Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
Vom Netzwerk:
man ihn seiner Gaben beraubte. Seine Rüstung schien plötzlich schwer auf seinem Körper zu lasten – ein erdrückendes Gewicht, das ihn nach unten zog.
    Er hatte drei Nächte lang nicht geschlafen. Dank seiner Gaben des Durchhaltevermögens hatte ihm das nicht viel ausgemacht, jetzt dagegen überwältigte ihn die Erschöpfung.
    Er war verstört, todmüde. König Orwynnes Gesicht war starr vor Entsetzen.
    Gaborn klappte nach vorn zusammen und legte sich eine Hand auf den Bauch, als krümmte er sich unter einem Schlag.
    Doch seine größte Sorge galt nicht einmal sich selbst.
    Der Blaue Turm beherbergte den weitaus größten Teil aller Übereigner, die Mystarria dienten. Wichtiger noch, die Krieger von Mystarria stellten annähernd ein Drittel aller Kraftsoldaten in sämtlichen Königreichen Rofehavans.
    Herzog Paldanes Krieger, die besten in ganz Mystarria, würden in wenigen Augenblicken zu wertlosen Gewöhnlichen oder, wegen des Verlustes ihrer Haupteigenschaften, zu ›Kriegern von mangelnder Ausgewogenheit werden: stark vielleicht, doch langsam, oder klug und dabei schwach.
    Selbst in diesem Augenblick hielt Herzog Paldane seine Krieger noch dazu an, vor Raj Ahtens Truppen Aufstellung zu nehmen, dabei wetzten dessen Unbesiegbare bereits die Klingen für das Gemetzel.
    Vergangene Nacht hatte Gaborn sich gefragt, wo Raj Ahten steckte. Jetzt wußte er es.
    Mystarria würde zerstört werden, und damit würde
    höchstwahrscheinlich der gesamte Norden zusammenbrechen.
    Gaborn fragte sich, wie es dazu hatte kommen können.
    Gewiß, Herzog Paldane hatte die Verteidigungsanlagen des Blauen Turms verstärkt – hatte die Bewachung verdoppelt oder vervierfacht.
    Vor seinem inneren Auge sah Gaborn, wie die Turmmauern zersplitterten und ein riesiges Bruchstück nach dem anderen ins Meer stürzte.
    Gaborn hatte das Gefühl, auf die gleiche Weise zu zerbröckeln. Seine Kräfte schwanden, während ihm seine drei Gaben der Muskelkraft entrissen wurden. Seine Augen trübten sich, als die blinden Übereigner im Turm fielen.
    Er war stolz auf das gewesen, was man ihm im Haus des Verstehens beigebracht hatte, als ihm jedoch seine zwei Gaben der Geisteskraft genommen wurde, vergaß er in wenigen Augenblicken mehr als die Hälfte dessen, was er je gelernt hatte, und konnte sich nicht mal mehr das Bild von Iome ins Gedächtnis rufen. Die fernen Rufe der Singvögel über der Stadt klangen plötzlich gedämpft, da sein Gehör nachließ.
    Als ihn die Ungeheuerlichkeit dessen, was geschah, mit ihrer ganzen Wucht traf, brüllte Gaborn seinen Days in einem Anfall blinder Wut an: »Bastard! Feiger Bastard! Wie könnt Ihr es wagen, mich nicht zu warnen?« Doch seine eigene Stimme kam ihm schwächlich vor, weit entfernt, während die Stummen in seinen Diensten für immer zum Schweigen gebracht wurden. »Ein schlechter Tag für die Bücher, fürwahr!«
    »Es tut mir leid«, entschuldigte sich der Days vergeblich noch einmal.
    König Orwynne setzte sich neben Gaborn auf die Veranda und faßte ihn bei den Schultern. »Ruht Euch aus«, sagte der alte Mann. »Ruht Euch aus. Hat er alle Eure Übereigner umgebracht?«
    Gaborn saß da und kämpfte gegen das Verlangen an, sich der Erschöpfung hinzugeben, sich der Grausamkeit
    auszuliefern und alle Hoffnung aufzugeben. »Sie sind tot!« rief er. »Der Blaue Turm existiert nicht mehr.«
    »Euer Hoheit, Ihr seht aus wie eine Leiche«, sagte König Orwynne. »Was sollen wir jetzt tun? Wohin sollen wir gehen?
    Wollt Ihr nach Burg Sylvarresta zurückkehren und weitere Gaben empfangen, bevor wir nach Süden weiterreiten?«
    Gaborn war nur einen halben Tag von der Burg entfernt. Die Krieger, die ihn jetzt begleiteten, waren vielleicht alles, was er hatte, um sich Raj Ahten entgegenzustellen. Doch er wagte nicht, nach Burg Sylvarresta zurückzukehren.
    »Nein, wir müssen weiterreiten«, erklärte er. »Ich bin so kräftig wie jeder andere. Noch bin ich der Erdkönig.«
    Er erhob sich mühsam von der Veranda und kletterte in den Sattel.
    Die Gefahr, die seinen Männern drohte, durfte er nicht länger ignorieren. Der Glorreiche der Finsternis war nicht mehr weit entfernt. »Seid gewarnt«, ließ er seinen Erwählten Kriegern zukommen. »Der Tod ist nah.«
KAPITEL 21
Der Preis eines Mahls
    K
    urz nach Mittag verlor Borenson seine Gaben. Er saß auf seinem Pferd und spürte, wie ihn sein Stoffwechsel im Stich ließ, wie sich sein Dasein bis zu jenem Tempo verlangsamte, in dem andere Menschen leben.
    Anfangs

Weitere Kostenlose Bücher