stefanie räumte das Besteck

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