Schattenkrieg
Zurechtweisung in Maelogs Richtung. Doch Cintorix starrte nur wortlos. Mehr und mehr Bretonen verschwanden von der diesseitigen Hügelkante, um auf der anderen Seite wieder aufzutauchen und Ronans Bresche zu sichern.
»Wem gehört die Schildkröte?«, fragte Cintorix.
»Aouregan!«, jubelte Maelog.
»Wer ist das?«
»Unsere Historikerin!«
»
Historikerin?
«, fragte Andra MacNevin.
»Ja, doch!«
In diesem Moment erkannte Baturix die Gefahr. Die Bresche der Bretonen hatte die hinteren Reihen geschwächt und somit auch den Schildwall, den der Druide mit dem gestreiften Banner auf dem Feld errichtet hatte. Wahrscheinlich hatte Ronan keine Ahnung, was sich in seinem Rücken abspielte. Wenn die Reserve der Nain dort ankam, hatten die Bretonen kaum noch etwas dagegenzusetzen.
»Das ist es!«, rief Cintorix plötzlich aus. Baturix sah, wie er nach dem Helm an seinem Sattel griff und ihn sich über den Kopf stülpte. »Wir reiten! Melder! Lasst die Hörner blasen!«
Baturix’ Herz begann plötzlich zu rasen. Er hatte schon beinahe nicht mehr daran geglaubt, heute noch selbst kämpfen zu müssen. Hastig zog er die Dagda-Statuette an ihrem Lederband unter seinem Hemd hervor und küsste sie. Er wagte es nicht, zu beten – solange das Schicksal seines Jungen im Ungewissen lag, wusste er nicht, was er zum Gott der Toten sagen sollte –, sondern umfasste das Amulett wortlos mit der Hand. Dann steckte er es hastig zurück, stülpte sich den Helm über den Kopf und schwang sich in den Sattel seines Pferdes. Es war nicht sein Wallach Vitellius, das leichte Reitpferd, sondern Tonitrus, der schwere Hengst, den ihm Cintorix geliehen hatte. Sein Schlachtross.
Er erreichte seinen Herrn erst, als dieser schon bei der Reiterei angekommen war.
»Wir sammeln uns auf der rechten Flanke«, rief Cintorix gerade,»wo der Fluss den Graben verlassen hat. Dort bilden wir einen Keil und stoßen vor, direkt in ihre Reserve. Wenn es uns gelingt, sie zu durchbrechen, folgen uns Ryans leichte Reiter auf die andere Seite. Dort sehen wir weiter!«
Ein rothaariger, bärtiger Mann in Kettenhemd und dem unvermeidlichen grünen Wams nickte und meinte: »Wenn sie fliehen, verfolgt sie nicht zu weit, Herr! Rushai ist immer noch da draußen, es würde mich nicht wundern, wenn sie uns
doch
noch eine Falle gestellt hätten! Haltet die Augen offen!«
Cintorix nickte. »Los jetzt!« Er gab seinem Streitross die Sporen und ritt nach rechts. Baturix und der Rest schlossen sich ihm an.
Ronan fiel mit seinen Kriegern in die offen stehenden Flanken der Fomorer. »Schildwall!«, brüllte er, reihte sich selbst ein, hörte, wie Aouregan das Gleiche auf der anderen Seite des Durchbruchs tat. Die Reihenformation der Fomorer kam durcheinander, als sie versuchten, sich auf den Angriff von der Seite einzustellen; sie gerieten in Panik, steckten weitere an – und flüchteten! Was als schmaler Durchbruch begonnen hatte, wurde binnen weniger Minuten zu einem klaffenden Loch in der feindlichen Formation. In geradezu unwirklich erscheinender Geschwindigkeit zerfiel das gesamte Zentrum des feindlichen Schildwalls.
Ronan stand im Hang, etwa auf halber Höhe, und sah nun den Fluss entlang bis hin zu einem See. Vor ihm herrschte Chaos in den Reihen der Nain, doch etwas weiter entfernt standen die feindlichen Krieger noch stabil, ihr Schildwall fest gegen den der Helvetier und Waliser gepresst. Auf beiden Seiten waren es nicht mehr genügend Männer, um den gesamten Platz zwischen Fluss und Hang zu bedecken, so dass die Nain-Bogenschützen oben am Hang mit den Bannerträgern ihrer Totenbanner alleine standen. Ihre Pfeile schossen aus nächster Distanz in die Reihen der Gallier und Helvetier, die bereits deutlich ausgedünnt waren.
»LUNER!«, brüllte er nach einem seiner Hauptmänner, währender mit dem Kriegshammer gegen einen besonders stabilen Metallschild wuchtete. »Du übernimmst das Kommando auf der anderen Seite! Die Bresche muss offenbleiben! Verstehst du?«
»Ja, Herr!«, kam der Antwortruf.
Mehrere Male drosch Ronan mit seiner Waffe auf den Schild vor ihm. Schließlich brach nicht der Schild, sondern der Arm seines Trägers. Ronan zertrümmerte den Schädel des Gegners, der den Hang hinabrollte und die dort kämpfenden Fomorer behinderte. Ronan sah einen Schützen auf sich zielen und riss den Schild hoch. Er spürte den Pfeil aufschlagen, dann kämpfte er weiter. »GIREG!«, schrie er, als er wieder hochkam. »Schließ dich mit deinen Männern
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