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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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abhusten, das sich in seiner Lunge sammelte. Die Angriffe der Feinde nahm er nur noch als schemenhafte Bewegungen war, seine Reaktionen kamen zu langsam und viel zu spät. Treffer um Treffer steckte er ein, die meisten davon verletzten ihn nicht, aber ein paar kamen durch, schlugen Wunden, die seine druidische Regeneration wieder heilte. Mit einem Teil seines Bewusstseins – dem Teil, der noch nicht dem Delirium des Blutmangels verfallen war –, wusste Ronan, dass er zu viel einsteckte, dass er nicht schnell genugheilen konnte; aber das machte nichts, denn er starb sowieso. Der Pfeil hatte irgendetwas Wichtiges getroffen und brachte ihn langsam um.
    Halten
, zwang er sich.
Nur halten!
Wenn er lange genug hielt, verschaffte er vielleicht Aouregan genügend Zeit, die Schlacht zu gewinnen, bevor er starb und die Bresche überrannt wurde.
    Sein Herz dröhnte unwirklich laut in seinem Kopf, laut und schnell. Etwas traf seinen Kopf und schleuderte ihn zur Seite, er verlor das Schwert, ging bäuchlings zu Boden, rutschte den Hang hinab, wo sein Gewicht und das seiner Rüstung mehrere Männer umriss. Mühsam versuchte er, sich wieder hochzustemmen, wurde erneut niedergeschlagen. Hinter ihm,
über ihm
, begann der Nahkampf, der
echte
Nahkampf, Mann gegen Mann, ohne schützende Schilde, die die Gegner auf Distanz hielten. Ronan wurde noch einmal getroffen, dann half ihm irgendjemand wieder auf die Beine. Ein Schwertgriff wurde in seine Hand gedrückt, irgendjemand redete auf ihn ein; er verstand kein Wort. Im nächsten Moment prallte ein Körper gegen ihn, riss ihn um, brach den Schwarzen Pfeil in seinem Rücken ab. Ein Dolch blitzte vor ihm auf, traf ihn im Gesicht, am Hals. Er spürte den Schmerz schon gar nicht mehr.
    In der Ferne ertönte ein Hornsignal.
     
    Ein tiefer, dumpfer, lange anhaltender Hornstoß erschallte über das Schlachtfeld, etwas verzögert dann ein zweiter, etwas höher. Die Zeit geriet ins Stocken, als Baturix das Angriffssignal hörte.
Sein
Angriffssignal. Es ging los.
    Er sah seinen Fürsten vor sich, das verschwitzte Gesicht unter dem Helm, den vom Bart umrandeten Mund, der sich wie in Zeitlupe öffnete und schloss, als er die Worte »ZUM ANGRIFF!« herausschrie. Baturix presste die Schenkel zusammen, für Tonitrus der Befehl zum Trab. Doch auch seine eigenen Bewegungen waren langsam, wie wenn er sich durch Wasser bewegte. Es vergingen Ewigkeiten, bis das Streitross an Geschwindigkeit gewann.
    Die Schlacht schien den Atem anzuhalten, als die Kavallerie derKelten in den Kampf ritt. Das Auf und Ab der Schwerter in den Schildwällen schien eingefroren, die Pfeile krochen auf ihren krummen Bahnen durch die Luft. Das Klirren der Waffen, die Schreie der Verwundeten, sogar die irren Trommeln der Fomorer wurden zu einem dumpfen Hintergrundgeräusch. Baturix’ Herzschlag, vorher noch rasend schnell in seinen Ohren, war zu einem langsamen, dröhnenden Pochen geworden. Der Donner der Hufe klang wie ein entferntes Gewitter, unwirklich und bizarr.
    In völliger, kristallener Klarheit sah er die Fomorer vor sich reagieren. Männer wandten sich zur Flucht, Anführer schrien ihre Kommandos, alles geschah mit tödlicher Langsamkeit. In betäubendem Tempo bildeten sie Reihen, schlossen den Schildwall, reckten ihnen Speere und Lanzen entgegen. Und immer noch bliesen die Hörner das zweistimmige Angriffssignal über das Feld. Die Linie der Fomorer kam näher, und Baturix wunderte sich, ob die Zeit je wieder zurückkehren würde. In trügerischer Gelassenheit senkten sich die Reiterlanzen nach unten, bereit zum vernichtenden Stoß, und die Zeit schien
noch
langsamer zu werden. Sein Herz stockte beinahe völlig, jeder Pulsschlag scheinbar mehrere Sekunden vom vorhergehenden entfernt. Selbst der Donner der Hufe begann sich in einzelne Geräusche aufzulösen, dumpfe, ferne Schläge, die in der Stille der Ewigkeit donnerten wie Hämmer auf ihren Ambossen. Er korrigierte die Stoßrichtung seiner eigenen Lanze etwas, wünschte sich seine Finger zurück, um mehr Kraft in den Stoß legen zu können. Die Linke mit dem Schild am Unterarm und dem Banner in der Armbeuge fühlte sich unendlich schwer an.
    Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln. Die Gesichter der Fomorer waren bereits hinter ihren Schilden zu erkennen, manche entschlossen, manche panisch. Er sah weit aufgerissene Augen und schreiende Münder. Und noch immer waren die Lanzen in ihre Richtung gerichtet. Wenn sie nicht wichen, würden sie sich in Tonitrus’

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