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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Bliefert
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die unten auf der Kommode stand.«
    Â»Das war ’ne Deckelvase aus dem achtzehnten Jahrhundert!«
    Â»Na und? Ich weiß nicht, was ihr habt! Erstens war das Ding potthässlich und zweitens sieht es jetzt so aus, als wär’s ’n ganz normaler Bruch! Ich hab sogar in dem Büro, in dem ihr wart, zur Sicherheit noch sämtliche Schubladen rausgerissen und den Inhalt in der Gegend verteilt! – Mensch, wenn ihr mich nicht hättet!«
    Dass im Zuge dieser Aktion Gräthers Waffe mitsamt Munition in ihrer Tasche gelandet war, ließ Kelly unerwähnt.
    Dr. Spengler wusste es zu schätzen, dass die beiden Beamten in Zivilkleidung und mit unauffälligem dunklem Wagen in der Klinik erschienen.
    Â»Meine Herren, uns ist – schon in unserem eigenen Interesse – sehr daran gelegen, möglichst schnell etwas über den Aufenthaltsort der beiden zu erfahren, aber…«
    Â»Aber?« Kriminalhauptkommissar Blümcke sah sich mit professioneller Neugier in Spenglers hoch elegantem Besprechungszimmer um.
    Â»Aber meine Kollegin und ich sind übereinstimmend zu der Überzeugung gelangt, dass zumindest bei Malin Kowalski keine Suizidgefahr besteht.«
    Â»Und bei Herrn Simon?«
    Spengler hob ratlos die Hände und schaute Hilfe suchend zu Franziska Reinhardt hinüber.
    Die junge Ärztin hatte zu diesem Thema ihre eigene Theorie.
    Â»Ich hatte den Eindruck, dass Malin Kowalski in dieser Hinsicht einen – wie soll ich das ausdrücken? – einen positiven Einfluss auf Anatol Simons hat.«
    Â»Die beiden sind also definitiv ein Paar?«
    Â»Ich glaube schon. Aber wissen Sie …« – die Ärztin zuckte seufzend die Achseln –, »… unsereins kann leider auch nach Studium, Approbation und jahrelanger Erfahrung noch nicht Gedanken lesen. Vielleicht sind den beiden ihre Gefühle füreinander noch gar nicht bewusst. Aber solange ich Anatol kenne, hat er noch nie einen Menschen so nah an sich herangelassen wie Malin.«
    Â»Aha?« Blümcke machte eine Kunstpause, aus der deutlich hervorging, dass er seine Zweifel an Franziska Reinhardts Schlussfolgerungen hatte. »Nur: Ist das nicht erst recht ein Anlass zur Besorgnis? Tristan und Isolde, Romeo und Julia und – nicht zu vergessen – Heinrich von Kleist und Henriette Vogel.«
    Die beiden Ärzte starrten Kommissar Blümcke einen Moment lang sprachlos an.
    Roland Blümcke zuckte die Achseln. »Ich hab mal Germanistik studiert…«
    Â»Ach so.«
    Â»Ach deshalb.«
    Mehr fiel den beiden Ärzten nicht dazu ein.
    Blümcke grinste. »… und Kriminalkommissare sind nur im Fernsehen zwangsläufig halbgebildete Schwerstdepressive mit Beziehungsproblemen.«
    Â»Das tröstet ungemein«, versetzte Franziska, »mindert allerdings dramatisch unsere potenzielle Patientenklientel.«
    Dr. Spengler lachte und damit hatten Blümcke und sein Kollege erreicht, was sie erreichen wollten: Das Eis war gebrochen.
    Natürlich galt sowohl für den Klinikchef als auch für seine Angestellte die ärztliche Schweigepflicht, aber bei Kaffee und Keksen gelang es den beiden Kommissaren erwartungsgemäß sehr viel leichter, Informationen aus den beiden herauszulocken, als in der steifen Atmosphäre, die zuvor geherrscht hatte.
    Â»Anatol Simons ist schon seit seinem vierzehnten Lebensjahr mein Patient«, erklärte Dr. Spengler. »Trotzdem haben wir erst vor Kurzem herausgefunden, was mit ihm passiert ist damals.«
    Â»Und das wäre?«
    Â»Anatol Simons ist schwer traumatisiert. Er wird gewaltige Schwierigkeiten haben, sich allein zurechtzufinden. Selbstverständlichkeiten wie zum Beispiel Busfahren oder ein Restaurant besuchen können für ihn ein unüberwindliches Hindernis darstellen.«
    Â»Na wunderbar! Dann wird er ja wohl nicht weit kommen«, versetzte Blümckes jüngerer Kollege trocken.
    Â»Tja …« Spengler hob ratlos die Schultern. »Wir sind selbst einigermaßen erstaunt darüber, dass Anatol den Schutz, den die Klinik ihm geboten hat, freiwillig verlassen hat. Und das auch noch auf so abenteuerliche Weise, dass wir uns beim besten Willen nicht erklären können, wie die beiden ungesehen das Gelände verlassen haben.«
    Â»Also wie ich das sehe, klingt das Ganze letzten Endes plausibel.« Zum ersten Mal mischte sich der jüngere der beiden Kommissare aktiv in das Gespräch ein.

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