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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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schwingen, doch plötzlich spürte er, wie die Erde sich drehte. Eine heftige, schlagartige Übelkeit befiel seinen Magen, als seine Kraft ihn plötzlich verließ.
    Gaborn glitt aus dem Sattel und stand einen Augenblick an sein Pferd gelehnt da.
    Ich werde, dachte er, von einer unsichtbaren Macht
    angegriffen.
    »Euer Hoheit?« erkundigte sich König Orwynne. »Seid Ihr wohlauf?« Die heftige Übelkeit flammte erneut auf, und eine Sekunde lang stand Gaborn wie benommen da, betäubt, und wußte nicht recht, wo er sich befand.
    Gaborn schüttelte den Kopf und kippte halb hinüber, während er sich auf der Veranda des Gasthauses niederließ.
    Die Veranda war schmutzig, aber warm. Die Menschen
    rückten zur Seite, um ihm Luft zu verschaffen.

»Ich glaube, er wurde vergiftet!« rief König Orwynne.
    »Nein – nein! Meine Übereigner sterben«, widersprach Gaborn mit schwacher Stimme. »Raj Ahten befindet sich im Blauen Turm.«
KAPITEL 19
Im Blauen Turm
    D
    en ganzen Vormittag hatte über dem Meer dichter Nebel gelegen, während Raj Ahten, angelockt vom Ruf der Seevögel und dem Geräusch der Wellen, die sich auf den Felsen brachen, zum Blauen Turm hinüberruderte.
    Im dichten Nebel hatte er die zur Bewachung des Turmes abgestellten Kriegsschiffe umschifft, bis er vor dessen Grundmauern stand.
    Seine Schulter schmerzte beim Rudern. König Mendellas Orden hatte ihn bei der Schlacht vor Longmot mit einem Fußtritt schwer verletzt, hatte ihm die Knochen seiner rechten Schulter zertrümmert. Dank Tausender Gaben des Durchhaltevermögens würde er es überleben, in der
    vergangenen Woche jedoch hatte er sich von Ärzten ein dutzendmal das Fleisch aufschneiden und die Knochen, in dem Versuch, sie zu richten, erneut brechen lassen. Seine Wunden waren in Minutenschnelle verheilt, die Schmerzen waren jedoch überaus quälend gewesen, und noch immer ging es seiner Schulter kaum besser.
    Im gleichen Zeitraum war es ihm gelungen, genügend
    Zwingeisen in die Hände zu bekommen, um seinen
    Stoffwechsel wieder zu erhöhen und sich für den Krieg zu rüsten.
    In jener Woche hatte er gelernt, seine Stimmgewalt als Waffe besser einzusetzen.
    Jetzt näherte er sich dem Blauen Turm, sah, wie er aus dem Nebel aufstieg. Sie war gewaltig, diese uralte Festung, die die große Mehrheit der Übereigner Mystarrias beherbergte.
    Raj Ahten stand im vorderen Teil eines kleinen, mit Häuten überzogenen Bootes aus Weidengeflecht und erzeugte in der Tiefe seiner Lunge einen tiefen und gewaltigen Ton. Das war kein Rufen. Eher ein Grollen, ein monoton gesungener Ton, der die Knochen durchrüttelte und die Luft erstarren ließ und der das Mauerwerk des Blauen Turmes in ein harmonisches Klirren versetzte.
    Er hielt den Ton lange, bis er das Krachen zersplitternden Gesteins vernahm, bis die Bediensteten im Blauen Turm entsetzt zu schreien begannen, mit Stimmen, die so fern und unbedeutend klangen wie der Schrei der Möwen, bis gewaltige Gesteinsbrocken donnernd aus der Festungsmauer brachen und eine Gischt emporschleudernd im Meer
    versanken.
    Noch immer hielt er seinen Ton, bis Dächer in Fußböden stürzten und Menschen sich im verzweifelten Versuch, dem Unheil zu entkommen, aus den Fenstern warfen.
    Und er hielt den Ton, bis Turm gegen Turm kippte, und Wasserspeier, die gräßliche Entstellungen der Menschen darstellten, von den Mauern fielen, bis der Blaue Turm in seiner Gesamtheit sich zur linken Seite neigte und mit lautem Klatschen ins Meer geschmettert wurde.
    Und weiterhin hielt er seinen Ton, bis Rauch und Staub von den Ruinen aufstiegen und die todbringenden Kriegsschiffe, die den Blauen Turm bewachten, die Segel hißten und auf ihn zuglitten.
    Der Blaue Turm war gefallen, und so sicher wie er gefallen war, würde auch Mystarria fallen. Die Übereigner in seinem Innern waren tot, genau wie ihre sämtlichen Bewacher.
    Raj Ahten wendete das Boot und legte sich aufs neue in die Ruder. Er glitt schneller durch den Nebel, als die Kriegsschiffe manövrieren konnten.
    Der Rücken tat ihm weh. Es war ihm jedoch ein Trost zu wissen, daß Gaborn Val Orden noch weitaus größere
    Schmerzen litt.
KAPITEL 20
Und dennoch ein Erdkönig
    G
    aborn hatte noch nie das Sterben eines Übereigners gespürt.
    Man hatte ihm das Gefühl beschrieben, die plötzlich auftretende Übelkeit, das Gefühl des Verlustes, wenn einem Muskelkraft oder Durchhaltevermögen entrissen wurden.
    Jetzt spürte er es in aller Schärfe. Woge auf Woge befiel ihn diese Übelkeit, während

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