Schattenkinder - im Zentrum der Macht
ein. Der Kommandant sah ihn missbilligend an.
»Nedley, fahren Sie das Fahrzeug dieses Mannes zur Krankenstation und sorgen Sie dafür, dass sein Gefangener dort behandelt wird«, befahl er. »Officer Jackson, übergeben Sie ihm die Schlüssel.«
»Ich – ich fühle mich verantwortlich für den Gefangenen, Sir«, sagte Trey. »Ich werde ihn selbst hinbringen, wenn Sie mir sagen, wo ich hinmuss.«
»O nein«, erwiderte der Kommandant. »Sie müssen lernen mit der Befehlskette umzugehen, mein Sohn. Denken Sie an meine Worte. Sie werden es in der Bevölkerungspolizei weit bringen, deshalb müssen Sie lernen zu delegieren. Nedley – tun Sie, was ich sage!«
Trey sah keine andere Möglichkeit, als dem stummen Nedley die Schlüssel zu reichen.
Was passiert, wenn sie entdecken, dass Mark gar nicht richtig angekettet ist?
, fragte er sich.
Was, wenn das alles nur ein Trick ist? Wie wird Mark reagieren, wenn dieser fremde Officer zu ihm in den Wagen steigt?
Doch zumindest diese letzte Sorge erwies sich als unbegründet. Beim Blick aus dem Fenster sah Trey, dass Mark vor Schmerzen anscheinend wieder ohnmächtig geworden war.
»Oh, und, Nedley«, fuhr der Kommandant fort, »tanken Sie das Fahrzeug auf, bevor Sie es zurückbringen.«
»Jawohl, Sir«, erwiderte Nedley lahm.
Trey beobachtete angespannt, wie Nedley in den Wagen stieg, ihn anließ und davonfuhr. Der Kommandant deutete Treys Besorgnis falsch.
»Erfrischend, mit anzusehen, dass ein junger Rekrut seine Pflichten so ernst nimmt«, murmelte er. »Ich werde
auf jeden Fall
darum ersuchen, dass man Sie hierher versetzt, nachdem Sie Ihre Gefangenen in Churko abgeliefert haben. Hier wartet eine wesentlich angesehenere Stellung auf Sie. Sehen Sie dieses Telefon?« Er zeigte auf einen dunklen, schweren Apparat, der in der Mitte seines blitzsauberen Schreibtisches einen Ehrenplatz einzunehmen schien. »Ich verfüge über eine sichere Direktverbindung zum Hauptquartier und werde mich unverzüglich mit den höchsten Stellen in Verbindung setzen. Draußen in Churko – pah! Ich wette, im Hauptquartier weiß kaum einer, dass es Sie überhaupt gibt.«
»Sie haben eine wirklich eindrucksvolle Position inne, Sir«, bemerkte Trey höflich, aber abgelenkt von seinen Sorgen um Mark, Lee und die anderen und um den geheimnisvollen Gefangenen, den er dem Wachmann im Hauptquartier überge ben sollte.
Wir brauchen den Gefangenen gar nicht mehr, um ihn gegen den Schlüssel für Marks Käfig einzutauschen
, ging Trey plötzlich auf.
Also, was mache ich mit ihm, wenn ich uns alle wohlbehalten hier rausbekomme? Ihn am Straßenrand aussetzen, damit die Streunerbanden über ihn herfallen können?
Doch dann überkam ihn ein heftiges Gefühl der Scham. Erdachte genau wie ein Bevölkerungspolizist, der glaubte, man könne menschliches Leben einfach wegwerfen. Trey fühlte sich plötzlich schwindelig und schwankte ein wenig.
Der Kommandant pries immer noch die Vorzüge des Gefängnisses von Nezeree.
»Wir sind ein Vorbild für das gesamte System. Ich will Ihnen sagen – ah, legen Sie die Sachen einfach dort drüben ab. Wegtreten!«
Ein junger Polizist hatte eine neue Uniform für Trey hereingebracht. Der Kommandant sah auf die Uhr, während der Adjutant die Uniform auf einen Stuhl legte und sich leise entfernte.
»Zeit für die morgendliche Inspektion der Unterkünfte«, sagte der Kommandant. »Ich lege allergrößten Wert auf Pünktlichkeit. Ich sage Ihnen was. Sie begeben sich in mein Privatquartier; dort können Sie sich duschen und umziehen. Vielleicht auch etwas frühstücken, wenn Sie möchten. Ich komme gleich zurück. Und die Gefangen haben wir im Nu für Sie bereit.«
»Jawohl, Sir«, sagte Trey. Er nahm die saubere Uniform und ging durch die Tür, auf die der Kommandant zeigte. Seine Beine schienen aus Gummi zu sein und sein Kopf fühlte sich ebenso dumpf an.
Wie es Mark jetzt wohl ergeht, während ich in den Genuss einer schönen heißen Dusche komme? Wie lange wird es dauern, bis Lee hier ist? Was passiert, wenn wir das nicht durchziehen können?
Ein klitzekleines Stimmchen in seinem Kopf riet ihm durch das nächste Fenster zu klettern und sich irgendwo ein Versteckzu suchen, doch ignorierte er diesen Impuls. Stattdessen zog er sich aus, trat unter die Dusche und drehte den Wasserhahn voll auf.
Wenigstens sterbe ich sauber, wenn sie meinen Bluff durchschauen
, dachte er bitter.
Dem Kommandanten würde das gefallen.
Das heiße Wasser schien seinem Verstand gut zu
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