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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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Pflanzen zu gießen. Es gab eine Menge Pflanzen.
    Sein Lieblingszimmer lag ganz hinten in der Wohnung.
Achteckig, mit dreieinhalb Meter Durchmesser und Fenstern in vier Wänden und Bücherregalen voller Freizeitlektüre - keine juristischen Fachbücher - an den restlichen vier, war das Zimmer komfortabel und gemütlich. Die Einrichtung bestand aus einem alten Rolltop-Schreibtisch und einem dazu passenden Drehstuhl, drei kleinen Sofas, einem großen, quadratischen Couchtisch aus Holz mit unübersehbaren Abnutzungsspuren und einem Paar Ohrensessel. Sämtliche Möbel standen auf einem cremefarbenen Perserteppich, für den er fünf Jahre zuvor zwölftausend Dollar gezahlt hatte.
    »Ein wunderschönes Zimmer«, sagte Dismas Hardy, als er Washburn in den Raum folgte und stehen blieb, um sich umzusehen. »Hier lässt es sich aushalten.«
    »Es hat zugegebenermaßen ein gewisses Fengshui . Ich liebe dieses Zimmer. Nehmen Sie Platz, wo immer Sie wollen.« Washburn ließ sich auf eins der Sofas plumpsen und musterte Hardy unverhohlen. »Ich habe Ihren Namen in den letzten Jahren immer wieder nennen gehört, Mister Hardy, aber wenn ich Sie jetzt so vor mir sehe, glaube ich, dass wir uns auch schon mal begegnet sind, oder täusche ich mich da?«
    Hardy setzte sich in einen der Ohrensessel. »Ja, Sir. Aber nennen Sie mich bitte Diz. Das war vor fünf Jahren in Redwood City. Sie haben mich mit einer ehemaligen Mandantin von Ihnen bekanntgemacht, die daraufhin einem meiner Sozii das Leben gerettet hat.«
    »Buchstäblich?«
    »Zumindest die Informationen, die ich von ihr erhielt. Sie trugen zur Aufklärung eines Mordfalls bei - etwa zehn Minuten, bevor der Kerl erneut zuschlagen konnte.«
    Washburn setzte einen Ausdruck freudiger Überraschung auf. »Ich muss gestehen, solche Geschichten bekomme ich
nicht allzu oft zu hören. Ein Mord, der tatsächlich aufgeklärt wurde? Mir ist so etwas noch nie passiert.«
    »In diesem einen Fall schon. Ich hätte mich nochmal bei Ihnen melden und Ihnen alles erzählen sollen.«
    »Sie erzählen es mir ja jetzt. Es ist schön zu hören, dass ein Fall gut ausgegangen ist. Habe ich Ihnen für den Hinweis auf meine Ex-Mandantin etwas berechnet?«
    »Nein.«
    Washburn klatschte in die Hände. »Um so besser. Obwohl wir alle wissen, dass keine gute Tat ungestraft bleibt.«
    »Ich weiß«, sagte Hardy. »Darum vollbringe ich auch nie eine, wenn es sich irgendwie machen lässt.«
    »Und trotzdem erweisen Sie mir die Ehre, mich hier zu besuchen.«
    »Das ist keine gute Tat. Ich muss mit Ihnen reden, und dafür kam als Ort nur meine Kanzlei oder hier infrage. Für mich war es eine willkommene Gelegenheit, ein bisschen aus dem Büro zu kommen.«
    »Nichtsdestotrotz weiß ich Ihre Flexibilität zu schätzen.« Und dann, ganz plötzlich, als hätte er einen Schalter umgelegt, wechselte Washburn in den Business-Modus. Er rutschte nach vorn auf die Kante des Sofas und stützte, die Hände lose ineinander verschränkt, die Ellbogen auf die Knie. »Sie sagten, es ginge um Evan Scholler.«
    »Ja. Ich will in Berufung gehen.«
    »Ahh. Dann sind Sie also derjenige, der nach geschlagener Schlacht anrückt, um die Verwundeten zu erschießen.«
    »Das will ich mal nicht hoffen. Ich habe die Prozess-Protokolle studiert. Nach allem, was ich bisher gesehen habe, beabsichtige ich nicht, auf Inkompetenz der Verteidigung zu plädieren.«

    »Wie nobel von Ihnen. Obwohl ich, ehrlich gesagt, gestehen muss, dass dieser Prozess nicht zu den Glanzpunkten meiner Karriere zählt. Aber was will man machen, wenn der Mandant einen Deal ablehnt? Ich weiß, ich hätte einen Totschlag für ihn rausholen können, und er könnte wieder raus sein, bis er vierzig ist. Aber so …« Er schüttelte den Kopf. »Wie dem auch sei, als ich hörte, es geht um Scholler, dachte ich, Sie kämen höflichkeitshalber her, um mir persönlich zu sagen, ich hätte Scheiße gebaut und Ihr Berufungsantrag würde sich darauf stützen.«
    »Nein.«
    »Was haben Sie dann im Sinn? Die PTBS?«
    Hardy nickte. »Der Richter hätte sie auf jeden Fall zulassen müssen. Wie ich die Sache sehe, werden die Berufungsrichter die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn sie das vorgelegt bekommen. Scholler hatte nachweislich eine Behinderung, von der die Geschworenen nichts zu hören bekommen durften. Und die hatte er doch, oder?«
    »Allerdings. Wir hatten die Gutachter. Die Diagnose war eindeutig.«
    »Kaum zu glauben. Und trotzdem hat es der Richter nicht

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