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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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Evan fischte zwei Zwanziger heraus. »Ich habe noch Ersatzschlüssel. Ich darf nur nicht vergessen, sie fürs nächste Mal irgendwo hier draußen zu deponieren. Aber erst mal gehe ich lieber rein und lege mich kurz hin.«
    »Klar, kein Problem. Ich muss nur noch schnell zum Auto, Wechselgeld holen.«
    »Nein, stimmt schon.«
    »Ich kann doch von Mannschaftskameraden kein Trinkgeld annehmen, Ev. Was das angeht, bin ich strikt. Ich habe etwas Bargeld im Auto. Dauert keine dreißig Sekunden.«
    Evan legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. »Nein, wirklich, Dave, mein Schädel brummt gerade gewaltig. Danke für deine Hilfe, aber ich muss mich jetzt unbedingt hinlegen, sonst kippe ich noch um. Im Ernst. Halt die Ohren steif. Man sieht sich.«
    »Soll ich nicht doch einen Arzt rufen?«
    Die Anstrengung, um auch nur den Anflug eines Lächelns zustande zu bringen, überstieg fast seine Kräfte. »Wenn du mich jetzt nicht sofort da reingehen lässt, bist du derjenige, der gleich einen Arzt braucht. Hast du gehört?«
    »Schon gut, schon gut. Aber komm mal auf dem Platz vorbei. Wir spielen immer noch dienstags und donnerstags.«
    »Mache ich. Versprochen.«
    »Dann gebe ich dir von deinem Trinkgeld ein paar Bier aus.«
    »Abgemacht.« Evan ging nach drinnen. »Bis dann.«

    Er stand im Wohnzimmer. Ein Teil von ihm konnte kaum glauben, dass er tatsächlich hier war, unerlaubterweise im Haus eines anderen. Es hatte etwas Unwirkliches. Es passte überhaupt nicht zu ihm. So etwas hatte er noch nie getan oder auch nur im Traum daran gedacht.

    Aber nachdem er jetzt einmal drinnen war, durfte er sich von diesen Überlegungen nicht aufhalten lassen. Nolan konnte jeden Moment auftauchen. Evan hatte keine Ahnung, wann er arbeitete, oder was er wochentags machte, oder ob er überhaupt einen festen Zeitplan hatte. Wenn es in diesem Haus etwas Belastendes zu finden gab, und Evans Riecher sagte ihm, dass dem so war, musste er es finden und sich schleunigst wieder aus dem Staub machen. Es ging ihm nicht darum, Beweise zu finden, die sich vor Gericht verwenden ließen - er wollte lediglich Gewissheit haben.
    Oder zumindest versuchte er sich das einzureden. Danach würde er in aller Ruhe entscheiden, wie er einsetzen würde, was er wusste.
    Das Zimmer war spartanisch eingerichtet, ein Ledersofa mit zwei passenden Sesseln vor einem Kamin mit fast leeren Einbauregalen auf beiden Seiten. Ein großer Spiegel über dem Kaminsims verlieh dem Raum etwas Großzügiges, obwohl er wahrscheinlich nicht breiter als drei Meter war. Die Hälfte der Rückwand bestand aus einer Glastür, die auf eine kleine gepflasterte und von hohen Eichen beschattete Terrasse hinausführte. In einer Ecke stand eine Zimmerpflanze. Der erste oberflächliche Blick sagte ihm, dass es hier nichts von Interesse gäbe, aber er zwang sich, sich Zeit zu lassen und auf Nummer sicher zu gehen.
    Als er fertig war, teilte er die Jalousie des Vorderfensters, spähte auf die Straße hinaus, entdeckte nichts Verdächtiges und ging durch die geflieste Diele in die Küche, die nicht mehr persönliche Atmosphäre hatte als das Wohnzimmer. Weil sich das breite Doppelfenster über der Spüle auf eine kleine Rasenfläche und die dahinter liegende Straße öffnete, war sie jedoch besser einzusehen.

    Es sah nicht so aus, als kochte Nolan viel - im Kühlschrank waren Eier, Bier, eine Packung amerikanischer Käse und Milch, mit Tomaten und Salat im Gemüsefach und einigen Gewürzen. Im Gefrierfach waren drei Packungen Spinat, ein Behälter mit Eiscreme und mehrere Portionen Hähnchenbrust und Rinderhack.
    Eine Tür neben dem Kühlschrank führte in die Einzelgarage, an deren Rückwand ein leerer Seesack und zwei leere Rucksäcke hingen. Die ordentlich aufgeräumte Werkbank war wie die Schübe darunter offensichtlich nicht viel benutzt worden.
    Wieder in der Küche, bekam Evan endlich seine Nerven in den Griff. Er spähte auf die Straße hinaus und duckte sich unter dem Fenster durch. Vom Wohnzimmer ging ein relativ geräumiges Arbeitszimmer mit einem Schreibtisch und einem Computer ab. An die Wand war eine Irak-Karte gepinnt, auf der mehrere Städte mit farbigen Stecknadeln markiert waren - Bagdad, Mosul, Kirkuk, Abu Ghraib, Anaconda. In der Hoffnung, dass davon der Bildschirm anginge, bewegte Evan zuerst nur die Maus, aber als das nicht der Fall war, drückte er auf den Einschaltknopf des Rechners. Während der Computer hochfuhr, trat er auf die Tür zu, die ins Schlafzimmer führte, und

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