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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Es gab keine weiblichen Häuptlinge, keine weiblichen Heerführer und hier in Norwegen keine weiblichen Ratsmitglieder. Es machte Keelin noch immer wütend.
    Als sie am Eingang zur Halle zwei weitere Wachen passierten, fragte Keelin den Häuptling: »Wie viele Druiden versammeln sich hier normalerweise?«
    »Es gibt ungefähr fünfundzwanzig Fürsten im Ratsgebiet«, gab Grear zurück. »Üblicherweise kommen ungefähr fünfzehn zu den Versammlungen.« Dann eilte er davon, nachdem er unter den vielen Druiden in der Halle ein bekanntes Gesicht entdeckt hatte.
    Zu Brynndrech meinte Keelin: »Fünfzehn Druiden, und trotzdem Wachmänner an den Türen. Wovor die wohl Angst haben?« Vermutlich dienten die Wachen eher der Eitelkeit des Burgherrn als der Sicherheit. Brynndrech zuckte mit den Schultern.
    Die Halle war vollständig aus Holz gebaut und wirkte fremdartig auf sie. Sie war breiter und um vieles höher als die typischen Keltengebäude, die sie inzwischen kannte, und deutlich besser belüftet. Keelin sah nach oben und entdeckte Lüftungslöcher in den hohen Giebeln, wo der Rauch abziehen konnte.
    Sie murmelte eine Frage in Brynndrechs Richtung, der ihr erklärte: »Unsere Häuser haben deswegen keinen Rauchabzug, weil sonst das Stroh um das Loch herum so heiß werden würde, dass es Feuer fangen würde.« Überrascht sah sie sich weiter um.
    Die Halle war auch deutlich heller erleuchtet, als sie es gewohnt war. Pechfackeln hingen an den Wänden, Kerzen waren auf dem Tisch verteilt, und hinten im Raum brannte ein großes Feuer, das den Raum erwärmte.
    Das Zentrum der Halle wurde von einer großen Tafel dominiert, an der schon ein gutes Dutzend Männer Platz genommenhatte. Um sie herum schwirrte ein ganzes Heer von Knechten und Mägden und füllte Krüge und Trinkhörner auf.
    Ein paar Augenblicke später trat Grear wieder zu ihnen. Ihm folgte ein vornehm aussehender Druide, wohl in den Mittvierzigern. Er trug ein grünes Wams, auf dem ein weißes Pferd aufgestickt war, und einen Tartan im selben Muster wie das der Torwachen. Seinen grünen Umhang hielt eine pferdeförmige Brosche zusammen. Er war glattrasiert, mit feinen Gesichtszügen. Das nachtschwarze Haar hatte er abgesehen von den Schläfenzöpfen nach hinten gebunden.
    »Darf ich vorstellen?«, fragte Grear. »Casey MacRoberts, der Sohn von Bruce MacRoberts.«
    Der Mann lächelte freundlich. »Mein Druidenzeichen ist der Apfelbaum. Willkommen in Norwegen.«
    »Ich bin Eibe. Keelin Urquhart.«
    »Sehr erfreut, Keelin.« Seine Miene ließ nicht erkennen, ob ihn ihr Druidenzeichen abstieß. Nachdem sie sich die Hände gegeben hatten, wandte er sich zu Brynndrech. »Und du bist …«
    »Äh – Waliser. Ölbaum. Ich meine … äh … Brynndrech – das ist mein Name!« Während er dies stammelte, zog er seinen Kopf ein, was seinen Buckel noch mehr zum Vorschein treten ließ. So ähnlich hatte er auch reagiert, als Keelin sich ihm vorgestellt hatte. Vor lauter Verlegenheit bemerkte er nicht einmal Caseys zum Gruß gereichte Hand …
    »Der Ölbaum ist ein äußerst seltenes Druidenzeichen«, entgegnete der MacRoberts. »Die Herrschaft über die Elementargeister ist eine mächtige Druidenkraft, die man kaum noch findet.«
    »Äh – ja … Ich … ich meine, ich … ich habe noch nicht so viele – Kräfte …« Endlich sah er die Hand und griff danach wie ein Ertrinkender nach einem Rettungsring.
    »Noch nicht, junger Brynndrech«, antwortete Casey und ließ sich die Hand schütteln. »Du wirst mächtiger werden, wenn du älter wirst.« Dann wandte er sich wieder zu Grear. »War Eure Reise angenehm?«
    Grears Gesicht nahm einen säuerlichen Ausdruck an. »Kaum! Wenn die Götter gewollt hätten, dass wir fliegen, hätten sie uns schon Flügel gegeben!«
    Casey lachte und führte sie zu ihren Plätzen an einem Ende der langen Tafel. Keelin folgte ihm, noch im Unklaren, ob sie den Mann nun sehr sympathisch oder sehr unsympathisch finden sollte. Ihre Meinung schwankte zwischen den beiden Extremen »tiefgründig und einfühlsam« und »oberflächlicher Arschkriecher«.
    Nachdem sie sich gesetzt hatten, stellte Grear sie den anderen Gästen des Rates vor. Zwei Iren kamen von den Aran Islands vor der Westküste der grünen Insel. Der walisische Gast war ein Stammeshäuptling aus dem Kambrischen Gebirge. Für die Gallier war ein einäugiger alter Krieger in Begleitung zweier blutjunger Druiden und für die Helvetier ein vornehm wirkender Mann in mittleren Jahren gekommen.

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