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Schattengrund

Schattengrund

Titel: Schattengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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sind an Schattengrund gebunden. Die musst Du lösen, Nicki, und erst dann gehört es Dir. Das Erste: Nutze den Besen. Das zweite: Finde den Turm und das Schwert. Das dritte: Bring den Stein dorthin zurück, wohin er gehört. Dann gehört Schattengrund Dir.«
    Der Notar schloss die Akte. Nico wartete, aber es kam nichts nach. Sie beugte sich vor und nahm die halbe Postkarte in die Hand. Sie war in der Mitte durchgerissen und ziemlich alt. Es war die Schwarz-Weiß-Fotografie einer Statue; ein Ritter vielleicht? Ein Kirchenmann? Er trug ein Schwert, und zu seinen Füßen stand ein kleiner Turm aus demselben Material, Stein oder Holz, der ihm bis zu den Knien reichte. Sie drehte die Postkarte um, aber auf der Rückseite stand nichts. Bis auf den kleinen Aufdruck »Romanische Meisterwerke im Harz«.
    »Das soll ich finden?«, fragte sie verblüfft. »Und dann? Den Stein zurückbringen und einmal kehren?«
    »Wenn Sie, Nicola Wagner, der Meinung sind, die Aufgaben gelöst zu haben, kommen Sie bitte wieder und machen einen Termin zur Beurkundung. Wir werden dann gemeinsam diesen zweiten Umschlag öffnen und prüfen, ob Sie den Bedingungen der Erblasserin vollständig nachgekommen sind.«
    Der Notar zeigte den Anwesenden einen weiteren Brief, auf dem in Tante Kianas zittriger Schrift sein Name stand. Langsam kam Nico diese ganze Sache vor wie eine Matrioschka: Immer, wenn man eine Puppe geöffnet hatte, lächelte einem die nächste entgegen.
    »Das war’s aber dann«, sagte sie. »Oder gibt es noch einen und noch einen?«
    »Dies ist das letzte Schreiben. Es dient nur der Überprüfung, denn ich kann Ihnen bedauerlicherweise nicht zur Hand gehen. Ich bin Notar, kein Straßenkehrer. Nun? Werden Sie der Bitte der Erblasserin nachkommen?«
    Nico holte Luft und öffnete den Mund.
    »Nein«, sagte Nicos Dad. »Das wird sie nicht tun. Wir lehnen das Erbe ab.«
    Sie stieß die Luft mit einem lauten Pfff aus. Theo Wagner stand auf, Stefanie griff wieder nach ihrer Handtasche und erhob sich ebenfalls. Nur Nico blieb sitzen, immer noch mit der halben Postkarte in der Hand.
    »Nico?« Stefanies Stimme klang etwas zu freundlich. »Kommst du bitte?«
    Aber ihre Tochter kam nicht. Stefanie trat einen Schritt auf sie zu.
    »Schatz, ich kann deine Enttäuschung verstehen. Uns geht es auch so. Obwohl ich Kiana gekannt habe und einiges von ihr erwarten konnte. Aber das hier ist … Mir fehlen die Worte.«
    »Mein Erbe«, murmelte Nico und starrte auf den halben Ritter in ihrer Hand.
    »Wir schlagen es aus. Damit haben wir weder Unkosten noch die Verantwortung für Schattengrund. Wer weiß? Vielleicht fällt es an die Gemeinde und die kann etwas Sinnvolles damit anfangen.«
    »Und warum wir nicht?«
    Verunsichert sah Stefanie zu ihrem Mann. Theo Wagner fühlte sich sichtlich unwohl dabei, eine Erklärung aus dem Hut zaubern zu müssen.
    »Nico, diese Frau war nicht ganz richtig im Kopf. Dir Aufgaben stellen. Keiner weiß, was damit gemeint ist.« Er deutete auf die halbe Postkarte. »Finde den Turm und das Schwert. Was soll das heißen? Den Stein zurückbringen! Das einzig Vernünftige ist das Kehren. Unsere Einfahrt hätte es mal wieder nötig. Also los jetzt. Wir haben schon genug Zeit verplempert.«
    »Vielleicht sollten wir erst mal hinfahren und es uns ansehen?«
    »Hast du nicht gehört?«
    Langsam legte Nico die Postkarte zurück. »Ich verstehe euch nicht. Ein Haus. Das ist doch was wert!«
    »Aber nicht Schattengrund«, erwiderte ihre Mutter. »Es ist heruntergekommen, im Fachwerk ist der Holzwurm und durch das Dach regnet es rein. Herr von Zanner, wir lehnen das Erbe ab.«
    »Das könnt ihr nicht machen!«
    »Du bist noch nicht volljährig, wir sind deine gesetzlichen Vertreter. Damit ist das Thema erledigt.«
    »Nein!«
    »Doch. Theo?«
    Ihr Vater hob die Hände. »Es tut mir leid, deine Mutter hat recht.«
    Herr von Zanner verstaute die Akte in einer Schreibtischschublade. »Wann wird Ihre Tochter volljährig?«
    »Am sechsten Dezember«, sagte Nico schnell. »Nikolaus.«
    Von Zanner zog einen in schwarzes Leder gebundenen Terminplaner heran und blätterte ihn durch.
    »Die Widerspruchsfrist beträgt sechs Wochen ab Bekanntwerden des Erbes –«
    Ihr Vater unterbrach ihn. »Wir haben das bereits ausgerechnet. Ihr Brief kam am Freitag, also endet die Frist genau einen Tag vor Nicos Volljährigkeit. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, aber wir sind, wenn auch nur knapp, juristisch einwandfrei berechtigt, das Erbe im

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