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Schattengrund

Schattengrund

Titel: Schattengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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verheulte Augen, zerzauste Haare. Hinter ihr konnte Nico die Alte entdecken, die gerade nach ihrem Gehstock tastete.
    »Wer zum Teufel …« Trixi blinzelte. Ein Lächeln verzerrte ihr Gesicht zu einer Grimasse. »Ach, die da.«
    »Schleicht sich hier rein!«, brüllte Zach. »Immer wieder! Was soll das? He? Was soll das? Schnüffelst du uns hinterher? Hat das denn nie ein Ende? Nie?«
    Er schüttelte Nico, der dabei Hören und Sehen verging. Sie bekam kaum mit, wie jemand durchs Haus nach unten raste.
    »Wenn ich dich noch einmal hier erwische!« Zach spuckte beim Sprechen und das war mindestens genauso eklig wie sein Mundgeruch. »Ich brech dir alle Knochen. Alle Knochen brech ich dir!«
    Er ließ sie so plötzlich los, dass sie auf den Boden fiel.
    »Seid ihr wahnsinnig?« Leon kam zu ihr gerast und half ihr auf.
    Nico kam schwankend auf die Beine. Rotz und Tränen verschmierten ihr Gesicht, ihre Haare waren völlig zerzaust.
    »Sie ist mein Gast! Hört ihr? Mein Gast!«
    Trixi lachte schrill. Die Alte erreichte gerade humpelnd den Flur. Ihr Blick aus bösen kleinen Augen flitzte von einem zum anderen. Zach schnaubte.
    »In meinem Haus bestimme ich!«
    »In deinem Haus?« Leons Stimme wurde eiskalt. »Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen! Und wenn du endlich mal nüchtern wärst, könnten wir auch vernünftig darüber reden.«
    Zach brüllte auf, warf sich auf Leon und drückte ihn an die Wand. Trixi schrie, tat sonst aber nichts, um die beiden Streithähne auseinanderzubekommen. Nico stürzte sich auf Zach und wollte ihn wegzerren. Ein einziger Schlag feuerte sie quer über den Flur an die Glastür, die durch den Aufprall bebte, aber glücklicherweise hielt. Leon nutzte diesen Moment der Ablenkung. Er entwand sich Zachs Würgegriff und drehte dessen Arm auf den Rücken. Mit einem Klagelaut ging sein Onkel in die Knie.
    Die Alte klopfte mit ihrem Stock auf den Boden. Laut und hallend. Vielleicht war es das, was alle wieder zur Vernunft brachte. Trixi kicherte, langsam, ganz langsam ließ Leon Zach los und trat schwer atmend zurück. Nico gelang es, sich an der Türklinke hochzuziehen.
    »Es reicht«, sagte die Alte. Ihr funkelnder Blick fiel auf Nico. »Hinaus!«
    »Gerne, sehr gerne«, stöhnte Nico. Sie fühlte sich, als hätte man ihr alle Knochen im Leib gebrochen. »Könnte jemand bitte aufschließen?«
    Leon ging zu ihr und stellte sich neben sie. »Sie bleibt.«
    »Lass mal«, fiel Nico ihm ins Wort. »Keine Diskussionen. Aber die fünf Sterne bei Holiday Check könnt ihr euch abschminken.«
    »Du bleibst«, flüsterte er. »Hier bist du sicher. – Sie bleibt.«
    Am liebsten hätte Nico laut aufgelacht. Eine Zombie-Oma, eine kichernde Irre und ein gewaltbereiter Bulle … Das nannte Leon sicher?
    Die Alte trat noch einen Schritt vor. Immerhin schienen Trixi und Zach Respekt vor ihr zu haben, sie sagten nämlich kein Wort. Sie blieb vor Nico stehen und musterte sie mit einem hasserfüllten Blick. »Das Gastrecht ist das älteste der Welt. Wir werden es nicht mit Füßen treten.«
    Zach sah ratlos zu seiner Frau. »Was … Was heißt das?«
    »Wenn Leon darauf besteht und er für ihre Sicherheit garantiert, soll sie bleiben.«
    »Was?«, quiekte Trixi.
    Aber die Alte war noch nicht fertig. Sie stützte sich mit der knochigen Linken an der Wand ab und hob mit der Rechten den Stock. Mit ihm zielte sie direkt auf Nicos Brust.
    »Aber geh mir aus den Augen. Meine Langmut hat Grenzen. Morgen, wenn die Straßen frei sind, bist du verschwunden aus Siebenlehen.«
    »Nichts lieber als das.«
    »Diese eine Nacht. Der Herrgott möge es mir vergelten.«
    Zach brummte etwas Unverständliches, was kaum mit dem Herrgott zu tun hatte. Trixi stand da wie vom Donner gerührt. Leon hob die Augenbrauen, was seinem Gesicht einen arroganten, aber in Nicos Augen unwiderstehlichen Ausdruck verlieh.
    »Na also. Geht doch.«
    Die Alte drehte sich um und humpelte in ihr Zimmer zurück. Trixi und Zach standen da wie bestellt und nicht abgeholt.
    »Hunger?«, fragte Leon.
    »Riesig«, flüsterte Nico.

Sechsundzwanzig
    Immer noch hing ein Hauch von Bratwurst in der Luft. Wahrscheinlich kam er vom Mittagessen, denn die Küche des Schwarzen Hirschen war kalt. Allerdings stapelte sich benutztes Geschirr in der Spüle und auf dem Herd stand eine fettige Pfanne.
    Leon begann, das dreckige Geschirr in die Maschine zu räumen.
    »Kann ich helfen?«
    »Ja. Setz dich hin und rühr dich nicht vom Fleck.« Er nahm die Pfanne, hob sie

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