Schattenkinder - im Zentrum der Macht
Kinder.«
Jemand außerhalb des Kamerabildes reichte Krakenaur ein Blatt Papier. Er senkte den Blick, um es zu lesen. Selbst mit seinen bescheidenen Erfahrungen im Verfolgen von Fernsehnachrichten vermutete Trey, dass man in einer regulären Nachrichtensendung an dieser Stelle zu einer anderen Person oder einem anderen Beitrag übergeblendet hätte. Einen Mann beim Lesen einer Notiz zu zeigen hätte als Verschwendung von Sendezeit gegolten. Doch die Kamera blieb weiter auf Krakenaur gerichtet, als wäre es Verrat, ohne seine Erlaubnis etwas anderes zu zeigen.
Als Krakenaur schließlich wieder aufsah, wirkte sein Blick noch kälter und härter als zuvor und seine Stimme war erfüllt von eisigem Zorn.
»Man hat mich soeben über weitere Verräter informiert«, sagte er. »Es handelt sich um Vater und Sohn, die mitten unter uns agierten. Sie waren Angehörige der Bevölkerungspoli zei – denen wir vertraut und Respekt entgegengebracht haben und die große Verantwortung trugen. Aber sie haben uns betrogen! Uns alle haben sie betrogen!« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. Trey zuckte zusammen, als befinde er sich im gleichen Raum wie Krakenaur, als sei er selbst das Ziel von Krakenaurs Faust.
»Man wird Jonas Sabin und seinen Sohn Jonathan hinrichten, sobald ihr Verhör beendet ist«, erklärte Krakenaur.»Sämtliches Personal der Bevölkerungspolizei wird hiermit angewiesen jede Order von Jonas oder Jonathan Sabin als ungültig zu erachten. Alle von ihnen unterzeichneten Dokumente sind zu konfiszieren und die Inhaber dieser Dokumente festzusetzen. Das Ausmaß des Verrats wird zur Stunde noch untersucht. Sämtliche involvierten Stellen werden so bald wie möglich benachrichtigt.« Dann wandte er sich an jemanden hinter der Kamera. »Haben wir Bilder?«
Trey hörte ein gemurmeltes »ja, Sir« und »sofort, Sir« und dann ein Poltern, als habe jemand in der Hast, Krakenaur zu gehorchen, einen Stuhl umgeworfen. Eine Hand legte Fotos auf den Schreibtisch und Krakenaur hielt sie in die Kamera.
»Die Angehörigen der Bevölkerungspolizei sind gehalten sämtliche Gespräche und Begegnungen, die sie mit diesen beiden Personen gehabt haben, zu melden«, sagte Krakenaur, während die Kamera auf die Fotos zoomte. »Andernfalls werden auch sie als Verräter betrachtet.«
Langsam kamen die Fotos ins Bild, das des Sohnes zuerst: Es zeigte ein sommersprossiges Jungengesicht mit einem kecken Lächeln und Gesichtszügen, die Trey augenblicklich wiedererkannte.
»
Liber «
, flüsterte er.
Es war der Junge, der ihn auf der Veranda der Talbots entdeckt und gerettet hatte, indem er Trey riet im Versteck zu bleiben statt ihn der Bevölkerungspolizei zu melden. Einer von insgesamt zwei Bevölkerungspolizisten, die Trey je von Freiheit hatte sprechen hören.
Ein entsetzliches Gefühl von Verzweiflung stieg in ihm hoch.
Als das Bild des Vaters erschien, war er bereits nicht mehr überrascht. Es war ein Mann mit grauen Haaren und vertraut aussehenden Augen – vertraut, weil sie denen des Sohnes glichen. Trey hatte die Ähnlichkeit noch im Hauptquartier der Bevölkerungspolizei bemerkt, doch war ihm die Verbindung nicht recht klar geworden.
Es war der Wachmann, der sämtliche Dokumente ausgestellt hatte, mit denen Trey nach Nezeree gekommen war.
»Jede Order von Jonas oder Jonathan Sabin ist als ungültig zu erachten«, hatte Krakenaur gesagt. »Alle von ihnen unterzeichneten Dokumente sind zu konfiszieren und die Inhaber dieser Dokumente festzusetzen. Das Ausmaß des Verrats wird zur Stunde noch untersucht. Sämtliche involvierten Stellen werden so bald wie möglich benachrichtigt.«
Konnten Trey und seine Freunde aus Nezeree entkommen, bevor der Kommandant davon erfuhr?
In der Ferne hörte Trey in einem anderen Zimmer ein Telefon klingeln. Wie in Trance stolperte er aus dem Fernsehraum und folgte dem Laut. Er betrat das Büro des Kommandanten und fand seine Befürchtungen bestätigt: Das Telefon auf dem Schreibtisch des Kommandanten schrillte – der heiße Draht zum Hauptquartier der Bevölkerungspolizei.
31. Kapitel
T rey hechtete unter den Schreibtisch des Kommandanten und riss das Telefonkabel aus der Dose. Er wünschte, er hätte ein Messer bei sich. Da er keines hatte, nahm er die Plastikummantelung des Kabels in den Mund und nagte mit den Zähnen daran herum. Endlich schaffte er es, das Ende durchzubeißen, so dass die zerrissenen Drähte in die Luft ragten.
»Was hat das zu bedeuten?«, dröhnte plötzlich eine
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