Schattenjäger
ertragen.
Feianis ging auf und ab. Alzadar musterte sie weiterhin mit fast unnatürlicher Ruhe. Rosemary starrte trotzig zurück.
»Unser einziger Trost besteht darin, dass jene, die von Aiur flohen und uns zurückließen, inzwischen sehr wahrscheinlich tot sind«, sagte Feianis. »Den Dunklen Templern darf man nicht trauen. Nur wir überleben – die Tal’darim, die Geschmiedeten. Nur wir waren würdig, hierher gerufen zu werden, an die alten Orte unseres Volkes. Unser Gönner gibt auf uns Acht. Er beschützt und bewahrt, und er lehrt uns, wie wir uns gegen die Zerg verteidigen können.«
Mentales Murmeln pflichtete ihm bei. Rosemary sah sich um und entsann sich, dass die Zahl der Geschmiedeten zunahm, während die der Shel’na Kryhas schwand, nicht nur infolge der Zergangriffe, sondern auch, weil viele sich absetzten.
»Apropos den Rücken kehren und im Stich lassen – wer unter euch sind die Deserteure?«, verlangte Rosemary zu wissen.
Etliche von ihnen drehten ruckartig den Kopf und blickten sie an. »Du urteilst über etwas, das du nicht verstehst, Mensch«, sagte einer von ihnen.
Rosemary hatte immer noch Mühe, einzelne Protoss voneinander zu unterscheiden, aber sie war ziemlich sicher, dass sie unter diesen hier einen der Shel’na Kryhas erkannte, der an ihrer Rettung beteiligt gewesen und kurz darauf verschwunden war.
»Genau wie ihr«, gab sie scharf zurück.
Feianis machte eine abschätzige Handbewegung. »Wir verstehen dich gut genug«, sagte er. »Wie du schon vermutet hast, lesen wir deine Gedanken.«
»Warum braucht ihr mich dann noch lebend, wenn ihr doch schon alles wisst, was ich weiß?« Sie versuchte, ihre Hände und Füße ein wenig zu bewegen, um die Blutzufuhr wieder inGang zu bringen, aber der Schmerz war zu groß, und sie keuchte auf.
»Feianis, das ist doch albern«, sagte einer der Protoss. »Alzadars Idee wird nicht funktionieren. Sie unterscheidet sich zu sehr von uns. Wir sollten sie dem Gönner anbieten. Vielleicht hat er Verwendung für sie. Oder lass sie uns selbst töten und ihre Leiche zu ihren verräterischen Verbündeten zurückschicken, damit sie darüber stolpern.«
»Still«, befahl Feianis. »Wenn der Plan nicht klappt, ist immer noch genug Zeit, um sie dem Xava’tor darzubieten.« Er richtete seine blau funkelnden Augen wieder auf Rosemary. »Wir ließen dich am Leben, weil sie dir vertrauen. Vor allem der andere Terraner.« Darüber musste sie lachen. »Ihr wollt, dass ich für euch spioniere?«
»Es wäre in deinem eigenen Interesse, Mensch.«
»Wie zum Teufel kommst du denn darauf? Von den offensichtlichen Gründen einmal abgesehen.« Sie stellte sich vor, wieder imstande zu sein, ihre Glieder zu bewegen.
Feianis senkte die Lider und neigte den Kopf. Gelächter, so trocken wie raschelnde Blätter auf toter Erde, erfüllte ihren Kopf. »Reichen die offensichtlichen Gründe etwa nicht aus?«
Damit hatte er sie kalt erwischt. Nur einmal hatte Rosemary bisher jemandem die Treue geschworen und es ehrlich gemeint: Ethan Stewart, den sie, wie ihr erst jetzt bewusst wurde, geliebt hätte. Sie setzte eine grimmige Miene auf, die ihr selbst galt. Sie wurde mürbe. Dieser geistige Hammerschlag, den Jake ihr verpasst hatte, machte sie ganz gaga. Oder vielleicht war es auch der Schmerz, der sie auslaugte. Sie war sich nicht sicher.
Es lag auf der Hand, was geschehen würde, wenn sie nicht kooperierte. Man würde sie diesem Gönner, wer auch immer das sein mochte, ausliefern oder ihr die Kehle durchschneiden und sie beseitigen wie den Müll von gestern. Dennoch…
»Zamara ist eine Bewahrerin. Ich dachte, selbst die Geschmiedeten hätten vor so etwas Respekt.«
»Den hatten wir einmal, ja. Aber unser Erbe bedeutet uns nichts mehr. Wichtig ist uns nur noch unsere Zukunft, nur noch das, was der Xava’tor uns geben kann. Was du zu tun versuchtest – was Zamara und Jake und Ladranix tun wollen –, widerspricht seinen Wünschen. Ihr dürft die Höhlen nicht betreten. Das werden wir nicht zulassen. Und… der Xava’tor will die Bewahrerin haben.«
»Und ihr wollt mich benutzen, um Zamara zu ihm zu locken? Hör zu, Freundchen, wenn du meine Gedanken so genau gelesen hast, wie du es glaubst, dann weißt du eines mit Sicherheit: Ich will von diesem Felsbrocken runter. Zamara sagt, dafür kann sie sorgen. Und darum werde ich mich auf keinen Fall gegen sie stellen.« Menschen gegenüber hätte sie zu bluffen versucht. Aber bei den Protoss war ein solcher Versuch
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