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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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blieb wie angewurzelt stehen.
    Mit einem tiefen Atemzug ging er zu der Kommode neben dem tadellos gemachten Bett seines Feinds und griff nach dem massiven Silberrahmen mit einem Bild von Nolan und Tara. Sie hatten für das Foto, das offensichtlich an einem strahlenden Sonnentag in der Bay auf einem Boot aufgenommen worden war, die Arme umeinander gelegt und lächelten ihm entgegen. Er hielt das Foto so lange, bis der Drang, es an die Wand zu schleudern, kam und ging. Er stellte es vorsichtig wieder an
seinen Platz zurück und begann mit der Suche. Kleiderschränke, Kommodenschubladen, Badezimmerschränke.
    Hinter dem Kopfteil des Betts entdeckte er die erste Waffe, eine M9 Beretta, wie sie Evan im Irak getragen hatte. Er schnüffelte am Lauf, konnte aber nichts riechen, dann nahm er das Magazin heraus und vergewisserte sich, dass es voll war. Aber ein Profi wie Nolan hätte die Waffe, wenn er sie benutzt hätte, unmittelbar nach Gebrauch gesäubert und wieder geladen.
    Auf dem obersten Bord des begehbaren Kleiderschranks, er war so ordentlich wie der Rest des Hauses, lag ein weiterer Rucksack, dessen Inhalt Evan Stück für Stück auf das Bett leerte. Er enthielt eine weitere Neun-Millimeter-Beretta, zehn Magazine Munition und sechs Handgranaten. Evan konnte nicht erkennen, ob es sich dabei um Splittergranaten oder sogenannte Blendgranaten handelte, deren Wirkung nicht annähernd so tödlich war. Aber in beiden Fällen wäre er jede Wette eingegangen, dass ihr Besitz für normale Bürger verboten war. Sie würden die Polizei bestimmt interessieren, wenn er eine Möglichkeit fände, Nolan bei den Khalil-Ermittlungen als Verdächtigen ins Spiel zu bringen.
    Nachdem er den Rucksack an seinen Platz zurückgelegt hatte, ging er wieder ins Arbeitszimmer und setzte sich an den Computer. Er klickte das Icon »Allstrong« an und sah ein paar Dokumente durch - größtenteils, schien es, Nachbesserungen von Verträgen für Regierungsaufträge, die das Unternehmen im Ausland akquiriert hatte. Es gab auch eine beträchtliche Anzahl von E-Mail-Dateien und mehrere Lebensläufe von ehemaligen Army-Angehörigen, was Evans Vermutungen hinsichtlich der Funktion bestätigte, die Nolan hier in den Staaten ausübte. Evan öffnete ein paar weitere Dokumente
und suchte nach dem Namen Khalil, stieß aber nirgendwo darauf.
    Weil er das Passwort nicht kannte, kam er, obwohl er mehrere naheliegende versuchte, nicht in Nolans reguläre E-Mail-Datei. Dagegen ließ sich das Icon »Meine Bilder« ohne Probleme öffnen. Wie gelähmt vor Angst davor, was er dort sehen könnte - Fotos von Nolan und Tara in wesentlich intimerer Umgebung als auf Deck eines Bootes -, klickte er die erste Datei an und seufzte vor Erleichterung, als er kein einziges Bild von Tara darin fand.
    Vielmehr schien es sich um Aufnahmen zu handeln, die Nolan im Zuge seiner Suche nach einem Haus gemacht hatte. Da war zum Beispiel eine von Bäumen gesäumte Straße wie die, in der er lebte, mit am Straßenrand geparkten Autos. Dann ein anderes Haus, groß und pompös, aus verschiedenen Aufnahmewinkeln und bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen. Bei genauerer Begutachtung, auf dem schärfsten Bild, das direkt von vorne aufgenommen war, entpuppte sich das Haus als rosafarbene Monstrosität. Was um alles in der Welt, fragte sich Evan, könnte Nolan an diesem Protzbau gesehen haben, dass er sich so ausführlich damit befasst hatte?
    Ein blitzartiger Gedanke ließ ihn kerzengerade aufsitzen. In der Zeitung hatte Evan diesen Morgen ein Schwarz-Weiß-Foto der Überreste von Mr. Khalils Villa gesehen, das natürlich kaum mehr Ähnlichkeiten mit dem Haus auf diesem Foto aufwies. Aber hatte in der Meldung nicht etwas davon gestanden, dass das Haus rosa war?
    Hastig begann er die Schreibtischschubladen herauszuziehen. In der mittleren war eine Digitalkamera, und er überlegte kurz, ob er sich die Bilder darauf ansehen sollte. Aber so viel Zeit hatte er nicht. Er sah auf die Uhr - vierzehn Uhr
fünfundvierzig. Er war ohnehin schon viel zu lange hier. In der untersten rechten Schublade fand er eine offene Zehnerpackung Disketten, die noch vier enthielt. Mit inzwischen heftig zitternden Händen nahm er eine heraus, legte sie in das Diskettenlaufwerk ein und kopierte den Ordner »Meine Bilder« darauf.
    Er nahm die Diskette heraus und steckte sie in seine Brusttasche. Dann setzte er sich zurück, holte tief Luft und schaltete den Computer über das Start-Menü aus.
    Angespannt nach dem

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