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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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Böe.
    Ausnahmsweise machte ich keinen Zwischenstopp an der Bar, sondern lief schnurstracks auf die eiserne Tür mit der purpurnen Kordelabsperrung am Ende des Saales zu. Riverson rief nach mir.
    „Kismet! Kismet!“
    Klang, als wollte er mich warnen. Nett von ihm, ehrlich, wenn man bedachte, dass wir uns gegenseitig verabscheuten.
    Ich trat hinter das violette Seil und griff nach dem Türknauf. Wie üblich war nicht abgeschlossen. Ich drehte den Griff, drückte die Tür auf und ging die Treppe nach oben. Auf halbem Weg blieb ich stehen, lehnte mich gegen das Geländer und versuchte, mein rasendes Herz zu beruhigen.
    Was hast du vor, Jill?
    Nur, was ich tun muss, antwortete ich. Nur, was sein muss.
    Dann Michails Stimme, kaum ein Flüstern. Mit erhobenem Haupt und gezogenen Knarren, Milaya. Stell dich, was dich verfolgt.
    Als ich die knarrende Holztür am Ende der Stufen aufdrückte, tat sich das Zimmer vor mir auf: Makelloser weißer Teppich, von verschüttetem Brandy oder Blut war keine Spur zu sehen. Der schimmernde Glanz von Glas und Chrom, der von der Bar kam. Die beiden anderen Türen, von denen ich gar nicht wissen wollte, wohin sie führten. Das Bett, wie immer perfekt gemacht.
    Und die beiden sich gegenüberstehenden Stühle.
    Perry stand aufrecht vor der Monitorwand, die Hände lose vor sich übereinandergeschlagen. Er hatte mir den Rücken zugewandt, und offensichtlich hatte er eine neue Frisur. Ein netter, durchgestufter Kurzhaarschnitt, der letzte Schrei für Jungs in dieser Saison. Von allem nur das Beste.
    Anders als sonst trug er Jeans und einen ausgewaschenen aschgrauen Pulli statt eines Anzugs, außerdem ein Paar klobige Lederstiefel. Das blaue Licht der Monitore fiel auf sein Haar und zauberte helle Strähnchen in das Blond.
    Ich schloss die Tür hinter mir. Wartete.
    „Du bist hier nicht sicher“, sagte er endlich und sehr leise. Statisches Rauschen erschien kurz auf den Bildschirmen, dann wurden sie wieder klar. Man sah die Satellitenübertragung einer Gerichtsverhandlung, einem Serienkiller wurde der Prozess gemacht. Auf einem anderen Schirm wurde ein Restaurant in Jerusalem in Zeitlupe von einer Bombe in Stücke gerissen. Ein dritter Monitor zeigte weitere Explosionen, diesmal in einem Land in Osteuropa, wo es wieder mal zu Straßenschlachten gekommen war.
    Ich holte tief Luft. „Drei Dinge.“
    Er wartete ab. Wieder stellte sich das Schlottern ein, und ich lehnte mich gegen die Tür. Hör auf, Jill. Reiß dich zusammen. Du hast dir genau überlegt, was du sagen willst. Also bring es hinter dich. Unter dem neuen Armreif pulsierte und schwitzte die Narbe.
    Bring ihn aus dem Konzept, Jill. „Zunächst mal … danke. Dafür, dass du mir das Leben gerettet hast.“
    Er stand mucksmäuschenstill. Seine Schultern waren absolut gerade. Abermals tauchte das Rauschen auf den Bildschirmen auf und bewegte sich in einem seltsam zusammenhängenden Muster. Ein kalter Luftzug berührte meine Wange. Ranziger Honig und staubige Federn. Hinter ihm waberte die Luft wie über Asphalt an einem heißen Sommertag. Die Spiegelung wogte vor und zurück, durchkämmte die Luft.
    Doppelt oder nichts, Jill. Versuchs doch selber mal mit Psycho-Tricks. Mach deine Lehrer stolz auf dich. „Zweitens … schulde ich dir eine Entschuldigung, Perikles. Ich hätte auf dich hören sollen, was Belisa angeht. Ich hätte dich nicht daran hindern sollen, sie zu töten. Das … Was ich dir angetan habe, war nicht richtig. Es tut mir leid. Dass ich dir in den Kopf geschossen habe und dass ich nicht auf dich gehört habe. Das hattest du nicht verdient.“
    Das statische Rauschen ebbte ab. Die Stille, die nun im Raum lag, war wie die nach einem Schock, als hätte ich mich auf einer Edel-Party eingeschlichen und angefangen, mit derben Beleidigungen um mich zu werfen. Gemurmel erhob sich, durchkreiste das Zimmer, und das Flimmern hinter Perry verschwand.
    Seine Schultern schienen noch immer straff gespannt, aber sie hatten entscheidend von ihrer mörderischen Unnachgiebigkeit eingebüßt. Ich wartete.
    „Was für eine Überraschung“, sagte er tonlos. „Wenn auch nicht völlig unerwartet.“
    Heiliger Bimbam, verflucht noch mal! Es hatte funktioniert. Ich löste mich von der Tür und ermahnte mich selbst, nicht zu dreist zu werden. Als Nächstes würde ich ein Ass aus dem Ärmel ziehen, wenn ich es nicht vermasselte. „Was bin ich dir schuldig?“
    Sein Lachen brachte die Gläser auf der Bar zum Klirren, und die Vorhänge des

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