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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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die Bewegungen der Störe widerspiegelten.
    Ein großer Stör schwamm herbei, dicht unter seine Hand.
    Sein blauschwarzer Rücken war Gaborn ganz nahe. Seine Kiemen öffneten und schlossen sich rhythmisch, während er den König ansah und seine Finger wie eine Beute betrachtete.
    Der Fisch näherte sich Myrrima beängstigend.
    »So ist es recht. Ich werde dich beschützen, wenn ich kann«, flüsterte Gaborn dem Fisch in unbekümmertem Tonfall zu.
    »Verrate mir, was macht dir angst?«
    Er fuhr fort, Runen zu zeichnen, starrte lange Minuten in die Augen des Fisches und in seinen Geist. Schließlich runzelte er die Stirn, als verwirre ihn das, was er dort erfuhr. »Ich sehe Finsternis im Wasser«, murmelte er. »Ich sehe Finsternis, und ich schmecke Metall. Ich spüre… ein Würgen. Ich schmecke…
    Metall. Etwas Rotes kommt auf uns zu.«
    Der junge König hielt inne und schien fast das Atmen einzustellen. Seine Augen brachen und verdrehten sich nach oben. Myrrima befürchtete schon einen Anfall. Binnesman rief: »König Orden«, doch Gaborn rührte sich nicht. Myrrima überlegte, ob sie den König festhalten sollte, um zu verhindern, daß er stürzte, doch Binnesman kletterte hinunter zum Rand des Wassers und berührte ihn an der Schulter.
    »Was ist?« fragte Gaborn, nachdem er aus seiner Erstarrung erwacht war. Er stützte sich auf den flachen Felsen.
    »Wovor fürchten sie sich?« fragte Binnesman.
    »Ich glaube, sie fürchten sich vor Blut«, antwortete Gaborn.
    »Sie befürchten, der Fluß könnte sich mit Blut füllen.«
    Binnesman zog seinen Stecken fest an seine Brust und runzelte, entsetzt den Kopf schüttelnd, die Stirn.
    »Das kann ich nicht glauben. Nichts deutet darauf hin, daß sich eine Armee im Anmarsch befindet, und es wäre schon eine gewaltige Schlacht vonnöten, um den Fluß mit Blut zu füllen. Raj Ahten ist weit fort. Und doch geschieht etwas Seltsames«, meinte er. »Ich habe es die ganze Nacht über gespürt. Die Erde leidet Qualen. Ich spüre es wie Nadelstiche auf meiner Haut – nördlich von hier, in Nord-Crowthen, und dann wieder tief im Süden. Sie bebt an weit entlegenen Orten, und sogar hier, unter unseren Füßen, gibt es schwache Bewegungen.«
    Gaborn zuckte die Achseln. »Ich finde, es ist trotzdem ein Trost, die Zauberer im Burggraben zu wissen.« Er wandte sich um und richtete das Wort an die Menge aus jungen Burschen mit ihren Speeren, Bögen und Netzen. »Erlaubt niemandem, in diesem Gewässer zu fischen oder es auf irgendeine Weise zu verunreinigen. Erlaubt niemandem, darin zu schwimmen.
    Diese Zauberer werden bleiben und unsere Gäste sein.«
    Gaborn fragte Binnesman: »Können wir den Burggraben vom Fluß abriegeln?« Myrrima wußte, dies dürfte nicht allzu schwer sein. Ein kleiner Damm flußaufwärts lenkte das Wasser in den Kanal, der wiederum den Graben speiste.
    »Natürlich«, antwortet Binnesman. Er sah sich um. »Du, Daffy und Hugh, lauft und schließt den Zulaufkanal. Und beeilt euch.«
    Zwei stramme Jungen rannten mit fliegenden Hemdzipfeln flußaufwärts.
    Der Zauberer richtete sich zu seiner vollen Größe auf und schaute hinauf in die Morgensonne. »Mein Herr«, sagte er so leise, daß die meisten der Umstehenden es nicht gehört haben konnten. »Die Erde spricht zu uns. Manchmal spricht sie in den Bewegungen der Vögel und Tiere, manchmal im Zermalmen von Gestein. Aber nichtsdestotrotz, sie spricht. Ich weiß nicht, was sie sagt, aber diese Geschichte gefällt mir nicht: Flüsse, die mit Blut gefüllt sind.«
    Gaborn nickte. »Was soll ich tun?«
    Nachdenklich sagte Binnesman: »Raj Ahten hatte, bevor Ihr sie getötet habt, eine mächtige Feuerdeuterin in seinem Gefolge. Trotzdem bin ich überzeugt, daß nach wie vor ganze Wälder jenen Kräften geopfert werden, denen die Flammenweber dienten.«
    »Ja«, meinte Gaborn.
    »Ich würde nicht bei Tageslicht von Plänen sprechen, an deren Geheimhaltung mir etwas liegt. Ich würde es auch nicht in Anwesenheit eines Feuers tun, nicht einmal vor der Flamme einer Kerze. Haltet Eure Ratsversammlungen, wenn es sein muß, bei Sternenlicht ab. Oder noch besser, in einem abgedunkelten, gemauerten Saal, wo die Erde Eure Worte abschirmen kann.«
    Gaborn nickte. Myrrima wußte, gelegentlich behaupteten mächtige Flammenweber, sie könnten die Worte, die andere ihrer Art Hunderte von Meilen entfernt sprachen, klar und deutlich verstehen, wenn sie nur den leise flüsternden Zungen der Flammen lauschten. Myrrima hatte allerdings

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