Schattenherz
» Wie Sie das beschreiben, kann es doch durchaus sein, dass Malin Kowalski tatsächlich letzte Nacht bei ihrem Vater angerufen hat und dass sie und Anatol Simon nichts weiter wollen als einfach nur für eine Weile durch die Gegend gondeln und ihr junges Glück genieÃen.«
»Nein!« Franziska Reinhardt stand auf. »Nein, das halte ich anhand der Krankengeschichte der beiden für alles andere als glaubwürdig! Anatol ist viel zu wenig stabil, um ⦠«
»Wie gesagt ⦠«, unterbrach Dr. Spengler sie scharf. Er stand ebenfalls auf und machte damit deutlich, dass er das Gespräch damit als beendet betrachtete. »Wie gesagt: Einzelheiten dürfen wir Ihnen ohne Herrn Simonsâ Einverständnis und das von Herrn Gräther leider nicht mitteilen.«
»Klar. Müssen wir selber rausfinden. Aber immerhin. Danke.«
Zum Abschied gab Dr. Spengler den beiden Ermittlern wenigstens den Tipp, sich in Sachen Amtshilfe an die Deutsche Botschaft in Santo Domingo zu wenden. » Anatol Simonsâ Mutter ist vor ein paar Jahren in die Dominikanische Republik ausgewandert. Sie jobbt da wohl in einem Ferienresort. Mehr wissen wir auch nicht. Anatol hat den Kontakt zu ihr schon abgebrochen, bevor sie Deutschland verlassen hat. Aber bestimmt kann Anita Simons Ihnen im Zweifelsfall mehr sagen als die Damen vom Jugendamt.«
Die Beamten machten sich entsprechende Notizen und durchsuchten Malins und Anatols Zimmer.
Einen Hinweis auf den Aufenthaltsort der beiden fanden sie nicht.
Der alte Siewers machte innerlich drei Kreuze vor Erleichterung, als der dezent anthrazitfarbene Pkw mit den beiden Kommissaren das Gelände verlieÃ. SchlieÃlich befand sich unter seinem Schreibtisch ein Karton mit einer nagelneuen Umwälzpumpe für seinen Gartenteich; frisch geklaut von seinem Kumpel Svenni.
Nach dem völlig aus dem Ruder gelaufenen Einbruch hatten Anatol und Malin zunächst alles versucht, Kelly loszuwerden. Vergeblich.
»Wohin denn jetzt genau, ihr beiden SüÃen?«, fragte sie munter. Malin hatte erst einmal nur vage »Richtung Norden!« geantwortet, um sich auf der Rückbank von Kellys Wagen mit Anatol zu beraten.
»Helmut hätte nie im Leben was gemerkt, wenn wir einfach wie geplant die Papiere, die ich brauche, aus dem Geldschrank genommen und das Ding wieder ordentlich zugeschlossen hätten«, wisperte sie. »Danach hätten wir die Leiter wieder im Gartenhaus verstaut und fertig. Das offene Fenster wär ihm garantiert nicht aufgefallen. Das hatten wahrscheinlich sowieso die Maler auf Kippstellung gelassen, damit die Farbausdünstungen abziehen können.«
»Und jetzt?«
»Willst du zurück in die Klinik?«
Kopfschütteln.
»Sondern?«
»Ich weià nicht. Vielleicht ist es tatsächlich am besten, wenn wir erst mal in Svennis Abrisshaus fahren, oder? Da haben wir wenigstens ein Dach über dem Kopf und du kannst in Ruhe die Papiere durchgehen.«
»Okay.« Malin tippte Kelly auf die Schulter. »Du? Kelly? Wir fahren nach Bedekaspel!«
Kelly gab den Ortsnamen in ihr Navi ein und stieà kurz darauf einen kleinen Freudenschrei aus. »Hey, von da aus ist es ja nur ân Katzensprung bis zur Nordsee! Super! Fischers Fritze hab ich schon âne ganze Weile auf meiner Watchlist!«, erklärte sie strahlend. »Ich weià ja nicht, wo ihr da wohnen wollt, aber ich hab auf jeden Fall ân Zelt und ân Schlafsack dabei und jede Menge Zeit!«
Sie warf im Rückspiegel einen kurzen Blick in Anatols und Kellys wenig begeisterte Gesichter und kicherte. »Vergesst es! Ohne mich kommt ihr doch sowieso nicht klar!«
Bis jetzt hatte ich eher den Eindruck, dass wir ohne dich sogar bedeutend besser klargekommen wären , dachte Malin, aber sie war viel zu höflich, um das auszusprechen.
»Wer ist denn Fischers Fritze?«, fragte sie stattdessen.
»Das ist ân ziemlich cooler Cache; mitten im Watt.«
»Kaasch?«
»Cache! So nennt man beim Geocaching die Verstecke! Da guckst du dir die Koordinaten auf dem Internetportal aus, gibst die in ân GPS-Empfänger ein und marschierst los. Manche Caches sind echt tricky und total gut getarnt, andere sind voll easy und bekannt wie ân bunter Hund. Fischers Fritze ist schon fast so was wie ân Klassiker! Kennt jeder!«
Anatol und Malin waren erleichtert, ein unverfängliches Gesprächsthema gefunden zu
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