Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)
schlampig von mir, eigentlich. Wie gesagt, wir sind noch nicht richtig in Gang gekommen.«
»Keine Verdächtigen?«
»Nein, also ...«
Freddy Monsen schien sich zu amüsieren. Nicht über Henrik, dessen tanzenden Adamsapfel oder die Tatsache, dass der Sechsundzwanzigjährige allein in einem leeren Büro saß und unklare Fragen zu einer Insidersache stellte, während der Rest der Welt mit ganz anderen Dingen beschäftigt war. Freddy Monsen wirkte einfach wie ein heiteres Gemüt. In seinen Augen lag ein Lachen, und er hatte die Mundwinkel zu einem ewigen Lächeln nach oben gezogen. Er war ganz einfach sympathisch, ein jovialer, angenehmer Mann, so wie Henrik Holme es immer schon hatte sein wollen.
»Die Börse, wissen Sie.«
Freddy Monsen hielt Ausschau nach einem Papierkorb, schob den Zeigefinger unter die Oberlippe und holte den Priem heraus.
»Die Börse ist immer auf der Hut. Wenn sie irgendeine verdächtige Transaktion entdecken, zum Beispiel einen Aufkauf oder einen Abverkauf unmittelbar vor einem kursverändernden Ereignis, sehen sie sich die Sache genauer an. Die Schwelle liegt ziemlich weit unten, und das bedeutet, dass in der Regel alles in schönster Ordnung ist. Wenn wir aber mit ein paar einfachen Untersuchungen nicht auf den Grund der Sache kommen, dann ...«
Eine Tabaksdose drückte sich rund in den Stoff über der rechten Hosentasche. Freddy Monsen fischte nach der Dose. Sein Bauch wölbte sich breit über seinen Gürtel, und deshalb musste er seinen Körper schmerzhaft verdrehen.
»Dann wird die Sache an die Finanzaufsicht weitergereicht«, stöhnte er. »Sie haben größere Vollmachten als die Börse. Wenn sie meinen, dass von foul play die Rede sein kann, sind wir an der Reihe.«
»Und dieser Fall?«
»Wie gesagt, ich habe ihn mir noch nicht genau angesehen. Es geht um zwei Aktienkäufe, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Der eine war am Tag, ehe bekannt wurde, dass zwei große Firmen in der IT-Branche, Klevstrand und Shatter, fusionieren würden. Die Aktien schossen natürlich in die Höhe.«
Er beschrieb mit der rechten Hand eine Bewegung zur Decke hin, dann öffnete er seine Tabaksdose.
»Bei dem anderen ging es um HeliCore, glaube ich. Sie haben einen umfassenden Transportvertrag für die Nordsee an Land gezogen. Einen richtig fetten. So was treibt die Aktien ja hoch. Irgendwer hat gewittert, was da kommen würde, und, drei Stunden ehe die Sache bekannt wurde, Aktien für drei Millionen gekauft. Hat gleich danach wieder verkauft und das nette Sümmchen von 250 000 Kronen verdient.«
Er stopfte sich einen neuen Priem unter die Oberlippe und wischte sich die Hände an der Hose ab.
»Entweder eine sehr gute Nase oder illegale Infos. Das sollen wir eben herausfinden.«
»Aber was hat das mit Mohr und Westberg zu tun?«
Freddy Monsen schob mit der Zunge den Priem zurecht und lächelte noch breiter als sonst.
»Alle Firmen waren Kunden bei denen. Mohr und Westberg wussten, was passieren würde. Solche PR-Firmen wissen ungeheuer viel. Ich habe den Verdacht, dass früher verdammt viel getrickst wurde. Es kommt immer noch vor, aber die Haltung hat sich doch etwas geändert. Die Angst, erwischt zu werden, ist auch größer, glaube ich. Wir, die good guys , sind zudem viel tüchtiger geworden.«
Er schlug sich mit der Faust auf die Brust.
»Bedeutet das, dass Angestellte von Mohr und Westberg solche Aktien gekauft haben?«
»Nein, nein, auch die Blödheit hat Grenzen. Der Käufer kommt natürlich von außen, und unsere Aufgabe ist es, festzustellen, ob er irgendeine Verbindung zu jemandem bei Mohr und Westberg hat.«
»Es ist also nicht sicher, ob Jon Mohr etwas verbrochen hat?«
»Absolut nicht. Er ist Geschäftsführer der Firma, und aus den Unterlagen der Finanzaufsicht geht hervor, dass er persönlich mit beiden Fällen betraut war. Aber ob er sich strafbar verhalten hat, kann man noch nicht sagen. Er weiß wahrscheinlich nicht einmal, dass ermittelt wird. Und jetzt, wo das ganze verdammte Wirtschaftsdezernat nach dem Geld von diesem ...«
Zum zweiten Mal, seit er das Zimmer betreten hatte, zogen seine Mundwinkel sich voller Abscheu nach unten.
»Jon Mohr hat also keine Ahnung, dass gegen ihn ermittelt wird?«, fragte Henrik Holme, ohne den Stimmungsumschwung des Kollegen zu bemerken.
»Ich habe ihm jedenfalls nichts verraten.«
Er stopfte sich die Tabaksdose wieder in die Hose, als er sich erhob, zog ein wenig an den Hosenbeinen und spuckte abermals in die
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