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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Julius’ Kräften, die das alles so einfach erscheinen ließen! »Die Waldläufer haben schwere Verluste hinnehmen müssen«, fuhr er fort. »Ich habe heute jemanden sagen hören, dass esZeit wird, dass diese Männer in ihre Heimat zurückkehren sollten. Was aber würde das bedeuten?« Er sah die Tafel auf und ab, sah die vielen Blicke, die auf ihm ruhten, und ließ betreten die Augen sinken. »Das würde das Ende der Waldläufer bedeuten.« Er schaute auf. »Das Ende von allem, wofür mein Bruder gelebt hat. Das möchte ich nicht.«
    Er seufzte. Die Fürsten hingen an seinen Lippen, sie warteten darauf, dass er weiterredete. Ronan spürte die Wirkung, die seine Worte hatten. Er war auf dem richtigen Weg.
    »Ich möchte, dass die Waldläufer weiter über uns wachen, möchte nicht, dass verlorengeht, was Derrien begonnen hat.« Er ging zu Murdoch und reichte ihm die Hand. Als dieser danach griff, umschloss sie Ronan noch mit der Linken. »Murdoch, mein Bruder hat Euch vertraut, also werde ich dies ebenfalls tun. Ich möchte, dass Ihr Euch darum kümmert, dass die Waldläufer weiter existieren. Ich werde Euch so bald wie möglich ein paar tapfere Bretonen aus meiner Gefolgschaft schicken, als Basis für eine neue Truppe.«
    Murdoch, den der Lauf der Dinge offensichtlich überraschte, war sichtlich verlegen. »Äh … ja … danke, Ronan. Ich … ich werde mich darum kümmern …«
    »Danke!« Ronan drückte die Hand des Druiden fester, bevor er sie losließ und sich zu seinem Platz umwand.
    Dort war der Irenhäuptling Dempsey aufgesprungen. Der kleine Druide hatte den Kopf auf seine Brust gesenkt, wie ein Stier, der zum Angriff ansetzte. Dazu fixierte er sie mit seinen Augen, ganz so als ob er über den Rand einer Brille sehen müsste. Der Anblick war so absurd, dass Ronan gelacht hätte, wenn seine Stimmung etwas besser gewesen wäre. Dempsey zeigte mit dem Finger auf ihn und Murdoch und rief empört: »Ihr könnt doch nicht diesen zahnlosen, räudigen –«
    »
Wen
nennst du hier räudig?«, fiel ihm Murdoch ins Wort. »Ich habe vielleicht keine Zähne, aber ich verstecke mich trotzdem nicht vor meinen Feinden! Ryan ist zahnloser als ich!«
    »Ich würde das als
vorsichtiger
bezeichnen!«, blaffte Dempsey.
    Ronan, dessen Blick zwischen den beiden Streithähnen hin und her glitt, trat einen Schritt zurück, wo er sie beide gemeinsam im Blickfeld hatte.
    Dempsey fuhr fort: »Inzwischen gibt es bei den Waldläufern mehr Iren als MacRoberts, ich wüsste nicht, warum –«
    »Weil es der Bruder des Schattenfeinds so bestimmt hat«, mischte sich Casey MacRoberts ein. Seine Stimme kam kalt und dunkel und triefte nur so von Autorität. Keiner wagte es, ihn zu unterbrechen. »Und weil ich persönlich fünfhundert Krieger meines Clans zu den Waldläufern schicken werde.«
    Er zögerte kurz, blickte aufmerksam von Gesicht zu Gesicht. Jeder spürte, dass er noch etwas zu sagen hatte, und keiner wollte sich ihm ins Wort drängen. »Aber wenn die Iren bereit sind, den Waldläufern ebenfalls fünfhundert Krieger zur Verfügung zu stellen, dann denke ich, dass es nur recht und billig ist, dass Euer Mann die Führung der Waldläufer übernimmt.«
    Für ein paar Sekunden reagierte Dempsey überhaupt nicht. Regungslos stand er am Tisch, den Körper noch immer in Richtung Murdoch gedreht, den Kopf jedoch Casey zugewandt. Für einen Moment schien er zu Stein erstarrt zu sein.
    »Wir können keine fünfhundert Mann entbehren!«, murmelte er schließlich leise. Dann setzte er sich mit sehr langsamen Bewegungen zurück auf seinen Stuhl und starrte ins Leere.
    Das Gespräch ging weiter, als Sabinus und Conroy beide anboten, je hundert Männer zu den Waldläufern zu schicken. Doch Ronan hörte nicht mehr zu. Sein Blick war weiter starr auf Dempsey gerichtet. Er weigerte sich, seinen Augen zu trauen.
    Das Gesicht des Iren war leer und ausdruckslos – nicht etwa frustriert oder verärgert darüber, den Streit verloren zu haben, sondern völlig geistesabwesend. Ronan
kannte
diesen Gesichtsausdruck gut genug – zu oft hatte er ihn in den letzten Wochen gesehen, wenn Julius seine Gesprächspartner verzaubert hatte. Dempsey war
verzaubert
worden.
Casey
hatte ihn verzaubert!
    Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Casey MacRoberts benutzte seine Kräfte, mitten im Ratssaal, vor den Augen der versammelten Fürsten! Und nicht nur die schwachen Zauber, mit denen er mehr Aufmerksamkeit für sich gewinnen konnte, sondern das gesamte Repertoire bis

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