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Schattenjäger

Schattenjäger

Titel: Schattenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Golden
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darüber, dass sie sich in diese Situation gebracht hatte.
    Sie lag auf dem kalten Steinboden. Die Hände hatte man ihr mit einer Art Schnur auf den Rücken gebunden. Vorsichtige, versuchsweise Bewegungen zeigten ihr, dass auch ihre nach hinten gezwungenen Beine gefesselt waren; außerdem hatte man etwas an den Fesseln befestigt, sodass sie quasi zu einem Bündel verschnürt war.
    Dass sie sich seit einiger Zeit in dieser Haltung befand, bewiesen die ziehenden Schmerzen in ihren Muskeln.
    Sie war nicht mehr dort, wo man sie angegriffen hatte. Man hatte sie irgendwo anders hingebracht, in eine schwach beleuchtete Nische irgendwo in dieser gewaltigen unterirdischen Stadt.
    Rosemary hob den Kopf an, um sich umzuschauen. Waren diejenigen, die sie gefangen genommen hatten, hier, oder hatte man sie allein zurückgelassen?
    »Du bist also wach«, erklang in ihrem Kopf eine Stimme. »Gut. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, Alzadar könnte dir bleibenden Schaden zugefügt haben.«
    Damit war eine Frage beantwortet: Die, die sie gefangen genommen hatten, waren anwesend – unter ihnen der zum Geschmiedeten gewordene Templer Alzadar.
    »Na, und das wollen wir doch nicht, oder?«, gab sie fröhlich zurück. Es hatte keinen Sinn, eine Flucht zu planen, wenn man von Leuten umringt war, die Gedanken lesen konnten.
    Die Blockade, die Zamara errichtet hatte, sollte sie davor bewahren, von den Tal’darim entdeckt zu werden – wenn sie allerdings dumm genug war, buchstäblich über deren Füße zu stolpern, boten ihr derlei Vorkehrungen keinen Schutz. Außerdem hatte die Abschirmung sich inzwischen abgenutzt, wie Zamara es angekündigt hatte, und das hieß, die anderen wussten jetzt wahrscheinlich alles, was sie wusste.
    Sie versuchte, nicht daran zu denken, und konnte doch nicht aufhören – in etwa so, wie wenn man zu jemandem sagte: »Denk nicht an einen rosa Elefanten«, woraufhin der andere vor seinem geistigen Auge nichts anderes mehr sah als ein pinkfarbenes Rüsseltier. So dachte sie natürlich augenblicklich an einen rosa Elefanten.
    Die Verwirrung, die der Vergleich bei ihren Häschern hervorrief, bescherte ihr ein kurzes, aber befriedigendes Gefühl von Belustigung.
    »Da ich nur vorübergehenden Schaden genommen habe, kann ich damit leben«, fuhr sie fort. »Ihr habt mich nicht kurzerhand umgebracht, und das heißt also, dass ihr etwas von mir wollt.«
    Lange, kühle Hände fassten nach ihrem Körper und drehten und richteten ihn so, dass sie etwas sehen konnte. Sie biss sich aufdie Lippe, um nicht aufzuschreien, um ihnen nicht die Befriedigung zu geben, zu wissen, wie weh sie ihr taten, und dachte dann: Das war dumm, denn natürlich konnten sie ihre Gedanken lesen.
    Herrgott, allmählich ging ihr diese ganze Gedankenleserei wirklich auf den Senkel. Sie hielt an der Wut fest und sah sich unter den Protoss um. Die meisten standen etwas entfernt, zwei allerdings blickten auf sie herab.
    Insgesamt sahen sie den Shel’na Kryhas ziemlich ähnlich. Einen ohne weiteres zu erkennenden optischen Unterschied gab es jedenfalls nicht zwischen den beiden Parteien. Sie waren von unterschiedlichen Farben, angefangen bei Violett über Grau bis hin zu Blau, und auf ihren Gesichtern waren diverse Wülste und Furchen zu sehen. In ihren eigenen Augen unterschieden sie sich zweifellos voneinander, genau wie menschliche Gesichter sich für Menschen voneinander unterschieden. Aber für Rosemary Dahl sahen sie alle aus wie… Protoss.
    Offenbar war das der falsche Gedanke. Die Augen des Protoss, der vermutlich der Anführer war – Feianis hieß er, wie sie sich erinnerte –, wurden schmaler und verdüsterten sich. Er beugte sich leicht vorne über. Der andere, von dem Rosemary annahm, er sei Alzadar, blieb beinahe beängstigend ruhig und starrte sie an, ohne zu blinzeln.
    »Wir sind ganz anders als die Shel’na Kryhas!«, schrie Feianis. »Wir sind keine erleuchteten Narren, die stur an der fehlerhaften Vergangenheit festhalten, eben jene Vergangenheit, die uns ins Desaster führte. Wir wurden schon einmal, vor langer, langer Zeit, von den Wesen verlassen, die wir liebten und denen wir vertrauten. Aber dieses Mal ist bei weitem schlimmer. Dieses Mal wurden wir von unserem eigenen Volk im Stich gelassen!«
    Weitere Gedanken prasselten auf Rosemary ein. Die Emotionen der Protoss nahm sie jedoch nicht wahr; vielleicht hatten sie die fest im Griff. Darüber war sie froh. Schon ihre bloßen Gedanken waren für Rosemarys Geist schwer genug zu

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