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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Wäsche, die zu tief auf Leinen hing, nervöse Hühner liefen einem zwischen den Füßen herum, Gänse watschelten schreiend umher, in den Stallungen wieherten Pferde, während hellbraune Kühe einfach auf der Straße hockten.
    So viele Menschen und Tiere auf so engem Raum erzeugten einen üblen Geruch. Schon nach wenigen Minuten Fußmarsch durch den Gestank sehnte Roland sich danach, auf einem Turm oder auf einer Burgmauer zu stehen – oder, noch besser, wieder auf der Straße, weit entfernt von diesem Ort, auf dem Weg zurück zu Averan und der grünen Dame.
    Die Gardisten geleiteten ihn quer durch die Stadt hinauf in den Hauptinnenhof von Burg Carris selbst, und von dort in den Bergfried des Herzogs – einen mächtigen Turm, der alle anderen überragte.
    Die Einrichtung im Bergfried war ebenso erlesen wie die eines königlichen Palastes. Das Holz eines jeden Türpfostens, Stuhls und Tisches war geölt und auf Hochglanz poliert. Die dekorativen Lampenhalterungen aus Messing an allen Wänden waren mit Glashauben aus Ashoven überkrönt. Die Teppiche unter den Füßen waren kostbar, und die verputzten Mauern waren mit Bildern von roten Mohnfeldern bemalt.
    Der Herzog, ein verschlagen aussehender Kerl mit
    dreieckigem Gesicht, befand sich im obersten Teil des Turmes, umgeben von Beratern, die Roland schon einmal gesehen hatte – Männer, die König Orden Gaben der Geisteskraft abgetreten hatten und die eine Woche zuvor im Blauen Turm
    wiederhergestellt worden waren.
    Einer der Berater sagte gerade: »Wenn der Erdkönig uns befohlen hat zu fliehen, dann müssen wir ihm gehorchen.«
    Doch Herzog Paldane schlug krachend mit der Faust auf den Eichentisch. »Der Erdkönig ist nicht hier«, brüllte er. »Ich habe vierhunderttausend Zivilisten, die unter meinem Schutz stehen, und wir sind umzingelt von Raj Ahtens Truppen. Ich kann sie nicht einfach bitten, nach draußen auf die Ebene zu fliehen, wo seine Unbesiegbaren sich einen Spaß daraus machen werden, sie abzuschlachten.«
    Der alte Berater Jerimas schüttelte den altersgrauen Kopf.
    »Das gefällt mir nicht«, widersprach er. »Wenn der Erdkönig uns gewarnt hat, sollten wir auch auf ihn hören, mein Herzog.«
    »Auf ihn hören, wie denn?« fragte Paldane. »Er hat uns keinerlei Anweisungen erteilt. Fliehen? Wohin denn? Wann?
    Wovor?«
    »Ihr tut, als wäret Ihr der Ansicht, die Mauern von Carris könnten uns beschützen«, sagte der alte Jerimas. »Ihr setzt großes Vertrauen in Stein – und das nach allem, was geschehen ist. Vielleicht solltet Ihr Vertrauen in Euern König setzen.«
    »Ich habe Vertrauen in meinen König«, entgegnete Paldane.
    »Aber warum belastet er mich mit widersprüchlichen
    Befehlen?«
    Die Berater zogen ein besorgtes Gesicht. Bereits nach wenigen Augenblicken konnte Roland heraushören, daß sie zu viele Fragen hatten und zu wenige Antworten. Sie erweckten den Eindruck, als hätten sie sich bereits geschlagen gegeben.
    Der Herzog sah kurz auf, erblickte Roland, und sein Mund klappte überrascht nach unten. »Sir Borenson? Was tut Ihr hier? Bringt Ihr weitere Anweisungen des Königs?«
    »Nein«, sagte Roland. »Ich bin nicht Sir Borenson, wir sind allerdings verwandt.«
    Roland überreichte Paldane die Botentasche, und der Herzog rollte daraufhin das Pergament auseinander, warf einen zerstreuten Blick darauf und gab es Roland dann mit einem knappen Danke zurück.
    Greifer hatten Bergfried Haberd überrannt, und Herzog Paldane zuckte nicht einmal mit der Wimper.
    »Mein Lord?« fragte Roland.
    »Ich weiß«, erwiderte der Herzog. »Baron Poll hat dieselbe Nachricht schon vor Stunden überbracht. Daran ist nichts zu ändern. Wir befinden uns im Belagerungszustand, und die Boten des Königs bitten mich einfach, ich soll fliehen!«
    »Belagerungszustand, mein Lord?« fragte Roland verblüfft.
    Raj Ahten hatte keine Katapulte in die Nähe der Mauern geschafft. Tatsächlich schien er im Umkreis von Meilen keine Truppen stationiert zu haben.
    »Ganz recht«, antwortete der Herzog, als sei Roland ein wenig begriffsstutzig.
    »Mein Lord«, fragte Roland, »ich hatte gehofft, die Burg wieder verlassen zu können. Ein paar Freunde halten sich südlich von hier versteckt, ein junges Mädchen, das auf mich angewiesen ist.«
    Der Herzog überlegte eine halbe Sekunde. »Niemand verläßt die Burg. Das wäre zu gefährlich, zudem sind die Mauern seit der Zerstörung des Blauen Turmes hoffnungslos unterbesetzt.«
    »Seit der Zerstörung?« fragte Roland,

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