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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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drückte Myrrimas Hand.
    Diese betrachtete die Fische nur staunend. Es gab Gerüchte über sehr alte Fische oben im Oberlauf des Wye, die Magie besaßen und die angeblich kein Mensch fangen konnte. Sie fragte sich, was sie hier wollten.
    Iome fragte: »Aber auch wenn die Mächte sie vorziehen, was können sie uns nützen? Wir können nicht mit ihnen
    sprechen.«
    »Wir können uns vielleicht nicht gut mit ihnen unterhalten«, antwortete Binnesman, »aber Gaborn kann ihnen zuhören.«
    Der König schaute zum Zauberer hoch und zeigte
    Überraschung darüber, daß der Erdwächter ihn dieses Kunststückes für fähig hielt. »Benutzt den Erdblick«, wies Binnesman ihn an. »Dafür ist er da.«
    Hinter ihnen versammelte sich eine Menschenmenge aus Kindern und Schaulustigen. Mehrere große Jungen hatten Fischnetze vom Flußufer herbeigeholt, andere hatten in der Hoffnung Speere und Bögen zusammengetragen, die Störe in eine Mahlzeit zu verwandeln, vorausgesetzt, der König erlaube dies. Die Aussicht, ihnen könnte ein Festessen entgehen, stimmte sie ein wenig unglücklich.
    Jetzt, da die Sonne ein wenig höher gestiegen war und ihre Strahlen im schrägen Winkel einfielen, konnte Myrrima die riesigen Störe mit ihren dunkelblauen Rücken ohne Schwierigkeiten erkennen. Ihre Rückenflossen durchschnitten das Wasser, während sie nahe der Oberfläche kreisten und nach einem seltsamen Muster umherschwammen. Ein zufälliger Beobachter konnte den Eindruck bekommen, sie schlügen mit den Flossen auf die Wasseroberfläche wie Lachse, die sich auf das Laichen vorbereiten.
    »Was mag mit dem Wasser hier im Graben geschehen sein, seit sie damit angefangen haben?« überlegte Gaborn laut.
    »Der Wasserstand im Graben steigt«, antwortete Binnesman.
    »Ich würde sagen, seit heute morgen wenigstens um einen Fuß.« Er kletterte zum Rand des Grabens hinunter und tauchte seine Finger hinein. »Und das Wasser wird zusehends kälter, ist allerdings auch sehr viel klarer geworden. Die Trübstoffe setzen sich ab.«
    Ein Fisch schwamm träge ein ›S‹, tauchte dann unter die Oberfläche und kam wieder hoch, einfach so, um einen Punkt unter das Ende zu setzen, den er dann durchstrich. Gaborn zeichnete die Figur mit seinem Finger nach.
    »Seht dort drüben«, sagte Binnesman, auf den Stör zeigend.
    »Der Fisch malt Schutzrunen.«
    Gaborn erwiderte: »Ich sehe sie. Es sind einfache
    Wasserrunen, die mir mein Vater als Kind beigebracht hat.
    Wovor, glaubt Ihr, suchen sie Schutz?«
    »Das weiß ich nicht.« Binnesman starrte versunken vor sich hin und schien die Antwort im Auge eines Störs abzulesen.
    »Wieso fragt Ihr sie nicht selbst?«
    »Gleich«, versprach Gaborn. »Ich habe noch nie versucht, meinen Erdblick bei einem Tier anzuwenden. Zuerst möchte ich meine Gedanken ordnen.«
    Einige tiefgrüne Libellen flogen summend vorüber, während Myrrima und Iome lange Hand in Hand dastanden und die Runen betrachteten, die die Fische zeichneten. Jeder der Störe hatte sich eine Stelle ausgesucht, die frei von Schilf und Lilienblättern war. Gaborn und Binnesman unterhielten sich über die Runen. Einer der Störe malte gleich neben einigen Teichkolben wieder und wieder Schutzrunen. Gaborn berichtete, ein anderer ziehe nahe der Teichmitte Runen der Reinheit, eine Rune, die der Reinigung des Wassers diente. Ein dritter malte Runen, in denen Binnesman jene der Heilkunst erkannte. Wieder und immer wieder.
    Etwas weiter entfernt schwamm ein Fisch in den Tiefen des Burggrabens Runen, die weder Gaborn noch Binnesman je zuvor gesehen hatten. Selbst Gaborn, der als Prinz an den Höfen von Tide erzogen worden war, wo Wasserzauberer alltäglich waren, konnte sich keinen Reim darauf machen. Er vermutete, daß dieser Zauberer das Wasser kühlte, war sich dessen aber nicht sicher.
    »Glaubt Ihr wirklich, das Wasser ist so viel kälter?« fragte Iome tuschelnd Myrrima.
    »Ich werde es herausfinden«, antwortete sie, kletterte hinunter und steckte die Hand hinein, was sich niemand sonst am Ufer traute. Es war bitterkalt, so kühl und frisch wie die tiefsten Seen in den Bergen. Die Uferlinie des Grabens kam ihr tatsächlich höher vor als in der vergangenen Woche.
    Myrrima nickte Iome zu. »Es ist eiskalt.«
    Gaborn kletterte zu einem riesigen flachen Fels in Myrrimas Nähe hinunter, beugte sich über die glasklare Oberfläche des Burggrabens und begann nun ebenfalls, Runen auf das Wasser zu zeichnen. Myrrima verfolgte seine einfachen Schutzrunen, in denen sich

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