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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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verboten.«
    »Was?«
    »›Was?‹, fragt er auch noch. Jetzt hör aber mal, für wie blöd hältst du mich eigentlich?« Er sprach in einem übertriebenem Bühnenflüstern. »Wir - und mit ›wir‹ meine ich die Polizei - missbilligen es nachdrücklichst, auf diesem Weg hübsche junge Frauen kennenzulernen.« Er senkte die Stimme
noch mehr. »Nein, wirklich, was Datenschutzfragen angeht, solltest du wirklich vorsichtig sein. Wenn du bei so was erwischt wirst, kann es echt unangenehm für dich werden.«
    »Ich versuche nicht, ein Mädchen zu finden, Fred.«
    Spinoza nickte. »Natürlich nicht. Vergiss es. Ich dachte nur, für den unwahrscheinlichen Fall, dass doch, sollte ich dich lieber darauf aufmerksam machen, wie das bei uns gehandhabt wird. Wessen Adresse hast du denn dann nachgesehen?«
    »Nur so einen Kerl.«
    Spinoza zog die Augenbrauen hoch. »Das gilt übrigens auch für schnucklige Jungs. Ich weiß, wir sollen keine Fragen hinsichtlich der sexuellen Orientierung stellen, aber …«
    »Ich bin nicht schwul, Fred. Ein paar von meinen DARE-Kids behaupten, dass so ein Typ Gras dealt.«
    »Warum leitest du das nicht einfach an die Sitte weiter?«
    »Weil sie es erst mal nur auf Eis legen würden, und wenn ich rauskriege, dass dieser Kerl tatsächlich Drogen an meine Kids verkauft, werde ich ihn finden und einlochen.«
    »Das ist natürlich was anderes. Warum hast du das nicht gleich gesagt?« Spinoza rutschte an die Tastatur heran. »Du hast also eine Autonummer?«

    Zum ersten Mal, seit er aus dem Walter Reed entlassen worden war, hatte Evan das Bedürfnis, mit seinem Therapeuten Stephan Ray zu sprechen. Er wusste nicht, ob es einen Fachbegriff für das gab, was er gerade erlebte, aber es erinnerte ihn an sein Unvermögen in den ersten Monaten nach der Operation, sich an die Namen von Dingen zu erinnern. Nur dass er sich jetzt gerade, und bei verschiedenen anderen Gelegenheiten in den vergangenen paar Tagen, mitten in einer Beschäftigung oder im Griff einer emotionalen Reaktion wiederfand
und keinerlei Erinnerung daran hatte, wie er dorthin geraten war. Und auch keinerlei Kontrolle über sein Verhalten.
    Wie vor ein paar Stunden zum Beispiel, als er plötzlich mit seiner Dienstwaffe neben der Corvette gestanden hatte.
    Was hatte er mit der Pistole vorgehabt? Was hatte er mit der Pistole machen wollen? Er hatte keine Ahnung, konnte sich an keine diesbezügliche Entscheidung erinnern. Zuerst hatte er im Auto gesessen und gewartet, dass Tara nach Hause käme, um sich mit ihr auszusprechen. Und das Nächste, was er wusste - das Nächste, woran er sich erinnerte - war, dass er mit seiner Dienstwaffe in der Hand neben der Corvette auf dem Parkplatz stand. Und sich fragte , warum die Pistole in seiner Hand war.
    Sicher hatte er nicht vorgehabt, Nolan zu erschießen. Oder Tara. Oder, Gott bewahre, beide. Vielleicht hatte er beschlossen, einen oder mehrere von Nolans Reifen mitsamt ihren schnieken Felgen zu zerschießen. Im schwachen Licht des frühen Abends war ihm zumindest das wie eine halb ausgegorene Idee vorgekommen. Aber sein Verstand sagte ihm, dass das mit einigem Lärm und somit auch der hohen Wahrscheinlichkeit verbunden wäre, dass er zumindest gesehen, wenn nicht sogar erkannt würde. Außerdem brächte es - vielleicht - an den Tag, dass er sich auf eine Weise für Nolans Aktivitäten interessierte, die er lieber für sich behalten sollte, bis er zu einer rationalen Entscheidung gekommen war, was er mit seinem weiteren Leben anfangen wollte.
    Und mit Tara.
    Der Zwischenstopp auf der Polizeistation war eine rationale Entscheidung gewesen. Er wusste, was er dort wollte, auch wenn er nicht sicher war, warum er es wollte, und er wusste, wie er es bekommen konnte.

    Doch nachdem er inzwischen herausgefunden hatte, wo Nolan wohnte, und dorthin gefahren war, ertappte er sich schon wieder dabei, dass er mit der Waffe in der Hand in seinem am Straßenrand geparkten Auto saß. Wenn Nolan allein nach Hause käme, wäre die Situation eine ganz andere als die, als er in Taras Begleitung gewesen war. Das hier war eine ruhige, von alten Bäumen gesäumte Straße, wesentlich weniger befahren als die vor Taras Wohnung.
    Die fragliche Adresse war ein nettes frei stehendes Haus mit Garage inmitten ähnlicher Häuser. Ein bisschen isoliert. Ideal für …
    Für was?, fragte er sich.
    Und plötzlich kam die Einsicht, wo er war und was er machte, wieder zurück. Irgendetwas tat er hier - im übertragenen Sinn starrte er auf

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