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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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zurückkehrst?«
    Evans ausdrucksloser Blick wanderte von seinem Vater zu seiner Mutter und wieder zurück zu seinem Vater. »Weißt du was, Dad«, sagte er schließlich, »auf deine alten Tage bist du noch richtig clever geworden.«

    Hinter den Hügeln ging gerade die Sonne unter, als Evan die Außentreppe zu Taras Wohnung hinaufstieg und an ihrer Tür klingelte. Als niemand öffnete, ging er zum Küchenfenster und spähte nach drinnen. Es brannte kein Licht, und nichts bewegte sich. Er hätte vorher anrufen sollen, um zu sehen, ob sie überhaupt zu Hause war, aber er hatte sich ganz spontan dazu entschlossen, von seinen Eltern direkt zu ihr zu fahren und mit ihr zu reden. Und weil er fast nüchtern und gut erholt war und sich vor kurzem geduscht und rasiert hatte - ein besserer Zeitpunkt käme nicht mehr -, hatte er sich von seinen Eltern verabschiedet und war in sein Auto gestiegen und hierhergefahren.
    Da sie nicht mit Nolan beim Bowling gewesen war, hatte sich Evan mehr als zur Hälfte eingeredet, dass ihre Beziehung mit ihm beendet war. Und wenn das der Fall war, würde er mit
ihr reden und ein für alle Mal entscheiden, ob trotz allem, was passiert war, noch der Ansatz eines Funkens von dem übrig war, was einmal zwischen ihnen gewesen war. Wenigstens käme dann die Wahrheit an den Tag.
    Er hatte sein Auto nicht auf dem Parkplatz der Wohnanlage abgestellt, sondern am Straßenrand, an derselben Stelle, die ein paar Tage zuvor anscheinend sein Unterbewusstsein ausgesucht hatte. Jetzt ging er dorthin zurück und stieg ein. Er holte sein Handy heraus und suchte im Telefonbuch Taras Nummern, Handy und Festnetz, überlegte es sich aber dann doch anders. Wenn sie noch mit Nolan zusammen war oder, noch schlimmer, gerade mit ihm aus war, wäre dieser Zeitpunkt denkbar ungeeignet.
    Er schaltete die Zündung an, um das Fenster öffnen zu können, und sah, dass die Uhr am Armaturenbrett auf 21.15 stand. Wenn er früher mit ihr ausgegangen war, hatte Tara immer strikt darauf geachtet, auf keinen Fall zu spät nach Hause zu kommen oder zu ausgiebig zu feiern, wenn sie am nächsten Morgen Schule hatte. Und Montagmorgen hatte sie Schule. Er stellte den Sitz gerade so weit zurück, dass er noch über den Fensterholm sehen konnte, schaltete die Zündung wieder aus und machte sich ans Warten.
    Es dauerte nicht lang.
    Es war noch ein Rest Tageslicht übrig, als eine gelbe Corvette mit offenem Verdeck auf den Parkplatz fuhr. Tara saß auf dem Beifahrersitz und war noch mit Nolan zusammen, so viel stand fest. Er stieg aus und ging um das Auto herum und öffnete ihr die Tür, dann überquerten sie in lockerer Vertrautheit Hand in Hand den Parkplatz und stiegen die Treppe hinauf. Sie schloss auf, und beide gingen nach drinnen, und Evan spürte, wie das Blut in seinen Schläfen zu pochen begann.
Als er behutsam die Hand auf die Stelle legte, wo er verwundet worden war, bildete er sich ein, dass sie sich heißer anfühlte als sonst.
    In Taras Küche ging das Licht an. Ein Schatten erschien im Fensterausschnitt, blieb kurz darin stehen, verschwand wieder. Das Zimmer - und die ganze Wohnung - wurde wieder dunkel.
    Evan legte seine zitternden Hände auf das Lenkrad und versuchte, seinen Körper wieder unter Kontrolle zu bekommen. Das Schlucken fiel ihm schwer. Auf Stirn und Rücken war ihm der Schweiß ausgebrochen.
    Was sollte er tun?
    »Los, los, los, los, los«, sagte er zu sich selbst. Aber es war ein hohler Imperativ ohne Bedeutung. Sie zusammen zu sehen und zu wissen, dass sie tatsächlich ein Paar waren, verurteilte die Einsicht, dass Tara seine Verwundung nicht aus Kälte ignoriert hatte, zu vollkommener Bedeutungslosigkeit. Was spielte das jetzt noch für eine Rolle, wenn sie mit Nolan ins Bett ging? Wenn sie mit ihm zusammen war und nicht mit ihm, Evan.
    Eben noch von Hass und Selbstekel geschüttelt, spürte er, wie eine stählerne Ruhe über ihn kam. Wie die meisten Cops hatte er, auch wenn er nicht im Dienst war, seine Dienstwaffe für Notfälle immer griffbereit. Seine.40-Halbautomatik war im Handschuhfach eingeschlossen, und jetzt holte er sie heraus. Er lud sie durch, holte tief Luft, steckte die Pistole unter seinem Hawaiihemd in den Hosenbund und öffnete die Tür.
    Er stieg aus.

    Evan saß an einem der Computer der Polizeistation. In Zusammenhang mit seiner Tätigkeit beim DARE-Projekt bestand für ihn wenig Anlass, die Datenbank der Kfz-Zulassungsstelle
aufzurufen, und deshalb war jetzt das erste Mal, dass er das

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