Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
Vom Netzwerk:
andere Grund, weshalb ich hier bin, ist, dass ich dir eine ganz einfache Frage stellen möchte. Was ganz Konkretes, ein reines Faktum.«
    Sofort war sie wieder ganz bei ihm. Ihre Miene entspannte sich, und sie machte, die Arme über der Brust verschränkt, ein paar Schritte auf ihn zu. »Mit konkreten Fakten habe ich, glaube ich, keine Probleme.« Um ihre Lippen spielte ein Lächeln.
    »Okay. Kannst du dich erinnern, wann du zum ersten Mal von meiner Verwundung erfahren hast?«
    Ihr fragender Blick blieb lange auf ihm ruhen, als überraschte es sie, dass er diese Frage überhaupt stellen musste. »Klar, ich habe beim Einkaufen zufällig deine Mutter getroffen. Ich glaube, das war ein paar Tage vor Weihnachten. Es war jedenfalls ein paar Tage, bevor ich dich angerufen habe.«
    »Du meinst, im Walter Reed? Als ich nicht mit dir sprechen wollte?«
    »Ja.«
    »Bist du sicher? Was den Zeitpunkt angeht, meine ich. Dass es kurz vor Weihnachten war.«
    »Natürlich. Es war kurz vor Weihnachten. Wann hätte ich es denn sonst erfahren sollen?«
    »Zum Beispiel schon im September? Kurz nachdem es passiert ist?«
    »Nein, Evan. Woher hätte ich es denn damals schon wissen sollen?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Na schön, wann hast du angefangen, dich mit Ron Nolan zu treffen?«
    »Was soll Ron damit zu tun haben?«
    »Ich dachte nur, dass er es dir eigentlich hätte erzählen müssen, mehr nicht.«

    »Er wusste doch auch nichts davon, Evan. Ihr wurdet doch alle in der Woche, in der er zurückkam, woandershin versetzt.«
    Wie ein neugieriger Vogel legte Evan den Kopf leicht auf die Seite. Als er ihr Mienenspiel beobachtete, las er darin nur Aufrichtigkeit, Offenheit, vielleicht auch leichte Verständnislosigkeit. Aber eines war klar - sie sagte ihm die Wahrheit, so, wie sie ihr bekannt war.
    »Wir sollen versetzt worden sein?«
    »Hat Ron behauptet.«
    »Und wohin wurden wir versetzt, Tara? Hat er dir das auch gesagt?«
    »Nein. Ich glaube nicht, dass er das wusste.«
    »Aha. Das wusste er nicht. Willst du wissen, warum? Weil wir nicht versetzt wurden. Wir fuhren unseren letzten Einsatz vom Flughafen von Bagdad aus, wo wir die ganze Zeit mit Ron stationiert waren. Das kannst du jederzeit nachprüfen.«
    Der Keim der Verwirrung breitete sich in ihrem Gesicht aus wie eine Seuche. Der Mund zusammengekniffen, die Stirn gerunzelt, die Augen umherzuckend, als suchten sie einen Platz, auf dem sie sich niederlassen konnten. »Aber …« Das Wort schwebte zwischen ihnen im Raum. Ihre Arme hingen leblos an den Seiten hinab. »Das verstehe ich nicht.«
    »Ron gehörte zu unserem Konvoi, Tara. Er war in meinem Humvee. Er war direkt neben mir, als ich getroffen wurde.«
    »Nein. Das kann nicht sein.«
    »Weshalb sollte ich mir das ausdenken, Tara?«
    »Ich sage ja nicht, dass du es erfindest, Evan, obwohl ich mir einen Grund dafür vorstellen könnte. Aber so etwas würde ich dir eigentlich nicht zutrauen.«

    »Nein, so etwas würde ich nicht tun. Ich erfinde das nicht, Tara. Es ist so passiert.«
    Sie sah ihm lang in die Augen, bevor sie sich mit kaum hörbarer Stimme an den nächsten Strohhalm klammerte. »Vielleicht … also, ich dachte nur eben, es könnte ja auch sein, dass du dich wegen deiner Kopfverletzung … dass du dich nicht mehr genau an alles erinnern kannst?«
    Er nickte - sachlich, geduldig, beherrscht. »Ein berechtigter Einwand. Ich habe tatsächlich einiges vergessen. In der Phase, als ich wieder zu mir kam, gibt es zum Beispiel ganze Tage und Wochen, an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Aber in diesem Konvoi ist Ron mitgefahren. Ich kann mich noch an alles erinnern. Falls du es mir immer noch nicht glaubst, kannst du alles im Internet nachlesen. Google einfach Masbah.« Er buchstabierte den Namen des Viertels in Bagdad. »Dort wirst du alles finden. Dass es zu diesem Zwischenfall kam, war einzig und allein seine Schuld. Und das ist auch der Grund, warum er sich so schnell aus dem Irak abgesetzt hat. Sie haben ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, und ihm war natürlich klar, dass die Spur direkt zu ihm führen würde.«
    Aus Taras Gesicht war alle Farbe gewichen. Ihr Augen zuckten in die Ecken des Zimmers, als hoffte sie, dort eine Antwort zu finden. Sie strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Ihre flache Hand auf eins der Pulte gestützt, ließ sie sich auf den dazugehörigen Stuhl sinken. »Mir hat er erzählt, er hätte keine Ahnung gehabt, dass du verwundet wurdest«, sagte sie. »Dass er es erst von mir

Weitere Kostenlose Bücher