Schattenjagd
um mit ihm an meiner Seite in meinem Bett wieder aufzuwachen. Einmal mehr versuchte er, mich zu beruhigen, als ich aus einem Traum hochschreckte, in dem man mich auf kalten glasigen Fels gekettet hatte und das Ding von außen sich einen Weg in mich hinein erzwingen wollte.
Doch Saul war da. Und allein seine Wärme war genug, um dieses Monster fernzuhalten.
Ich schlüpfte in meinen neuen Trenchcoat aus Leder und schlang die Finger um den Knauf der neuen Peitsche. Mein Equipment auszutauschen ging ganz schön ins Geld, aber der Gefahrenzuschlag des FBI war ein hübscher Batzen gewesen.
„Bist du dir sicher, dass du das durchziehen willst?“, fragte Saul und zog eine verbitterte Schnute. Die Nachmittagssonne fiel in dicken goldenen Strahlen schräg durchs Fenster. Der Frühling stand vor der Tür, zumindest hoffte ich das.
Ich hielt mir die Hand vor die Nase und sah, dass sie nur eine Winzigkeit zitterte. Dann konzentrierte ich mich, bis das Zittern aufhörte, und lockerte den Griff. Unter ihrem Lederreif glühte die Narbe. „Ich muss ihm doch sagen, dass ich in Urlaub fahre. Dauert nur fünf Minuten.“
„Du hast ihm in den Kopf geschossen.“ Saul verschränkte die Arme. Sein Blick ruhte auf mir und sank dann zu Boden. „Er war nicht besonders erfreut darüber, Kätzchen. Er hat ein paar ziemlich hässliche Sachen gesagt.“
„Er hat einen Sorrow-Kreis durchbrochen und es mit einem chaldäischen Gott aufgenommen, um …“
„Aber nur, weil er denkt, dass du sein Eigentum bist, Kätzchen. Weil er Höllenbrut ist. Lieber tötet er dich selbst, als zuzulassen, dass ein anderer Dämon dich betatscht. Warum gehen wir nicht einfach?“ Er hatte die Koffer schon alle in den Impala geladen, und vor drei Wochen würde ich keinen neuen Pager bekommen.
Weil ich das hier zu Ende bringen muss. Ich überprüfte meine Pistole noch einmal, bevor ich sie einsteckte. Auch einen neuen Satz Messer hatte ich mir gegönnt. „Ich wünschte, wir hätten meine Ausrüstung wiedergefunden“, murrte ich. „Verfluchte Scheiße.“
Plötzlich setzte erneut der Schüttelfrost ein, und sofort war Saul da und legte die Arme um mich. Er ging ein wenig in die Knie, damit ich mein Gesicht an seinem Hals vergraben und seinen Geruch einatmen konnte, so tief wie möglich. Bis in meine Lungen.
Trotzdem roch ich noch immer Amber. Und eine faulige Brise, die an meiner Haut zu kleben schien, egal wie oft und wie wund ich mich auch schrubbte.
Andys Lehrling war über dem Micky’s einquartiert, in einer Gästewohnung für Jäger auf der Durchreise. Anjas Lehrling, der schon beinahe ein voll ausgebildeter Jäger war, sollte mit dem Abendzug ankommen. Galina würde ihn abholen und ihn bei sich unterbringen. Die Werwesen würden regelmäßige Patrouillen auch außerhalb des Barrio laufen. Aber seit der Zerstörung des Sorrow-Hauses war es ohnehin recht ruhig gewesen.
Zum Glück.
Saul streichelte mir über den Rücken, schob die Hände unter meinen Mantel und zog mein T-Shirt hoch. Seine Handflächen berührten meine Haut, und er zog mich näher, näher zu sich. Ich konnte kaum noch atmen, aber genau so wollte ich es.
Die silbernen Amulette in meinem Haar stießen klimpernd aneinander, und nach und nach flaute das Zittern ab. Jede Welle war ein Stückchen weniger intensiv. Saul redete mir gut zu, murmelte tröstenden Unfug, schnurrte auf Puma, bis es endlich ganz aufhörte. Und auch dann ließ er mich noch nicht los.
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter. Atmete Sauls Geruch ein. Moschus, Männlichkeit, Leder – der beste Duft der Welt. Geborgenheit. Immer wieder flüsterte ich seinen Namen.
Endlich war der Anfall vorüber. Saul streichelte mit dem Kinn über meinen Kopf, und sein Herzschlag wummerte gegen meinen eigenen. „Es tut mir leid“, nuschelte ich schließlich in seine Brust. „Himmel, es tut mir leid, so leid …“
„Hm. Was zum Teufel tut dir leid?“ Er küsste mich aufs Haar. „Ich mag es, dich festzuhalten.“
Ich hatte die Augen fest aufeinandergedrückt, Feuchtigkeit bedeckte meine Wangen. „Saul?“
„Jill.“
„Ich habe etwas Schlechtes getan. Ich … ich bin kein netter Mensch.“ Eigentlich hatte ich etwas anderes sagen wollen.
Ich wollte nicht, dass du siehst, wozu ich fähig bin. Ich wollte nicht, dass du es weißt. Was soll ich denn nur tun? Ich könnte es nicht ertragen, dich zu verlieren. Guter Gott, ich darf dich nicht verlieren.
Ich wollte es ihm sagen. Wollte ihm von dem kleinen
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