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Schattengrund

Schattengrund

Titel: Schattengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Rosenbüsche und ausladende Sträucher. Ein knorriger Holzzaun umrundete das Grundstück, die Pforte stand offen und der Weg war geräumt. Es war offensichtlich, dass tagaus, tagein Besucher kamen und gingen. Um diese Uhrzeit allerdings wirkte der verwunschene Garten unberührt. Im Licht der Laterne konnte Nico die Spuren von Krähen und Katzen im Schnee erkennen. Sie trafen sich auf beinahe schicksalhafte Weise unter einem Vogelhäuschen. Opfer schien es aber bisher nicht gegeben zu haben.
    Die Fensterläden, dunkelgrün gestrichen, waren geschlossen. Durch die Ritzen fiel Licht – es war also jemand zu Hause.
    Leon klingelte. Kurz darauf schlurften Schritte herbei und die Tür wurde geöffnet. Gero Schumacher trug einen Bademantel aus gelbem Frottee. Wahrscheinlich war das Siebenlehener Dresscode – es war gerade mal neun Uhr, also schien das die normale Bekleidung zu sein, wenn man es sich am Abend gemütlich machte. Anders als Trixi trug der Pfarrer allerdings kein Nachthemd darunter, glücklicherweise, sondern eine Hose und einen bequemen leichten Wollpulli. Seine Brille hatte er auf die Stirn geschoben.
    »Leon?«, fragte er. Sein Blick fiel auf Nico. »Und Kianas Nichte? So spät?«
    Nico spürte seine Unsicherheit. Wahrscheinlich glaubte er, dass sie gekommen waren, um ihn wegen des Gesprächs am Nachmittag zur Rechenschaft zu ziehen. Sie versuchte ein Lächeln.
    »Guten Abend. Wir wollen nicht lange stören. Wir hätten nur noch ein paar Fragen, bevor wir morgen Siebenlehen verlassen.«
    Und das auch noch in entgegengesetzte Himmelsrichtungen, dachte sie. Ob Leon ihr wohl seine Adresse geben würde? Eine Handy-Nummer? Wales. Das war so weit weg wie der Mond.
    Der Pfarrer nickte und trat wortlos zur Seite. Nico folgte Leon in einen schmalen, peinlich sauberen Flur. Der Boden war hell gekachelt, die Wände waren strahlend weiß. Eine Garderobe aus geöltem Kiefernholz versprühte den Charme frisch renovierter Kindertagesstätten.
    Nachdem sie ihre Jacken ausgezogen und an den Holzknäufen aufgehängt hatten, folgten sie Gero Schumacher in einen niedrigen, kühlen Raum, in dem mehrere Sessel und ein Schreibtisch verrieten, dass er wohl als Besprechungszimmer diente. Ein Holzkreuz an der Wand war der einzige Schmuck. Auf dem Couchtisch lagen christliche Zeitschriften, Broschüren für alle Eventualitäten – Pflege, Kinder, Tod und Glaubensfragen – und eine Bibel. Sie sah nicht sehr gelesen aus. Hier wurden also die Schäfchen der Gemeinde empfangen. Gero Schumacher würde es sich mit seinem Bademantel wohl kaum in diesen Räumen gemütlich machen.
    »Möchten Sie etwas trinken? Einen Tee vielleicht? Heiße Schokolade?«, fragte er.
    »Nein danke«, sagte Nico. Sie hielt die zusammengefalteten Blätter des Gästebuches in der Hand. Ihr entging nicht der neugierige Blick, den der Pfarrer darauf warf. »Wir wollen Sie auch nicht lange aufhalten.«
    »Dann nehmen Sie bitte Platz.«
    Nico und Leon setzten sich. Der Pfarrer zog den dritten Sessel so heran, dass er ihnen gegenübersitzen konnte.
    »Geht es um das, was ich heute Nachmittag zu Ihnen gesagt habe? Das tut mir leid. Ich hätte es anders ausdrücken sollen. Selbstverständlich sind Sie hier immer und jederzeit gerne gesehen.«
    Leon warf ihr einen fragenden Blick zu. Nico rieb sich die klammen Hände. Nach der Wärme in der Pizzeria war ihr beinahe kalt. Sie hatte das Gefühl, dass ihr etwas auffallen sollte in dem kargen Raum. Dass sie sich an etwas erinnern sollte, aber sie kam nicht darauf, was.
    »Wahrscheinlich haben Sie gemeint, ich hätte in meinem eigenen Interesse nie hierherkommen sollen. Ich habe es jedenfalls nicht als Warnung, sondern eher als Sorge um mich aufgefasst.«
    »So war es auch gemeint.« Der Pfarrer schien erleichtert. »Was kann ich für Sie tun?«
    Leon übernahm. »Vor zwölf Jahren, in jener Nacht, als Fili starb, waren Sie im Schwarzen Hirschen.«
    Der Pfarrer schloss die Augen. Er spielt das Nachdenken wirklich gut, dachte Nico. Als er sie wieder öffnete, hatte er wohl den Entschluss gefasst, sich zu erinnern.
    »Alle waren im Schwarzen Hirschen«, sagte er. »Das Haus wurde zu einer Art Einsatzzentrale für die Suchtrupps. Ein Kommen und Gehen. Der Bürgermeister, das Rote Kreuz, die Feuerwehr, die ganze Gemeinde war da, um der Familie Trost zu spenden.«
    »Waren sie auch bei Kiana? Hat Siebenlehen ihr auch … Trost gespendet?« Nico konnte sich diese Frage nicht verkneifen.
    »Kiana? Ich weiß es nicht. Die Kirche

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